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Reaktionen aus der hessischen Wirtschaft zur Bundestagswahl

Ein Arbeiter prüft Zahnräder in einem Industriebetrieb.

"Höhere Steuern, Fesseln, Zwänge" - das Ergebnis der Bundestagswahl löst bei Hessens Wirtschaftsvertreter Befürchtungen aus. Unternehmerverbände warnen bereits vor einem wirtschaftsfeindlichen Kurs. Die Gewerkschaften sehen der Regierungsbildung in Berlin dagegen gelassener entgegen.

Das Ergebnis der hart umkämpften Bundestagswahl hat schnell zu Reaktionen und Forderungen aus den Reihen der Wirtschaft geführt. Erste hessische Verbände und Organisationen äußerten bereits ihre Sorgen und Begehrlichkeiten nach dem knappen Wahlsieg der SPD und dem beispiellosen Absturz der CDU.

So haben hessische Unternehmer Angst davor, dass die künftige Bundesregierung einen wirtschaftsfeindlichen Kurs einschlagen könnte. "Natürlich hätte ich mir bessere Ergebnisse für Parteien mit wirtschaftsfreundlicheren Programmen gewünscht, die mit der VhU mehr übereinstimmen", sagte der Präsident der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), Wolf Matthias Mang, am Montag in Frankfurt. "Nun habe ich die Sorge vor mehr Umverteilung, weiterer Reglementierung und höheren Steuern."

Sondierungen sollen Weg zu Wachstumspolitik ebnen

Solche Vorhaben seien schlecht für den Wirtschaftsstandort, mahnte Mang. Sie dürften nicht realisiert werden. Die Sondierungsgespräche in Berlin sollten den Weg für Wachstumspolitik ebnen. "Die Unternehmen brauchen keine zusätzlichen Fesseln und Lasten, sondern mehr unternehmerische Freiheit, um nach Corona neuen Schwung zu bekommen."

Die hessische Wirtschaft fordert eine zügige und zielorientierte Bildung der neuen Bundesregierung. Der Wirtschaftsstandort Deutschland könne sich keine Hängepartie leisten, betonte Eberhard Flammer, Präsident des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK), am Montag in Wiesbaden. Die Wirtschaft brauche Planungssicherheit und eine aktive, zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik.

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Ergebnisse der Bundestagswahl

Die SPD hat die Bundestagswahl knapp gewonnen. Die Sozialdemokraten erhielten 25,7 % der Stimmen, wie aus dem vorläufigen bundesweiten Endergebnis hervorgeht. Die Union erreichte demnach 24,1 %. Die Grünen kamen auf 14,8 %, gefolgt von der FDP mit 11,5 % und der AfD mit 10,3 %. Die Linke erhielt 4,9 % der Stimmen - sie verfehlte damit die Fünf-Prozent-Hürde. Da sie aber drei Wahlkreise direkt gewann, kann sie in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen. Mehr bei tagesschau.de.
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Freiräume für Unternehmer gefordert

Die künftigen Koalitionspartner müssten die Bedingungen für Unternehmen verbessern sowie eine wettbewerbsfähige Klimapolitik, steuerliche Entlastungen und mehr Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen, erklärte Flammer. Die Unternehmen dürften mit der neuen Bundesregierung keiner politischen Belastungsprobe unterzogen werden. "Sie brauchen unternehmerischen Freiraum, nicht regulatorische Enge."

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ruft ebenfalls zu Tempo bei der Regierungsbildung auf - hat dabei aber traditionell mehr die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Blick. "Für die geht es um viel. Wir brauchen eine zukunftsfeste Wirtschaft mit sicheren Arbeitsplätzen und guten Einkommen", sagte der Vorsitzende des DGB Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, am Montag in Frankfurt.

DGB fordert mehr soziale Sicherheit

Der DGB sieht für die neue Bundesregierung die "Herausforderung einer ökologischen Erneuerung der Wirtschaft". Die Wirtschaft müsse klimafreundlicher werden. Das könne nur funktionieren, wenn dieser Wandel mit sozialer Sicherheit einhergehe. Das bedeute weniger prekäre Beschäftigung, mehr Tarifbindung, mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in die Weiterbildung.

Zu einer bevorzugten Koalition äußerte sich Rudolph nicht. "Es geht jetzt nicht darum zu sagen, in welcher Parteienkonstellation das am besten gelingt. Die Parteien müssen offen darüber reden, wie man diese Ziele erreichen kann", sagte Rudolph.

Auch für die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ist Tempo wichtig bei der Regierungsbildung: "So ein Theater wie vor vier Jahren wollen wir dabei aber nicht mehr erleben", mahnt der hessische Landesbezirksleiter Jürgen Bothner. Die Wählerschaft wolle, dass sich mehr um die Themen soziale Gerechtigkeit, sichere Renten, Digitalisierung und Klimaschutz gekümmert werde. Nötig sei eine "Daseinsvorsorge, die ihren Namen verdient, für ein Gesundheitssystem, das funktioniert und einen sozialökologischen Umbau, den sich alle leisten können".

Bauern verlangen Planungssicherheit

Erwartungen nach Berlin sendet auch der Hessische Bauernverband (HBV): Die Parteien müssten schnell Sondierungsgespräche führen, damit eine neue Regierung möglichst bald ihre Arbeit aufnehmen könne, sagt HBV-Präsident Karsten Schmal.

Schmal appelliert: "Unsere Bauernfamilien stellen sich den großen Herausforderungen im Klima-, Tier- und Umweltschutz. In diesem Transformationsprozess dürfen sie allerdings nicht alleingelassen werden. Die von den Landwirten erbrachten Leistungen müssen angemessen honoriert werden. Ganz wichtig sind verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit."

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