Boris Rhein (r.) und Fraktionschefin Ines Claus (l., beide CDU) mit Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner

Vor der Wahl zum neuen hessischen Regierungschef hat Boris Rhein um Zustimmung beim grünen Koalitionspartner geworben. Der CDU-Politiker traf auf offene Ohren - und selbstbewusste Ansagen.

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Grüne wollen Rhein zum Ministerpräsidenten wählen

hessenschau vom 01.03.2022
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Vorstellen musste sich Boris Rhein (CDU) eigentlich nicht mehr. "Man kennt sich, man vertraut sich, man schätzt sich auch wert", sagte der Landtagspräsident am Dienstag, nachdem er gemeinsam mit seiner Fraktionschefin Ines Claus den Koalitionspartner getroffen hatte. Im Anschluss an das zweistündige Gespräch in Wiesbaden stand offiziell fest: Die Landtagsfraktion der Grünen will den 50-Jährigen zum Nachfolger von Volker Bouffier (CDU) als Ministerpräsident wählen.

"Wir sind vertragstreu, das ist für die Stabilität der Regierung wichtig", sagte Tarek Al-Wazir, Vize-Ministerpräsident, Wirtschaftsminister und möglicher Spitzenkandidat der Grünen bei der Landtagswahl im Herbst des kommenden Jahres. Die Zusammenarbeit werde "auf dem Fundament des Koalitionsvertrags" geschehen. In dem nach der Landtagswahl 2018 gemeinsam vereinbarten Papier steht unter anderem, dass die CDU den Ministerpräsidenten stellt.

Grüne brennen - "auf Inhalte"

Möglichen Zweifeln an der geschlossenen Zustimmung der Grünen begegnete Fraktionschef Mathias Wagner. Er habe bei dem Zusammentreffen mit Rhein gespürt: "Unsere Abgeordneten brennen darauf, weitere Inhalte des Koalitionsvertrags umzusetzen."

Der 70-jährige Bouffier hatte am Freitag seinen Rückzug als Ministerpräsident Ende Mai und als CDU-Landesvorsitzender im Sommer bekanntgeben. Rhein hatte er als seinen Nachfolger präsentiert, der von den Partei-Spitzengremien auf seinen Vorschlag hin einstimmig nominiert worden sei.

In Hessen regiert die Koalition aus CDU und Grünen bereits seit 2014 - seit Anfang 2019 aber mit nur einer Stimme Mehrheit. Die Wahl des Ministerpräsidenten im Landtag ist für den 31. Mai geplant. Die Abstimmung ist geheim.

Öffentlich keine Bedingungen

Unmittelbar nach seiner Nominierung hatten die Grünen schon klar gemacht, dass sie Rhein nicht ablehnen würden. Er habe sich als Landtagspräsident den Respekt der Grünen-Fraktion erworben und gezeigt, dass er unterschiedliche Interessen zusammenführen könne, hieß es in einer Mitteilung. Laut Bouffier hatte er die Grünen-Spitze früh mit der Entscheidung aufzuhören ins Vertrauen gezogen.

Bedingungen für die Wahl Rheins stellten die Grünen am Dienstag öffentlich nicht. Sie sprachen aber ohne Details zu nennen von dem Wunsch und der Notwendigkeit, über den Koalitionsvertrag hinaus "die eine oder andere Idee zu besprechen". Die Corona-Krise habe gezeigt, dass sich seit Abschluss des Vertrags zu Beginn der Legislaturperiode einiges geändert habe.

Vor Rheins Wahl werde man aber nichts festlegen, sagte Al-Wazir. Man wolle den falschen Eindruck vermeiden, noch während der Amtszeit Bouffiers ändern zu müssen, was falsch gelaufen sei. Bouffier habe in den vergangenen Jahren Großes geleistet.

Rechnen mit dem Dreikampf

Die Grünen machten auch klar: Bei der Landtagswahl 2023 würden "die Karten neu gemischt", wie Wagner sagte. Amtsinhaber Bouffier trete nicht mehr an, ob es die SPD-Landeschefin Nancy Faeser nach ihrem Wechsel als Bundesinnenministerin nach Berlin machen werde, sei ungewiss. Auch wer Spitzenkandidat der Grünen wird, ließ Wagner offen. Vom "erfolgreichen Regierungspersonal", das er als Beleg für gute Aussichten erwähnte, nannte er einzig Al-Wazir namentlich.

Wagner wiederholte, was er nach der Nominierung Rheins durch die Hessen-CDU vergangenen Freitag gesagt hatte: Bei der Landtagswahl sei ein Dreikampf zwischen CDU, SPD und Grünen möglich. "So offen war eine Landtagswahl noch nie", sagte er.

Auch Rhein sieht Einigkeit und Redebedarf

Wie der Koalitionspartner sprach auch Rhein von guten Gesprächen. Auch der CDU-Politiker betonte: "Wir sind uns in vielem einig, aber vieles müssen und wollen wir auch besprechen." Er stehe jedenfalls zu hundert Prozent zu dem Koalitionsvertrag. Sein Verhältnis zu den Grünen bezeichnete er als ausgezeichnet. Er sei schließlich als Wissenschaftsminister selbst Teil einer schwarz-grünen Landesregierung gewesen.

Mit Blick auf die Abkehr der Grünen von der CDU in der Frankfurter Stadtpolitik zugunsten eines Mitte-Links-Bündnisses hatte Rhein schon vergangenen Sommer davor gewarnt, sich zu einseitig in der Wahl der Partner festzulegen. Die CDU dürfe in ihrer Strategie SPD und FDP nicht außer Acht lassen.

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