Jakob Hammes, Bundessprecher der Linksjugend Solid

Patriarchale Strukturen, Geklüngel, keine Aufarbeitung der Vorwürfe sexualisierter Gewalt - der Linksjugend-Sprecher Jakob Hammes aus Offenbach rechnet mit seiner Partei ab und kündigt seinen Austritt an.

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Linke in Erfurt: Ein erster Schritt zum Neuanfang

Janine Wissler auf dem Bundesparteitag der Linken in Erfurt.
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Für seinen Austritt aus der Linkspartei führt der 21-jährige Bundessprecher der Linksjugend, Jakob Hammes, vor allem inhaltliche und strukturelle Gründe an.

Der Bundesparteitag in Erfurt habe deutlich gezeigt, dass Opfer von sexualisierter Gewalt keine Hoffnung in den parteiinternen Strukturen haben könnten, schrieb der Offenbacher auf Twitter. "Ich ziehe aus dem Wochenende für mich Konsequenzen und trete aus der Partei aus."

Meine persönliche Erklärung zum #LinkeBPT und seinem Umgang mit #LinkeMeToo 1/3

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Stimmung auf Parteitag "unfassbar aggressiv"

Vor dem Parteitag habe sich die Linksjugend stark für den Themenkomplex #linkemetoo eingebracht. Umso enttäuschender sei das Ergebnis der Debatte gewesen. Der Redebeitrag der Jugendorganisation sei nur als als Feigenblatt für die Partei instrumentalisiert worden.

Die "patriarchalen Strukturen" der Partei seien vor allem bei den persönlichen Erklärungen der Betroffenen sexualisierter Gewalt deutlich geworden. Sie seien ausgebuht und beleidigt worden; die Stimmung sei "unfassbar aggressiv" gewesen. "Etwas Ähnliches habe ich noch auf keiner anderen politischen Veranstaltung in dieser Härte erlebt", schrieb Hammes.

Der Partei warf er vor, kein Problem mit Fällen sexualisierter Gewalt zu haben, solange sie nicht öffentlich werden. Hammes ist seit November vergangenen Jahres einer von insgesamt acht Bundessprecherinnen und Bundessprechern der Linksjugend Solid.

"Undemokratische Klüngel-Strukturen"

In seinem Statement übte er auch Kritik an der Themensetzung der Linkspartei. Meistens sei die Partei erst zu sehen, "wenn man es für billige PR nutzen kann", schreibt er. Zudem gebe es nur vereinzelt Mitgliederschulungen und Möglichkeiten, sich in Prozesse einzubringen - "außer man wird von einer einflussreichen Person eingeladen".

"Genauso entstehen undemokratische Klüngel-Strukturen, die keinerlei Kritik an den beteiligten Personen erlauben", so Hammes.

Hammes kritisierte auch den persönlichen Umgang miteinander: Personen würden wegen der "kleinsten Abweichung von der herrschenden Meinung angefeindet, ausgeschlossen und auch aufs Härteste beleidigt". Trotz seines Parteiaustritts will Hammes weiter in der Linksjugend aktiv bleiben. "Meine bisherige Arbeit führe ich weiter", twittert er. Ziel sei es, die Linksjugend zu einem "besseren linksradikalen Jugendverband zu machen."

Entschuldigung von Parteichefin Wissler

Auf dem Parteitag war die Frankfurterin Janine Wissler als Co-Parteichefin im Amt bestätigt worden. Sie und die hessische Linke mussten sich gegen Kritik aus den eigenen Reihen wehren, mutmaßliche Opfer von sexuellen Übergriffen allein gelassen zu haben.

Wissler hatte sich bei allen Frauen entschuldigt, "denen wir bisher nichts oder wenig anbieten konnten, wenn ihnen Unrecht widerfahren ist". Zum Co-Vorsitzenden wählte der Parteitag den Europaabgeordneten Martin Schirdewan aus Berlin. Zum Austritt vom Hammes äußerte sich die Partei bisher nicht.

Anm. d. Red.: In einer früheren Version dieses Berichts hieß es, dass Jakob Hammes einer von acht Bundesjugendsprechern war. Inzwischen hat er noch einmal betont, dass er weiter Sprecher der Linksjugend Solid ist und lediglich aus der Partei austritt. Wir haben die Textpassage entsprechend angepasst.

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