hr-Themenwoche zur Klimaanpassung Wie zunehmende Extremwetterlagen Hessen treffen könnten

Anhand komplexer Simulationsmodelle können Forscher mögliche Folgen des Klimawandels vorhersagen. Je nach Ausprägung könnte es in Hessen dann ungemütlich und sogar gefährlich werden.
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alle wetter! vom 25.10.2021

Um Aussagen über künftige Klima-Entwicklungen zu ermöglichen, finden angepasste Wettermodelle Verwendung. Diese simulieren zusätzlich Meeresströmungen und andere relevante Prozesse wie beispielsweise die Entwicklung der Schneebedeckung im Lauf von Jahrzehnten und Jahrhunderten. Hierbei werden keine Vorhersagen, sondern sogenannte Projektionen erstellt. Das sind Planspiele, welche unter Berücksichtigung unterschiedlicher Emissionsszenarien, also der Menge künftig ausgestoßener Treibhausgase, die Reaktion des Klimas abschätzen.
Ein schlechtes und ein weniger schlechtes Szenario
Dadurch kommt es zu bedingten Aussagen wie beispielsweise: Bei ungebremsten Treibhausgasemissionen - auch als "Weiter wie bisher"-Szenario bezeichnet - erhöht sich die Jahresmitteltemperatur in Hessen im Zeitraum 2071 bis 2100 um 2,7 bis 5,2 Grad gegenüber dem Zeitraum 1971 bis 2000. Bei Zugrundelegung eines sogenannten "Klimaschutz"-Szenarios wird eine Erhöhung um 0,6 bis 1,7 Grad erwartet. Diese Zahlen stammen aus Studien, welche vom Fachzentrum Klimawandel und Anpassung des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) veröffentlicht wurden.
In Verbindung mit den Auswirkungen und damit auch der Anpassung an den Klimawandel sind Veränderungen von Wetterextremen von besonderer Bedeutung. Hierbei gelingt die Abschätzung von Temperaturextremen besser als die der ebenfalls relevanten Niederschlagsextreme. Stichworte Starkregen und Sommertrockenheit. Denn Niederschlag ist ein komplizierter Vorgang, bei dem Luftströmungen und deren Veränderungen eine Rolle spielen, welche ihrerseits durch Erwärmungstrends beeinflusst werden. Hier sind also Ursache-Wirkung-Ketten komplexer als bei der Temperaturreaktion auf erhöhte Treibhausgaskonzentrationen.
hr-Themenwoche zur Klimaanpassung
Der Klimawandel verändert die Welt. In einer Themenwoche vom 25. bis 29. Oktober anlässlich des Weltklimagipfels in Glasgow berichtet der hr, wie sich hessische Kommunen auf diese Veränderungen einstellen. Die hessenschau um 19.30 Uhr widmet eine Serie den Themen Heizen, Industrie, Wohnen, Mobilität, Energie. Die Sendung alle wetter! geht am 26. Oktober, 19.15 Uhr, der Frage nach, wie wir uns auf Hitzeperioden vorbereiten können, und am 28. Oktober, 19.15 Uhr, den Auswirkungen extremer Kälte auf den Organismus. Außerdem berichten hr-iNFO, hr1 und hr3 in ihrem Programm über Klimawandel und Klimaanpassung.
Ende der weiteren InformationenHitze
Hitze ist sehr belastend für das Herz-Kreislauf-System. Besonders Ältere und Kinder sowie geschwächte Personen sind hiervon betroffen. Vor allem die Innenstädte heizen sich während sommerlicher Hitzewellen stark auf. In den Nächten kühlt es hier deutlich weniger ab als im Umland. Während des extrem heißen Sommers im Jahr 2003 waren europaweit etwa 70.000 Hitze-Opfer zu beklagen. Damals wurden hessenweit durchschnittlich 23 Hitzetage registriert, normal waren im Referenzzeitraum 1971 bis 2000 sechs Hitzetage.
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So passen sich Städte und Gemeinden an den Klimawandel an

