Hand wirft Wahlzettel in graue Wahlurne

Der SPD-Kandidat für das Bürgermeisteramt in Biedenkopf zieht seine Kandidatur zurück. Doch zu spät, die Wahlzettel sind bereits gedruckt. Was passiert, wenn er trotzdem die Wahl gewinnt?

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Bürgermeister-Kandidat will nicht gewählt werden

hessenschau vom 11.08.2022
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Seit 2011 stellt die SPD in Biedenkopf den Bürgermeister – und ginge es nach dem SPD-Stadtverband, sollte das auch so bleiben. "Unser Anspruch ist es, immer einen Kandidaten zu stellen", sagt der Vorsitzende Jürgen Schneider. Doch dieses Mal ist alles anders.

Bei der anstehenden Wahl am 18. September steht zwar ein SPD-Kandidat auf dem bereits gedruckten Wahlzettel. Doch der will nun gar nicht mehr gewählt werden.

Wie es dazu kommen konnte? "Wir hatten einen gewissen Zeitdruck", sagt Schneider. Zunächst hatte der amtierende Bürgermeister Joachim Thiemig (SPD) erklärt, dass er nicht antreten werde. Dann habe man in den eigenen Reihen nach einem geeigneten Kandidaten gesucht und niemanden gefunden. Deshalb hatte der Stadtverband die Kandidatur extern ausgeschrieben – und Peter Scharfen gefunden.

Stück für Stück aus Wahlkampf abgetaucht

Der 33 Jahre alte Versicherungskaufmann und Betriebswirt aus Marsberg in Nordrhein-Westfalen hat sich in den vergangenen Wochen Stück für Stück wieder aus dem Wahlkampf zurückgezogen. Die mittelhessen-Zeitung berichtete, dass Scharfen Anfang August nicht mehr auf Mails der Redaktion geantwortet und Interviewtermine ignoriert habe.

Nun erklärt der Stadtverband-Vorsitzende Schneider, Scharfen habe seine Kandidatur aus privaten Gründen zurückgezogen. "Ich war erstmal überrascht", sagt der langjährige Kommunalpolitiker. "Dass jemand abgesprungen ist, habe ich noch nie erlebt." Auf hr-Anfrage war Peter Scharfen nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Jürgen Schneider, SPD Biedenkopf, mit einem Zeitungsartikel zum Rückzug des Bürgermeister-Kandidaten

Rückzug kommt zu spät

Für die stellvertretende Gemeindewahlleiterin Andrea Kirchner kommt der Rückzug des Kandidaten nicht nur unerwartet, sondern auch zu spät. "Es geht leider nicht mehr", sagt Kirchner. Nach Paragrafen 13 des Hessischen Kommunalwahlgesetzes sei die Rücknahme der Kandidatur nach der Zulassung durch den Gemeindewahlvorstand nicht mehr zulässig.

Scharfen habe bereits die Zustimmungserklärung unterschrieben, dass er kandidiere, die Wahlliste stehe seit dem 22. Juli fest und inzwischen seien sogar die ersten Briefwahlunterlagen verschickt. Auf denen steht nun neben den Kandidaten Jochen Achenbach (CDU), Markus Plitt (Zukunft für Biedenkopf - ZfB) und Musadir Basak (parteilos) auch Peter Scharfen für die SPD. Auch einen Hinweis in den Wahllokalen, dass der Kandidat nicht mehr kandidieren wolle, könne es nicht geben, sagt Kirchner.

Ähnlich war es in diesem Jahr bereits in Messel (Darmstadt-Dieburg) abgelaufen: Der unabhängige Kandidat Markus Roßmann hatte wenige Wochen vor der Wahl mitgeteilt, dass er das Amt eigentlich nicht mehr haben wollte. Er bekam schließlich noch drei Prozent der Stimmen.

Was, wenn Scharfen gewählt wird?

Die SPD und die derzeitigen Oppositionsparteien in Biedenkopf hoffen, dass auch Scharfen nur wenige Stimmen bekommen wird, damit sich das Wahlergebnis möglichst wenig verzerre. "Ich hoffe, dass wir die Bürgerinnen und Bürger erreichen und ihnen klar machen können, dass dieser Kandidat nicht existent ist", sagt zum Beispiel Kandidat Markus Plitt (ZfB).

Was passiert, wenn der SPD-Kandidat entgegen der Erwartungen die Mehrheit der Stimmen bekommen sollte?

"Wer in ein Amt gewählt wird, muss es nicht annehmen", sagt Schneider aus dem SPD-Stadtverband. "Dann müssen wir alle neu überlegen." Die stellvertretende Wahlleiterin Kirchner will für ein solches Szenario noch keine klare Prognose treffen. Unter Umständen müsse dann geprüft werden, ob eine Neuwahl notwendig sei, sagt sie.

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