Audio

Behördenzentrum Fulda: Land zahlt doppelte Miete - und vielleicht noch sehr viel mehr

Vor Jahren schon wurde im Behördenzentrum der Putz abgeschlagen, damit er den Beamten nicht auf den Kopf fällt.

Hunderte Finanzbeamte ziehen demnächst aus dem sanierungsbedürftigen Behördenzentrum in Fulda in ein neues Gebäude. Für das Land bedeutet das doppelte Miete - mindestens fünf Millionen Euro Mehrkosten in den kommenden Jahren. Aber es könnte noch sehr viel teurer kommen.

Das Behördenzentrum in der Fuldaer Innenstadt gehört sicherlich zu den schlimmeren Schandflecken öffentlicher Gebäude in Hessen. Zwar wurden die Fassaden des Finanzamts und der Justiz, die hier untergebracht sind, inzwischen von ihrem über Jahre eingefressenen Grauschleier befreit und erneuert.

Aber im Innern sieht es noch immer aus wie auf einer Baustelle. Der Putz musste bereits vor Jahren abgeschlagen werden, damit er Beamte und Besuchern der Behörde nicht auf den Kopf fällt.

Mehrkosten von über einer Million Euro im Jahr

Zumindest für die rund 400 Mitarbeiter des Finanzamtes soll das bauliche Elend demnächst ein Ende haben. Im Mai zieht ihr Amt nach 30 Jahren aus dem Behördenzentrum in ein neu errichtetes Gebäude ganz in der Nähe des Behördenzentrums. Gebaut wurde das Löhrertor-Quartier für 100 Millionen Euro von der Hamburger Unternehmensgruppe Professor Greve.

Das Land Hessen mietet in dem Quartier das 10.000 Quadratmeter umfassendes Eckgebäude für jährlich 1,7 Millionen Euro, wie der Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH) auf hr-Anfrage mitteilt.

Für das Behördenzentrum, in dem dann 10.000 der insgesamt 26.000 Quadratmeter leer stehen, zahlt das Land laut LBIH 2023 rund 2,6 Millionen Euro Kaltmiete im Jahr - zunächst. Denn die Miete wird abhängig vom Preisindex in den nächsten Jahren weiter steigen.

Der LBIH gibt die jährlichen Mehrkosten für das Land durch die doppelte Miete für Löhrertor und das teilweise leerstehende Behördenzentrum mit jährlich 1,1 Millionen Euro an. Bis zum Abschluss der Sanierung des Justizgebäudes 2028 muss das Land demnach Mehrkosten von rund fünf Millionen Euro für doppelte Miete bezahlen.

Streit um Kosten für Innensanierung

Doch die Sanierung des Behördenzentrums birgt noch weitere Tücken für das Land. Das Behördenzentrum gehört zu den 55 sogenannten Leo-Immobilien, die vor rund 20 Jahren von den CDU-geführten Landesregierungen unter Ministerpräsidenten Roland Koch verkauft und zurück gemietet wurden. Mit den Einnahmen von 2,1 Milliarden Euro wurden Schulden getilgt.

In den damals mit den Käufern ausgehandelten Verträgen stehen die sogenannten "Dach- und Fachklausen". Demnach gehen die Vermieter, wie auch im Fall des Behördenzentrums Fulda, davon aus, nur für die Außensanierung zuständig zu sein. Und so streiten sich Land und Vermieter aktuell darum, wer für die, laut LBIH, 10,8 Millionen Euro teure Innensanierung des Behördenzentrums aufkommen muss.

Der Streit liegt beim Oberlandesgericht Frankfurt, einen Verhandlungstermin gibt es noch nicht. Die damalige Unklarheit bei der Formulierung der Verträge ist aus Sicht der Steuerzahler "eigentlich nicht hinnehmbar. Wenn das Land solche Verträge macht, dann müssen die Risiken und die Kosten klar sein", so Joachim Papendick, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Hessen.

Doppelte Miete: Ähnlicher Fall in Wiesbaden

Das Behördenzentrum Fulda ist nicht die erste Leo-Immobilie, die für Ärger sorgt. So musste das Land für das sanierungsbedürftige Sozialministerium im Behördenzentrum Schiersteiner Berg in Wiesbaden ab 2019 ebenfalls doppelte Miete zahlen.

Das Ministerium zog in einen ebenfalls neu errichteten und angemieteten Ersatzbau um. Das alte Ministerium wurde inzwischen abgerissen. Hier errichtet ein neuer Investor gerade einen Erweiterungsbau für das benachbarte LKA. Teil des Areals ist auch ein inzwischen leerstehendes 70er-Jahre-Betonhochhaus, in dem bis vor Kurzem die Wiesbadener Finanzbeamten untergebracht waren.

Die rund 700 Beamten sind inzwischen in einen von einem Investor errichteten und vom Land angemieteten Neubau gezogen. Die Miete für das nicht mehr genutzte Hochhaus beträgt laut LBIH jährlich rund 2,6 Millionen Euro. Sie muss vom Land weiterbezahlt werden.

SPD spricht von "Milliardengrab"

Die Opposition im Landtag fordert von der Landesregierung mehr Klarheit, welche Risiken in den Leo-Immobilien noch schlummern. Die FDP brachte in der Regierung mit der CDU den Verkauf des ersten Leo-Pakets mit auf den Weg. Heute wünscht sie sich jedoch mehr Informationen über mögliche wirtschaftliche Risiken.

"Es geht um Steuergelder, wie das in Zukunft weiter gehen soll", so die haushaltspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Marion Schardt-Sauer. Der von der Landesregierung vor drei Jahren vorgelegte Zwischenbericht über die Wirtschaftlichkeit der Leo-Immobilien reiche dafür nicht aus.

Die SPD fühlt sich durch das Beispiel Behördenzentrum Fulda einmal mehr bestätigt, dass die CDU-geführten Landesregierungen mit den Leo-Deals "für einen kurzfristigen Effekt im Landeshaushalt ein Milliardengrab ausgehoben hat", so die Landtagsabgeordnete Esther Kalveram.

Bereits zur Hälfte der Laufzeit der damals abgeschlossenen Mietverträge seien alle Einnahmen des Landes aus den Immobilienverkäufen wieder für die Mietzahlungen ausgegeben worden. Seither zahle Hessen nur noch drauf.

Was passiert mit dem sanierten Behördenzentrum Fulda?

Zurück nach Fulda: Wenn das Behördenzentrum irgendwann einmal saniert ist, wird sich die Frage stellen, wie die 10.000 Quadratmeter benutzt werden sollen, die nach dem Umzug des Finanzamts frei wurden. Der LBIH erklärt auf hr-Anfrage, es arbeite an einem Nutzungskonzept. Für 8.500 Quadratmeter habe man bereits konkrete Pläne, welche will die Behörde noch nicht verraten.

Unter den Mitarbeitern des Behördenzentrums kursieren verschiedene Szenarien. Demnach soll die Stadt Fulda Teile ihrer Verwaltung in das Behördenzentrum auslagern. Aber auch die Idee eines "Coworking Büros" für Landesbedienstete macht die Runde. Beamte aus ganz Osthessen, die bislang ins Rhein-Main-Gebiet pendeln, sollen stattdessen im Behördenzentrum arbeiten können - wenn sie dann doch nicht lieber im Homeoffice bleiben.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen