Peter Feldmann in einer Stadtverordnetenversammlung

Die Staatsanwaltschaft hat offiziell bestätigt, dass sie Anklage gegen Frankfurts Oberbürgermeister Feldmann erhoben hat. Dabei geht es nicht nur um ein überzogenes Gehalt für seine Ehefrau, sondern auch um Wahlkampfhilfe durch AWO-Chefin Richter. Ihr Anwalt nimmt nun zu den Vorwürfen Stellung.

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Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen OB Feldmann

hs
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"Anklageerhebung im Ermittlungskomplex AWO gegen einen Kommunalpolitiker wegen Korruptionsverdachts": In nüchternem Ton verkündete die Frankfurter Staatsanwaltschaft am Donnerstag in einer Pressemitteilung, dass sie Anklage gegen Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) erhoben hat. Der hr hatte bereits am Montagabend darüber berichtet, nun erfolgte die offizielle Bestätigung. Es bestehe "ein hinreichender Tatverdacht wegen Vorteilsannahme", teilte die Behörde mit.

"Stillschweigendes Übereinkommen" mit der AWO

Die Staatsanwaltschaft begründet den Korruptionsverdacht nicht nur mit der Affäre um Feldmanns Ehefrau, die als Leiterin einer deutsch-türkischen Kita der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ein überhöhtes Gehalt bezog und einen Dienstwagen gestellt bekam. In der Mitteilung der Ermittler wird auch ein neuer Vorwurf gegen den SPD-Politiker, der früher selbst für die AWO tätig war, aufgeführt: So soll eine Verantwortliche des Frankfurter Kreisverbands der AWO Feldmann im OB-Wahlkampf 2018 durch Einwerbung von Spenden unterstützt haben.

Nach hr-Informationen soll es sich dabei um Ex-AWO-Geschäftsführerin Hannelore Richter handeln, die über die Chatplattform WhatsApp die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermuntert haben soll, für Feldmann Geld zu spenden. "Im Gegenzug soll der Angeschuldigte mit der damaligen Verantwortlichen der AWO stillschweigend übereingekommen sein, dass er bei seiner Amtsführung künftig die Interessen der AWO Frankfurt wohlwollend berücksichtigen werde", so die Staatsanwaltschaft.

Richters Anwalt wies die Anschuldigungen am Freitag zurück. Demnach sei seine Mandantin nicht in ihrer AWO-Funktion, sondern "als überzeugte Genossin" mit der Einwerbung von Spenden für die SPD-Verbände Wiesbaden und Frankfurt beauftragt gewesen. Diese Einwerbung, nach Erinnerung Richters in Höhe von angeblich 50.000 bis 60.000 Euro, fand demnach im sozialdemokratischen Milieu statt und habe mit der AWO nichts zu tun gehabt.

Im Bezug auf Feldmanns inzwischen von ihm getrennt lebende Frau geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass diese den überbezahlten Job plus Dienstwagen als Kita-Leiterin nur bekam, weil ihr Mann Oberbürgermeister war. Feldmann soll demnach bekannt gewesen sein, "dass ohne sachlichen Grund ein übertarifliches Gehalt zugesagt und die Stellung eines Dienstwagens gewährt wurden".

AWO sieht keine Hinweise auf Spenden

Das Landgericht Frankfurt muss nun entscheiden, ob es die Anklage gegen Feldmann zulässt. Falls ja, käme es zu einem öffentlichen Strafprozess gegen das Stadtoberhaupt.

Der Vorstand der Frankfurter AWO, Steffen Krollmann, teilte unterdessen mit, das Rechnungswesen zeige keine Hinweise auf Spenden von der AWO an den Oberbürgermeister. Auch offizielle Spendenaufrufe habe es nicht gegeben. Diesen Vorwurf macht die Staatsanwaltschaft der AWO als Organisation aber gar nicht - sondern eben nur einer Verantwortlichen.

"Ob Privatpersonen in 2017 und 2018 sich um die Einwerbung von finanziellen Mitteln für die Unterstützung des Wahlkampfes eingesetzt haben, ist uns als neuer Vorstand der AWO Frankfurt nicht bekannt", heißt es dazu in Krollmanns Statement.

CDU: "Skandal erster Klasse"

Feldmann hatte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Anfang der Woche als "aus der Luft gegriffen" bezeichnet und einen Rücktritt ausgeschlossen. Auch nach Bekanntwerden der weiteren Vorwürfe verwies sein Sprecher am Donnerstag lediglich auf Feldmanns Statement vom Montag.

Anders die oppositionelle CDU im Frankfurter Römer: Sie forderte Feldmanns sofortigen Rücktritt und erklärte, dass sie bereits einen Abwahlantrag für die Stadtverordnetenversammlung vorbereite.

Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, "dann ist das ein Skandal erster Klasse", sagte der Vorsitzende der Frankfurter CDU-Fraktion, Nils Kößler, am Donnerstag im Hinblick auf die mutmaßlichen Wahlkampfspenden der AWO. Es sei ja bekannt, dass der Oberbürgermeister und die damalige AWO-Leitung ein enges Verhältnis gepflegt hätten, aber das habe noch einmal eine andere Qualität.

Römer-Koalition geht auf Distanz

Vertreter der regierenden Römer-Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt waren bereits Anfang der Woche auf Distanz zu Feldmann gegangen, betonten aber auch die geltende Unschuldsvermutung. Allerdings verlangte die FDP von Feldmann, vorerst auf öffentliche Auftritte zu verzichten.

Die SPD erklärte, sollte es zu einem Gerichtsverfahren kommen, würde das die Stadt und das Amt des Oberbürgermeisters schwer belasten. Laut SPD wird der Oberbürgermeister auch eine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben - wann, war zunächst unklar.

Feldmann war 2012 - an diesem Freitag vor genau zehn Jahren - erstmals zum Oberbürgermeister gewählt und 2018 für weitere sechs Jahre in seinem Amt bestätigt worden. Auch gegen Feldmanns Frau waren Ermittlungen aufgenommen worden. Das Paar hatte 2016 geheiratet und im vergangenen Jahr seine Trennung bekanntgegeben.

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Der AWO-Skandal

Die Berichte über das überhöhte Gehalt und den Dienstwagen für Feldmanns Frau hatten 2019 den sogenannten AWO-Skandal ausgelöst. Seitdem gab es im Zusammenhang mit weiteren Vorwürfen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue in Millionenhöhe gegen frühere Führungsmitglieder der Frankfurter AWO.
Auch der Wiesbadener Kreisverband ist von dem Skandal betroffen. Die AWO stellte sich später mit einem anderen Vorstand und Präsidium neu auf, Feldmanns Frau zahlte überhöhte Bezüge zurück.

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