Wasserlauf

Große Mengen des wertvollen Trinkwassers aus dem Vogelsberg werden in Frankfurt zum Klo hinuntergespült. Viel zu viel, mahnen Umweltschützer. Sie holen sich das Wasser nun symbolisch zurück.

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Wasserlauf in den Vogelsberg

Der Pegelstand der Nidda ist niedrig, am Ufer sieht man teils grünes, teils gelbes Gras.
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Mit einer symbolischen Protestaktion wollen Umweltschützer auf den Wassermangel in Hessen und eine für sie fragwürdige Verteilung aufmerksam machen. Denn Frankfurt zum Beispiel bezieht einen großen Teil seines Wassers aus dem Vogelsberg. Gegen diesen "Raubbau", wie es Kritiker nennen, regt sich Unmut. Besonders die Schutzgemeinschaft Vogelsberg stemmt sich dagegen. Sie hat zusammen mit anderen Akteuren einen Wasserlauf organisiert.

Am Samstag tragen Menschen aus Verbänden, Vereinen und Kommunen mit einem Staffellauf das Trinkwasser zum Beispiel in kleinen Flaschen von Frankfurt entlang der Nidda in das Gewinnungsgebiet des Vogelsbergs zurück. Mithelfen wollen Wanderer, Staffelläufer, Rad- und Kutschfahrer über die fünf Etappen. Ein paar tausend Teilnehmer - so die Hoffnung der Veranstalter - sollen insgesamt mitmachen.

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Organisatoren des Wasserlaufs

Am Wasserlauf beteiligen sich Verbände, Vereine und Umweltschutzakteure. Dabei sind die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Gießen-Freienseen und Nidda, der Verein Oberhessen, die Stadt Schotten und mehr als ein Dutzend weitere Kommunen, die Schutzgemeinschaft Vogelsberg, die Naturfreunde Hessen, der BUND Frankfurt, der NABU Wetterau und der NABU Vogelsbergkreis, wie die Organisatoren auf ihrer Internetseite mitteilen.

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Um 9 Uhr geht es los am Alten Flugplatz in Frankfurt-Bonames, anschließend können sich Interessierte in Bad Vilbel, dann in Assenheim, in Nidda und am Mittag am Niddastausee anschließen. Am Nachmittag soll gegen 17 Uhr die Wasserübergabe an der Nidda-Quelle, nördlich des Hoherodskopfs, erfolgen. Den Ablauf-Plan mit Orten und Zeiten gibt es hier.

Radfahrerinnen und Radfahrer, die sich die gesamte Tour vornehmen wollen, können die Strecke von etwa 70 Kilometern bis zum Niddastausee auf dem Nidda-Radweg zurücklegen.

Karte mit Flüssen von Frankfurt in den Vogelsberg/Schotten an der Nidda entlang

An allen Übergabestationen zwischen Start und Endpunkt gibt es die Möglichkeit für Teilnehmende, symbolisch das Wasser weiterzutragen. Dafür stehen Fässer mit Wasser aus dem Vogelsberg bereit. Wer mitmachen will, sollte eine eigene Flasche oder ein geeignetes Gefäß mitbringen.

Vogelsberg deckt Frankfurter Wasserversorgung zu 35 Prozent

Was nach einer sportlichen Freizeit-Gaudi klingt, hat einen ernsten Hintergrund: Denn während der Vogelsberg Frankfurt zu beinahe 35 Prozent mit Wasser versorgt, hat das wichtige Gewinnungsgebiet inzwischen bis zu 70 Prozent seiner Quellen verloren.

Die Umweltschützer sind verärgert, dass 30 Prozent des wertvollen Trinkwassers in Frankfurt für Toilettenspülungen vergeudet würden, wie Erwin Mengel von der Schutzgemeinschaft Vogelsberg sagt. Sein Wunsch: Stattdessen solle man Regenwasser auffangen und Zisternen bei Neubauten vorschreiben, um das Wasser für Toiletten zu sammeln.

Zu viel Wasser den Lokus runter

Frankfurts Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) sagte dem hr: "Es ist wirklich eine Katastrophe, dass so viel Wasser durch die Toiletten rauscht." Aber das sei leider nicht nur in Frankfurt so.

Die Stadt versorgt sich nach eigenen Angaben nur zu 25 Prozent aus eigenen Grundwasserquellen. Der BUND Frankfurt ist damit unzufrieden. Nach Einschätzung des Umweltschutzverbands müsse Hessens größte Stadt diesen Wert knapp verdoppeln können - wenn man die Potenziale besser nutze.

Die Stadt erwiderte, es seien durch Bebauung zu viele Flächen versiegelt und es gebe zahlreiche Wasserschutzgebiete, die nicht angetastet werden dürfen. Deswegen beziehe Frankfurt seit mehr als 150 Jahren Wasser aus der Umgebung.

Wasserlauf

Klimawandel auch im Vogelsberg spürbar

Menschen im Vogelsberg erleben derweil die Auswirkungen des Klimawandels und zunehmenden Wassermangels. "Dafür müssen wir nicht nach Australien oder ins Ahrtal schauen", sagt Ökologe Hans Otto Wack, der ein Umweltbüro in Schotten betreibt und seit Jahrzehnten als Wasser-Experte unterwegs ist.

Wack sagt, Trockenheit und Wassermangel seien in diesem Jahr "eine Katastrophe". Wo normalerweise Bäche kräftig plätschern, seien streckenweise nur noch Rinnsale zu beobachten. Diese Zustände seien in der Vergangenheit erst im Spätsommer zu beobachten gewesen, nun schon viel früher, erklärt Wack besorgt.

Das bekommt auch Nik Hampel zu spüren. Der Landwirt in Schotten berichtet von einer "Dauer-Dürre". Diese bedrohe wiederum sein Vieh: "Es wächst zu wenig Gras. Es ist schwierig, die Tiere auf den Weiden satt zu kriegen." Womöglich müsse er deswegen frühzeitig die Wintervorräte anbrechen.

Wasserlauf

Wasserentnahme-Verbot in mehreren Kreisen

Wegen der Trockenheit haben Behörden in einigen hessischen Landkreisen verboten, Wasser aus Flüssen zu entnehmen, um Tiere und Pflanzen darin zu schützen. Betroffen sind neben dem Vogelsberg auch die Kreise Main-Kinzig und die Wetterau. Seit Mittwoch darf auch in Frankfurt und im Main-Taununs-Kreis wegen der großen Trockenheit kein Wasser mehr aus Bächen und kleinen Flüssen wie der Nidda entnommen werden.

Informationen zum Wassermangel und den Folgen stellen auch die Organisatoren des Wasserlaufs an diesem Samstag an Ständen entlang der Strecke zur Verfügung. Sie fordern Maßnahmen - von Kommunen und Versorgern zugleich. Es sei an der Zeit, mit dem Wasserlauf ein Zeichen zu setzen für ein neues und gerechtes Wassermanagement.

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