Datenschutz Facebook-Aus für hessische Landesbehörden gefordert

Hessens Datenschutzbeauftragter fordert, dass die Landesbehörden ihre Facebook-Seiten löschen. Diese fragen sich nun, wie sie ihrer Informationspflicht vollständig nachkommen können.
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Datenschutz: Behörden sollen Facebook verlassen

Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) lächelnd mit den Siegern eines Fußballturniers, ein Fahndungsaufruf nach einer Geldautomatensprengung. eine Warnung vor Waldbränden: Auf Facebook-Pages kommunizieren hessische Landesbehörden, die Landesregierung oder das Landeskriminalamt (LKA) direkt mit Bürgerinnen und Bürgern. Damit soll jetzt aber Schluss sein, findet der hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel.
Der Grund dafür: Facebooks rechtswidriger Umgang mit persönlichen Daten. Nach dem Europäischen Gerichtshof hat auch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht ein Urteil zu Facebook-Seiten gesprochen. "Die Rechtslage war lange unklar, nun steht spätestens mit dem Urteil des OVG Schleswig vom 25.11.2021 rechtskräftig fest, dass der Betrieb einer Seite bei Facebook einen 'schwerwiegenden datenschutzrechtlichen Verstoß' darstellt", sagt Roßnagel. Das bestätige auch ein Kurzgutachten der Datenschutzkonferenz des Bundes und der Länder.
Facebook macht Geld mit persönlichen Daten
"Wenn eine Fanpage von einem Facebook-Nutzer angewählt wird, setzt Facebook dort Cookies, liest sie aus und verfolgt damit das Handeln der Person im Internet", erklärt Roßnagel. Facebook führe die Daten zu Profilen zusammen, die dann zum Beispiel für individualisierte Werbung genutzt würden.
Die Kritik an Facebooks Vorgehen ist nicht neu. Doch durch das Urteil müsse die Landesregierung nun handeln, sagt der Datenschutzbeauftragte. Seine Forderung an die Landesbehörden ist deutlich: "Sie müssen die Facebook-Pages deaktivieren oder Facebook dazu bringen, dass der Konzern sein Geschäftsmodell ändert." Letzteres sei allerdings äußerst schwierig. Roßnagel erwartet daher von den Behörden, zeitnah auf eigene Internetseiten oder auf sichere Plattformen umsteigen.
Social Media hilft bei der Gefahrenabwehr
Ist die Sache also klar: Schluss mit Facebook? Ganz so einfach ist es nicht, denn auf der einen Seite steht der Datenschutz, auf der anderen Seite die Informationspflicht der Landesregierung.
"Gerade die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig schnelle und direkte Kommunikationskanäle sind, um die Bürgerinnen und Bürger zu informieren", heißt es von der Landesregierung. Die Zahl der Followerinnen und Follower ihrer Facebook-Seite habe sich in den vergangenen drei Jahren auf rund 80.000 mehr als verdreifacht.

Auch das LKA hat fast 60.000 Follower auf seiner Facebook-Seite. Die Behörde postet aus dem neu eingerichteten Newsroom im Schnitt drei Beiträge in der Woche auf der Seite "Polizei Hessen", wie Christian Zimmermann, Leiter des Leitungsstabs im LKA, sagt. Social Media und eben auch Facebook hätten für das LKA einen großen Vorteil: "Wir können sehr dynamisch und schnell in Echtzeit kommunizieren", sagt Zimmermann. Das sei vor allem bei der Gefahrenabwehr wichtig.
Zwischen Datenschutz und Informationspflicht
Bewerten will Zimmermann die Forderung des Datenschutzbeauftragten nicht. Er sagt nur: "Es wäre ein Gewinn für den Bürger an Datenschutz. Was wir verlieren würden, wäre die Live-Information."
Martin Welker, Professor für Journalismus und Unternehmenskommunikation an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Frankfurt, fasst das Dilemma so zusammen: "Neben der rechtlichen gibt es die bürgerschaftliche, demokratische Dimension. Man muss diskutieren, wie man das in Einklang kriegen kann. Das ist eine schwierige Abwägungsfrage."
Sollten die hessischen Behörden ihre Facebook-Seiten deaktivieren, liefen sie Gefahr, den Kontakt zur Facebook-Zielgruppe zu verlieren, also vor allem Menschen zwischen 30 und 50 Jahren, warnt Welker.
Nach Facebook auch Instagram und Twitter?
Andere Dienste wie Instagram oder Twitter könnten in Zukunft genau wie Facebook datenschutzrechtlich ebenfalls zum Problem für öffentliche Behörden werden, sagt der Datenschutzbeauftragte Roßnagel. Das Urteil gegen Facebook sei bisher allerdings einzigartig.
Ob und wann die Seiten der Behörden deaktiviert werden, ist noch unklar. Die Landesregierung teilte mit, sie werde das Gutachten der Datenschutzkonferenz zu den Facebook-Seiten "eingehend rechtlich prüfen".