Kröte, nah fotografiert sitzt auf verkohltem Ast

Durch den Klimawandel bleibt das Frühjahr immer öfter trocken. Das ist nicht nur für den Wald und die übrige Vegetation ein Problem, auch auf die heimischen Wildtiere hat es gravierende Auswirkungen.

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Naturwald im Rheingau-Taunus-Kreis

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Was sonnenhungrige Menschen freut, ist für die Natur eine Katastrophe: Der März 2022 ging als der sonnenreichste und trockenste seit mehr als 70 Jahren in die Geschichte ein. Und dass das Frühjahr insgesamt immer niederschlagsärmer wird, beobachten Wissenschaftler schon länger - "Frühsommer-Trocknis" nennen sie das Phänomen.

Diese Trockenheit hat Folgen nicht nur für die Vegetation, die dann normalerweise Blätter ausbildet und mit der Photosynthese beginnt. Frisch gepflanzte Bäume können nicht anwachsen, größere Bäume sterben ab, die Waldbrandgefahr steigt. Auch heimische Tierarten bekommen zunehmende Wärme und Regenmangel zu spüren, etwa die Vogelwelt: Zum einen verändert sich der Vogelzug, zum anderen die verfügbare Nahrung, berichtet Jochen Godt, Forstwissenschaftler an der Universität Kassel.

Kaum Krötenwanderung

Viele sogenannte Kurzstreckenzieher wie etwa Meisen bleiben im Winter hier oder kehren früher aus ihren Winterquartieren zurück. Damit haben sie einen Vorteil gegenüber denen, die weit in den Süden fliegen - wie etwa dem Gartenrotschwanz. Bei dessen Rückkehr sind viele Brutareale schon belegt. Bei ausbleibendem Regen im Frühjahr schrumpft gleichzeitig das Nahrungsangebot für viele Vogelarten: Führen Teiche oder Bäche zu wenig Wasser, können sich weder Mückenlarven noch Froschlaich entwickeln.

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hr-Thementag

Die Zukunft des Waldes steht am 25. April anlässlich des Tags des Baums im Zentrum der Berichterstattung des Hessischen Rundfunks. Auf allen Kanälen beleuchtet der hr den angegriffenen Zustand der grünen Riesen, mögliche Heilmittel und die Bedeutung des Waldes für Mensch und Natur.

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Das Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Gießen verzeichnet in diesem Jahr wieder einmal eine kaum wahrnehmbare Krötenwanderung - diese zieht es im Frühjahr normalerweise zu Gewässern, um zu laichen. Die für Lurche wenig günstigen klimatischen Bedingungen vieler Vorjahre setze sich fort, sagt Michael Jünemann, Experte am HLNUG. Niederschläge und Bodenfeuchte seien zu niedrig.

Rehwild kann selbst zum Problem werden

Das heimische Wild wiederum kann sich (noch) recht gut an die Trockenheit im Allgemeinen und den Klimawandel im Besonderen anpassen, sagt Forstwissenschaftler Godt. "Rotwild ist nicht standortgebunden und kann in andere Gebiete ausweichen, sich falls nötig Wasserstellen suchen."

Eichhörnchen Nahaufnahme sitzt auf Waldboden, Wiese

Bei dem kleineren Rehwild dagegen sehe es anders aus - das könne sogar selbst zum Problem werden, da es sich nur in einem bestimmten Umkreis bewege: "Sobald es regnet und die Vegetation sprießt, frisst es in seinem Bereich alles Grüne weg."

Bäume würden so durch Wassermangel, Borkenkäfer und das Wild bedroht. Das sei fatal für die großen Freiflächen, die im Zuge des Fichtensterbens der vergangenen Trockenjahre entstanden sind, sagt Godt. Hier sei eine enge Abstimmung zwischen Waldbesitzern, Jägern und auch Wissenschaftlern wünschenswert.

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Reh- und Rotwild

Anhand der Größe können Rehe und Rotwild gut unterschieden werden. Das Rotwild wird mit einer Schulterhöhe von bis zu 150 Zentimetern wesentlich größer als ein Reh mit etwa 75 bis 90 Zentimetern. Das Rotwild wiegt rund 250 Kilo, das Reh dagegen nur 16 bis 20 Kilo.

Der Landesjagdverband Hessen weist derweil auf ein weiteres menschengemachtes Problem hin: Das Rotwild könne sich gar nicht mehr weit durch Hessen bewegen, da viele Gebiete durch Autobahnen abgeschnitten seien. Das habe sich inzwischen fatal auf den Genpool und damit zusätzlich auf die Gesundheit des Rotwilds ausgewirkt.

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Igel und Eichhörnchen zu früh aktiv

Bei kleineren Wildtieren erreichten ihn immer wieder Berichte, dass Frischlinge dehydriert und deswegen gestorben seien, erzählt Godt. Wildtierauffangstationen bestätigen das. Zu Beginn des Frühjahrs seien vermehrt entkräftete Igel oder Eichhörnchen gebracht worden, heißt es etwa von der Wildtierhilfe Schäfer in Offenbach. Die Tiere seien wegen der frühen Wärme schon aktiv gewesen, obwohl das Nahrungsangebot noch nicht ausreicht und Wasserstellen vertrocknet sind. Eichhörnchenweibchen hätten wegen Wassermangels zu wenig Milch gehabt, um den Nachwuchs aufzuziehen.

Im Sommer müssten zudem oft dehydrierte Schwalben und Mauersegler aufgepäppelt werden, berichtet das Tierheim Wetterau in Bad Nauheim, das für verletzte Wildtiere im Kreis zuständig ist: "Inzwischen stellen aber immer mehr Privatleute Tränken im Garten auf, das entschärft zumindest dieses Problem." In besonders trockenen Sommermonaten bringen Jäger und Waldbesitzer große Tränken in den Wald, um auch dort dem Wild zu helfen, wie Markus Stifter, Sprecher des Landesjagdverbands Hessen, berichtet.

"Unmöglich, sich evolutionär anzupassen"

Generell würden sich die Probleme der heimischen Tierarten in den kommenden Jahren verschärfen, prognostiziert Wissenschaftler Jochen Godt. Die Artenvielfalt werde zurückgehen. Große Verlierer seien vor allem die "Spezialisten", oder "endemische Arten", die nur in einer ökologischen Nische oder einem bestimmten Gebiet vorkommen. Doch für alle gelte: "Das Tempo des Klimawandels macht es der Natur unmöglich, sich evolutionär anzupassen."

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Was tun mit einem verletzten Wildtier?

Der Deutsche Tierschutzbund rät, ein gefundenes Tier zunächst aus sicherer Entfernung zu beobachten, um sicherzugehen, dass das Tier tatsächlich in Gefahr ist. Ist das wirklich der Fall, biete etwa der örtliche Tierschutzverein oder der örtliche Tierarzt eine erste Hilfe. Eine deutschlandweite Übersicht über Auffangstationen bietet wildtierschutz-deutschland.de.

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