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Frau bricht in Grabkammer ein

Foto von einem Friedhof, der im Nebel liegt. Auf dem Bild eine kleine, farbige Grafik mit dem Schriftzug "war was?".

In Trebur ist eine Frau auf dem Friedhof in eine historische Grabkammer eingebrochen. "War was?" fragt sich: Leben wir jetzt in einem Horrorfilm?

Hessen, das Bundesland, in dem immer was los ist. An dieser Stelle wirft unser Kolumnist Stephan Reich mit seiner Glosse "War was?" jeden Freitag einen ganz eigenen Blick auf die Nachricht der Woche. Nehmen Sie diesen Blick bitte auf keinen Fall ernst.

Kurze Frage: Wie unheimlich, gruselig, fürchterlich, schauderhaft, unheilvoll, beklemmend, schaurig, gespenstisch, geisterhaft, schauerlich, grausig kann man ein Jahr eigentlich beenden? Nun, eine 73 Jahre alte Frau sowie ein paar Bauarbeiter aus Trebur (Groß-Gerau) würden wahrscheinlich antworten: Ja!

Und damit Vorhang auf für eine Geschichte, die so gruselig ist, dass ich nicht sicher bin, ob ich sie aufschreiben sollte. Um nicht versehentlich ein verfluchtes Dokument zu erschaffen, mithilfe dessen man die Pforten der Hölle öffnen kann, oder zumindest eine Website gleichen Namens. Aber gut, ich werde es riskieren. Wenn Sie möchten, können Sie Ihr Zimmer verdunkeln, eine Kerze anzünden und ein wenig auf den hohen Tasten Ihres Klaviers klimpern, der Atmosphäre halber.

"Kurz die Knochen sortiert"

Die Geschichte geht so: Besagte Frau befand sich an Weihnachten auf dem Treburer Friedhof. Bei diesem Friedhofsbesuch ging die 73-Jährige im abendlichen Zwielicht an der Trauerkapelle vorüber, brach plötzlich in die Erde ein und hing mit den Füßen im Nichts, während sie sich mit dem Rest über der Erde hielt und strampelnd versuchte, der Leere und Düsternis unter sich wieder zu entsteigen und – Moment, ich muss kurz gucken, ob ich noch für hessenschau.de schreibe oder irgendwie aus Versehen zum Drehbuchschreiber für John Carpenter umgeschult habe (oder so).

Nee, stimmt noch. In jedem Fall konnte sich die Frau aus dem Schlund der Hölle befreien, wie sich später herausstellte, war sie durch den Boden in eine historische Grabkammer gebrochen. Und da es schon Abend war, habe sie sich "kurz die Knochen sortiert", wie sie dem Darmstädter Echo sagte (wobei sich natürlich die Frage stellt: wessen Knochen?), markierte sie die Stelle mit einer Gießkanne und ging nach Hause. Wahrscheinlich um ihren Angehörigen die erstaunliche Neuigkeit mitzuteilen, dass sie seit neuestem in einem Roman von Steven King leben.

Auch den Bauarbeitern geht es gut

Ich stelle mir den Schauer auf dem Rücken der Frau in etwa in den Ausmaßen eines durchschnittlichen Eiszeitgletschers vor. Die Gemeinde versiegelte die Kammer übrigens bald darauf. Als die Bauarbeiter das angehen wollten, brachen auch sie ein, weil, na ja, das anscheinend eben das ist, was alte Grabkammern so mit Leuten machen. Auch den Bauarbeitern geht es gut, soweit ich weiß. Wahrscheinlich sitzen sie jeweils zuhause in einer dunklen Ecke auf dem Boden, wippen mit angezogenen Armen über den angewinkelten Beinen apathisch hin und her und blicken ins Leere.

Ich schreibe diesen Text gerade übrigens per Gänsehaut, aber das nur am Rande. Viel wichtiger ist, dass die Treburer "Gesellschaft Heimat & Geschichte" davon ausgeht, dass es sich bei der Grabkammer um jene von Baron Heinrich Joseph von Weitershausen gehandelt haben könnte, der dort im 19. Jahrhundert beigesetzt wurde. Wichtig deshalb, weil sich in seinem Wikipedia-Eintrag keinerlei Hinweise darauf finden, dass er sich in naher Zukunft wie jemand aus einer Folge "The Walking Dead" verhalten könnte oder wie die fiese Hauptfigur aus dem Film "Die Mumie". Und das ist ja schon mal was.

Knoblauch um den Hals

Das Wichtigste ist natürlich, dass es der Frau gut geht. Auch wenn ich mir gut vorstellen kann, dass sie bei künftigen Friedhofsbesuchen einen Kranz Knoblauch um den Hals trägt und vielleicht einen spitzen Holzpflock in der Handtasche hat. Gruselig bleibt die ganze Sache natürlich trotzdem. Was mich ein wenig beunruhigt, ist, dass die Kammer einfach wieder zugeschüttet wurde, ohne dass sich Archäologen und Archäologinnen oder Hollywood-Actionstars mal darin umsehen konnten, um die ganze Sache ein für alle Mal ins Lot zu bringen. Der Film "Die Mumie" beispielsweise hat mittlerweile drei Fortsetzungen. Daran hätte man ja mal denken können.

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