Legt man für Klimaprojektionen das "Klimaschutz"-Szenario zugrunde, steigt die Anzahl der Hitzetage bis zum Zeitraum 2071 bis 2100 um durchschnittlich drei Tage pro Jahr an, im "Weiter wie bisher"-Szenario um durchschnittlich 21 Tage. In diesem Fall wären am Ende des Jahrhunderts Hitzesommer wie 2003 also normal.
Kälte
Im Gegenzug nimmt mit fortschreitender Erwärmung die Anzahl an Frosttagen, an denen die Temperatur unter den Gefrierpunkt fällt, deutlich ab. Direkte gesundheitliche Beeinträchtigungen sind hier zwar nicht zu befürchten, jedoch können sich Flora und Fauna möglicherweise nicht schnell genug anpassen, was schwer abschätzbare Folgen nach sich ziehen kann.
Im Referenzzeitraum 1971 bis 2000 wurden in Hessen durchschnittlich 68 Frosttage pro Jahr beobachtet. Im "Klimaschutz"-Szenario werden es im Zeitraum 2071 bis 2100 durchschnittlich 20 Tage, im "Weiter wie bisher"-Szenario sogar im Mittel 58 Tage weniger sein. Das dürfte Heizkosten sparen, Rodelpartien werden dann aber wohl nur noch extrem selten möglich sein.
Starkregen
Spätestens seit der Unwetterkatastrophe im Juli dieses Jahres ist die Gefahr extremer Starkregenereignisse ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Solche Ereignisse werden mit zunehmender Klimaerwärmung häufiger, da die Atmosphäre mit steigender Temperatur mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann und zwar pro Grad Celsius etwa sieben Prozent mehr (das ist ein exponentieller Zusammenhang). Jedoch gibt es bisher noch keine verlässlichen Abschätzungen, wie stark sich das Risiko von Starkregenereignissen in den kommenden Jahrzehnten verändern wird.
Es wurden jedoch Gebiete identifiziert, welche bei Starkregen aufgrund der Geländeform und des bisher beobachteten Niederschlags sowie des Versiegelungsgrads besonders gefährdet sind. Das sind etwa Muldenlagen oder innerstädtische Gebiete mit wenigen unbebauten Flächen. Diese sind in einer ersten Übersicht in einer Starkregen-Hinweiskarte des HLNUG ausgewiesen. Wo mehr Starkregenereignisse drohen, lässt sich bei diesem Wetterphänomen nicht vorhersagen: Dazu tritt es zu lokal auf und ist von zu vielen Faktoren abhängig.
Trockenheit
Der Dürresommer 2018 und die ebenfalls trockenen Folgejahre 2019 und 2020 haben gezeigt, wie empfindlich Forst- und Landwirtschaft auf Trockenheit reagieren. In Klimamodellen zeigt sich hessenweit eine saisonale Umverteilung des Niederschlags hin zu feuchteren Wintern und trockeneren Sommern. Die Ausprägung ist wiederum vom zugrunde liegenden Szenario abhängig: Beim "Klimaschutz"-Szenario wird eine mittlere Abnahme des Sommerniederschlags um lediglich drei Prozent simuliert, beim "Weiter-wie-bisher"-Szenario um durchschnittlich etwa zwölf Prozent.
Jedoch reicht die Bandbreite hier von einer Zunahme um 14 Prozent bis hin zu einer Abnahme um 55 Prozent. Die Unsicherheit ist also auch hier recht groß. Das verwundert nicht, denn wie bereits eingangs erwähnt sind Niederschlagsprozesse sehr kompliziert. Trockenheit geht mit einer Zunahme stabiler Hochdruckwetterlagen einher. Ob diese im Zuge des Klimawandels in Mitteleuropa häufiger werden, ist Gegenstand aktueller Forschungen, eine abschließende Bewertung steht aber noch aus.
Weiterführende und tiefergehende Informationen finden sich auf den Seiten des Fachzentrums Klimawandel und Anpassung des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie.