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Kampf gegen Sumpfkrebse in Darmstadt

Bildkombo Aal / Sumpfkrebs

Sie vermehren sich stark, übertragen die Krebspest und fressen den Fischnachwuchs: Tausende Sumpfkrebse bedrohen das biologische Gleichgewicht in einem Darmstädter See. Jetzt sollen ausgerechnet Aale die Angler bei der Jagd auf den unerwünschten Gast unterstützen.

Sie sind klein, knallrot, bisweilen auch graugrün, und schmecken sehr gut. Und doch sind die tausenden Sumpfkrebse in der Grube Prinz von Hessen, einem östlich von Darmstadt gelegenen Badesee, für den ansässigen Anglerverein ein Problem. Denn die ursprünglich aus Nordamerika stammende Art gefährdet heimische Arten.

"Der Sumpfkrebs modelliert sich seine Umwelt", erklärt Nils Bohmer, Gewässerwart des Anglervereins und selbst gelernter Biologe. "Er frisst den Pflanzenbewuchs, Fischlaich und Amphibien." Zudem überträgt er die Krebspest, die ihm selbst nicht schadet, an der heimische Arten wie der Edelkrebs aber zugrunde gehen. Das gesamte Nahrungsnetz gerät aus den Fugen.

Aal soll helfen - wenn alle zustimmen

Neben der Befischung mit Reusen soll deshalb jetzt ein tierischer Helfer zum Einsatz kommen, um die Sumpfkrebsbestände zu dezimieren: der Europäische Aal. "Aale fressen Krebse. Und sie kommen in die Bruthöhlen, in denen die weiblichen Tiere den Nachwuchs am Hinterleib tragen", erläutert Bohmer.

Die Methode ist nicht neu, wird aber selten angewandt. Es müssen einige bürokratische Hürden genommen werden. Weil Aale bei uns in stehende Gewässer nicht eingesetzt werden dürfen, bedarf es einer Ausnahmegenehmigung, wie Patrick Heinz von der Oberen Fischereibehörde beim Regierungspräsidium Darmstadt erklärt.

"Außerdem müssen alle beteiligten Behörden zustimmen", sagt Heinz. "Immerhin handelt es sich hier um Biomanipulation." Involviert sind hier das Umweltamt und das Grünflächenamt der Stadt Darmstadt. Erst wenn auch diese ihr Okay gegeben haben, kann die Aktion starten.

In Offenbach hat es geholfen

Dass es funktionieren kann, zeigen Beispiele aus der Vergangenheit. So wurden vor einigen Jahren Aale in den Schultheisweiher in Offenbach eingesetzt, um die Sumpfkrebse dort zu dezimieren. "Der Bestand konnte damals signifkant herabgesetzt werden", sagt Heinz. Allerdings sei die Bestandsdichte seinerzeit nicht annähernd so groß gewesen wie jetzt in der Grube Prinz von Hessen.

Die zum Besatz vorgesehenen Aale sind etwa drei bis vier Jahre alt und circa 20 Zentimeter lang. Es handelt sich um Jungaale, die aus Wildfängen stammen, züchten kann man sie nicht. Der Europäische Aal pflanzt sich in der Sargassosee östlich der USA fort. Dazu wandert er im geschlechtsreifen Alter tausende Kilometer durch den Atlantik.

Wenn die Aale im Darmstädter See eine bestimmte Größe erreicht und schon einige Krebse gefressen haben, werden sie wieder abgefischt und in Rhein und Main ausgesetzt. Der Aal gilt als bedrohte Art. Nicht zuletzt die Trockenheit dieses Sommers und die niedrigen Pegelstände haben ihm arg zugesetzt.

Ein Hit auf der Speisekarte

Neben dem Einsatz des Aals wird auch die Befischung der Sumpfkrebse weiter verstärkt. Rund 50 zusätzliche Reusen wurden angeschafft, mehrere Vereinsmitglieder erhielten spezielle Schulungen zur Biologie des Krebses und zum Umgang mit ihm. Denn auch beim Krebsfang müssen tierschutzrechtliche Vorschriften beachtet werden.

Bislang werden jährlich rund 3.000 Krebse aus dem See geholt. "Die werden privat verzehrt", erzählt Bohmer. Im Odenwald seien auch einmal im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie gefangene Sumpfkrebse kostenlos an Restaurants verteilt worden. "Das fand großen Anklang."

Roter amerikanischer Sumpfkrebs

Wie Procambarus clarkii, so der wissenschaftliche Name, in die Grube Prinz von Hessen kam, ist nicht bekannt. In Hessen wurde er laut einer Studie erstmals 2005 im Mönchwaldsee nahe des Flughafens nachgewiesen. Wahrscheinlich wurde er ausgesetzt, glaubt Patrick Heinz vom Regierungspräsidium. Der Sumpfkrebs sei bei Aquarianern sehr beliebt. "Da wollte sich wohl jemand seiner Krebse entledigen."

Start voraussichtlich im Frühjahr

Für den Start der speziellen Bekämpfungsmaßnahme ist der Besatz mit 800 Jungaalen vorgesehen. Um sie zu erwerben, sei das Frühjahr der beste Zeitpunkt, erklärt Heinz. Bis dahin, so hofft er, liegen dann auch alle Genehmigungen vor. "Ich denke, dass wir so im März, April kommenden Jahres damit beginnen."

Dass man den Sumpfkrebs jemals wieder los wird, glaubt Gewässerwart Bohmer nicht. Selbst mit intensiver Befischung habe man den Bestand bislang nur um die Hälfte reduzieren können. Durch den Einsatz der Aale hofft man nun, die Zahl der Krebse weiter drücken zu können.

Keine Gefahr für Badegäste

"Wir müssen wohl mit dem Sumpfkrebs leben", sagt Bohmer. "Aber wir müssen versuchen, mit allen verfügbaren Maßnahmen den Bestand auf einem Minimum zu halten." Dazu gehört auch der Besatz mit jungen Zandern. Jagd auf den Sumpfkrebs machen zudem heimische Raubfische wie Hecht oder Barsch.

Badegäste müssen sich wegen des Sumpfkrebses übrigens keine Sorgen machen. "Es kann höchstens passieren, dass man in Ufernähe mal auf einen drauftritt", beruhigt Bohmer. Das sei aber eher unwahrscheinlich. "Der Sumpfkrebs ist vor allem nachtaktiv."

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