Der Geschäftsführer des Versorgers Energie Waldeck-Frankenberg weilt als Wahlbeobachter beim umstrittenen Scheinreferendum in der Ukraine. Er war der Einladung Russlands gefolgt. Der Landrat zeigt sich schockiert.

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Nordhessischer Geschäftsführer als Wahlbeobachter in Ukraine - Kritik vom Landrat

Ein Mann gibt einen Wahlzettel ab beim Scheinreferendum in einem russisch besetzten Gebiet in der Ukraine
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Stefan Schaller, Geschäftsführer des Versorgers Energie Waldeck-Frankenberg (EWF), nimmt am international kritisierten Scheinreferendum im ukrainischen Saporischschja teil. Er ist dort offenkundig als Wahlbeobachter vor Ort. Das teilte die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass mit. Schaller sei von den Russen eingeladen worden, um die Wahlen zu überwachen, hieß es weiter.

"Ich wollte mir vor Ort ein Bild von der Situation machen. Auch weil ich glaube, dass objektive Informationen nie falsch sein können", sagte Schaller der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA). Er betonte demnach, dass sein Aufenthalt nichts mit seiner Funktion als Geschäftsführer des Energieversorgers zu tun habe: "Das ist rein privat, ich habe dafür Urlaub genommen."

Er räumte ein, dass er sich der Gefahr bewusst sei, von der russischen Seite instrumentalisiert zu werden. Er bemühe sich jedoch "immer um Fakten und nicht um politische Bewertungen", sagte Schaller der HNA. Er wisse aber, "dass ich nur das zu sehen bekomme, was ich sehen soll". Ihm sei klar, dass das Ergebnis der Referenden vom Kreml vorgegeben werde.

Scheinreferenden laufen bis Dienstag

Russland will mit der Abstimmung ukrainische Regionen zu Teilen der Russischen Föderation machen. Die Einwohnerinnen und Einwohner der Gebiete um Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja sollen bis Dienstag ihre Stimmen abgeben. Gefragt werden sie einfach, ob ihre Gebiete an Russland angeschlossen werden sollen. Aufgrund von Repressalien wird mit einem mehrheitlichen "Ja" bei den bis Dienstag laufenden Referenden gerechnet.

Eine Delegation von AfD-Politikern aus Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen wollte ebenfalls zu dem Scheinreferendum reisen. Nach heftiger, auch innerparteilicher Kritik brachen sie die Reise ab.

Landrat und Aufsichtsratsvorsitzender: "Ich war schockiert"

Dass Schaller, Geschäftsführer des nordhessischen Energieversorgers, bei einem Scheinreferendum vor Ort ist, kritisiert der Landrat von Waldeck-Frankenberg, Jürgen van der Horst (unabhängig), scharf. "Um es deutlich zu sagen: Ich war schockiert", sagte er am Samstag gegenüber dem hr. Van der Horst ist gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der EWF.

Ihm sei bekannt gewesen, dass Stefan Schaller sich im Urlaub und auf Reisen befinde. "Dass er diesen Aufenthalt verknüpft mit der Aufgabenstellung als Wahlbeobachter, war mir nicht bekannt", so van der Horst. Sowohl der Landkreis als Eigentümer der Gesellschaft als auch die Gesellschaft selbst stünden in keinem Zusammenhang zu Schallers Aufenthalt in der Ukraine.

Schaller bereits 2021 als Wahlbeobachter in Russland

"Wir stehen für andere politische Inhalte und lehnen das sehr deutlich ab, was da geschieht in der Ukraine. Das gilt für das Referendum und insgesamt für diesen verbrecherischen Krieg", sagte van der Horst. Allein der Besuch in der Region sowie die Tätigkeit, das Scheinreferendum als Wahlbeobachter zu begleiten, könnten als Legitimierung des völkerrechtswidrigen Vorgangs gedeutet werden, wie der Landkreis am Samstag schriftlich mitteilte.

Schon 2021 war Stefan Schaller als Wahlbeobachter bei einer Wahl in Russland. "Ich war damals noch nicht Aufsichtsratvorsitzender. Das bin ich erst seit Januar", so van der Horst. Die öffentliche Debatte sei damals sehr "übersichtlich" gewesen. "Augenscheinlich war das vielleicht auch der Fehler des Geschäftsführers anzunehmen, weil damals nicht kritisch diskutiert worden ist, könnte man solchen Einladungen noch ein weiteres Mal folgen. Aber da irrt er", sagte van der Horst.

Treffen des Aufsichtsrats am Montag

Noch am Samstag sollen die Gremien des Landkreises zusammenkommen, um sich zu beraten. Das geht aus der Mitteilung des Kreises hervor. Am Montag werde sich zudem der Aufsichtsrat des Energieversorgers treffen, um über die Zukunft von Geschäftsführer Schaller abzustimmen.

Geplant ist, dass Schaller bis zum 27. September in der Ukraine bleibt. "Ich versuche jetzt aber, so schnell wie möglich nach Deutschland zurückzukommen. Es gibt einiges klarzustellen", sagte er der HNA.

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