Ein Arbeiter hält auf einem Folien-Spargelfeld die vom Wind verwehte Folie fest.

Folien auf Äckern sind kein schöner Anblick, aber ohne sie sei eine profitable Produktion nicht mehr möglich, sagen die Spargelbauern. Umweltschützer dagegen warnen vor schädlichen Einflüssen auf die Natur.

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Wie umweltschädlich sind Spargelfolien?

hessenschau vom 19.04.2022
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Spargelfelder sind in der Regel weithin sichtbar, gerade zur Erntezeit. Im südhessischen Anbaugebiet prägen sie weite Teile des Landschaftsbildes. Nicht etwa, weil die aus dem Boden lugenden Köpfchen des königlichen Gemüses so kräftig leuchten würden, sondern vielmehr weil die Äcker mit zahllosen Quadratmetern Plastikplanen bedeckt sind.

Artenvielfalt geht zurück

Naturschützern ist das ein Dorn ein Auge. Dabei geht es nicht um Ästhetik, sondern um die negativen Auswirkungen auf die Umwelt, die sie durch den Einsatz der Folien befürchten. Der Lebensraum für Insekten und Vögel schwinde dadurch, beklagt der Naturschutzverband Nabu Hessen.

Die Artenvielfalt in der Region sei in den letzten Jahren stark zurückgegangen. "Den Kiebitz haben wir hier schon verloren", sagt Stefan Hoyer vom Nabu Worfelden (Groß-Gerau). Der Feldlärchenbestand sei in den letzten Jahren um mehr als die Hälfte gesunken. Auch Rebhühner stünden in der Öko-Modellregion schon kurz vor dem Aussterben.

Bauern: Ohne Folie 60 Prozent teurer

Nach Ansicht vieler Landwirte ist die Verwendung der Planen aber aus wirtschaftlicher Sicht alternativlos. "Ohne Folie würde der Spargel schätzungsweise 60 Prozent mehr kosten", sagt der Vorsitzende des Arbeitskreises Spargel Südhessen, Rolf Meinhardt. Der Kilopreis würde so von rund 14 Euro auf über 22 Euro anwachsen.

Denn der Anbau würde ohne die Plastikabdeckung einen höheren Arbeitsaufwand verursachen, wie Stefan Appel, Spargelbauer aus Darmstadt, erläutert. "Ohne Folie muss man zweimal am Tag rausgehen, weil sich jeder Spargel, der rausguckt, blau verfärben würde." Zudem würde ohne Abdeckung das Unkraut stärker sprießen und müsste aufwändig entfernt werden.

Die Folien lassen aber auch die Saison früher starten. Der unter der Abdeckung wachsende Spargel kann schon ab Ende März gestochen werden, deutlich früher als ohne Plane. Für die Spargelbauern bedeutet das eine längere Ernte und mehr Ertrag, für die Konsumenten früheren Spargelgenuss.

Störche sterben an verschlucktem Plastik

Das Problem des weltweit wachsenden Plastikmüllbergs haben die Landwirte durchaus im Blick, wie Bauer Meinhardt erklärt. Er gebe seine Folie, wenn sie nach mehreren Jahren im Einsatz nicht mehr für den Acker taugt, an einen Recyclingbetrieb. Das Plastik wird dann zu anderen Produkten wie Müllsäcken verarbeitet.

Dennoch sieht der Nabu in Resten des Plastiks eine Gefahr für die Umwelt, vor allem für Vögel. "Störche zum Beispiel verschlucken solche Plastikfolien", sagt der stellvertretende Landesvorsitzende Bernd Petri. "Die verenden dann auch daran."

Es sei auch schon vorgekommen, dass Wind Reste von Plastikfolien so verweht habe, dass sie sich im Gefieder größerer Vögel verfangen oder um deren Köpfe gewickelt haben, so dass die Tiere nichts mehr sehen konnten. Oder dass die Folien über bestehende Nester geweht wurden.

Politik in der Pflicht

Mit der zunehmenden Verwendung der Folien nehme auch die Belastung der Böden durch Plastikteile zu, die dort eingebracht werden. Die Naturschützer wollen aber den Landwirten nicht die alleinige Verantwortung zuschieben. Der Nabu sieht auch die Politik in der Pflicht.

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Spargelanbau ohne Folie kaum rentabel

Eine Erntehelferin trägt während der offizielle Eröffnung der Spargelsaison in Hessen einen Korb voller Spargel.
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Diese könne etwa finanzielle Anreize für Landwirte schaffen, deren Äcker eine hohe Artenvielfalt aufweisen. Außerdem müsse die Verwendung der Folien in oder nahe Schutzgebieten verboten werden.

Selten: Spargelbauer verzichtet auf Folie

Eine aussterbende Art sind jedenfalls Spargelbauern, die ganz auf Folie verzichten. Markus Tresselt aus Griesheim ist einer von ihnen. "Wir machen das in der dritten Generation so", sagt der traditionsbewusste Landwirt. "Ich mag diese Folien einfach nicht, und ich finde, mein Spargel schmeckt auch viel besser."

Allerdings ist der Spargelanbau für Tresselt nur ein Zubrot. Davon leben könnten er und seine Familie nicht, räumt er ein. Kostendeckend arbeiten kann er auch nur, weil die Familie mit anpackt. Ein großer Personalstamm entfällt, nur in der Saison kommen ein paar Erntehelfer aus Osteuropa.

"Spargel gab es früher erst Ende April"

Dass die meisten seiner Kollegen auf Folie zurückgreifen, kann er daher verstehen. Tresselt sieht aber auch die Konsumenten in der Verantwortung. "Das alles ist doch künstlich gemacht", sagt er. Die Kunden seien es heute gewohnt, ihren Spargel schon im März zu bekommen. Das war nicht immer so. "Früher gab es Spargel dann, wenn er reif war", erklärt der Landwirt. "Und das war Ende April."

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