Peter Feldmann steht an einem Pult und spricht in Mikrofone.

Dass Oberbürgermeister Peter Feldmann sein Amt vorzeitig aufgeben will, kann Frankfurt nur gut tun. Andererseits handelt er wieder einmal nicht konsequent - auch zu seinem eigenen Schaden.

Ein Kommentar, der im Einerseits-Andererseits-Muster argumentiert, kann leicht unentschieden wirken. Einerseits.

Andererseits lässt Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann einem keine Chance.

Portrait von Stephan Loichinger. Daneben steht "Meinung".

Einerseits ist es für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt gut, dass sich der SPD-Politiker endlich dazu durchgerungen hat, seinen Posten zu räumen. Feldmann geht einem Gerichtsprozess entgegen, in dem er sich unter anderem wegen möglicher Vorteilsnahme im Amt, vulgo Korruption, verantworten muss. Das Landgericht Frankfurt hält eine Verurteilung deswegen für hinreichend wahrscheinlich, sonst hätte es die Klage nicht zugelassen.

Ein Angeklagter in einem Strafprozess soll nachmittags und abends die Stadt Frankfurt repräsentieren, mit seinen Magistratskolleginnen und -kollegen die Linien der Stadtpolitik ziehen? Eine ebenso absurde Vorstellung wie diejenige von Feldmann, erst mal auf repräsentative Termine zu verzichten, die einen Kern seines Amts ausmachen.

Hängepartie droht

Andererseits: Warum will er sich erst Ende Januar zurückziehen? Angebracht wäre, dass er es sofort tut. Im Magistrat und im Römer ist er isoliert, nicht mal seine eigene Partei stärkt ihm mehr den Rücken.

Feldmann, dem nicht wenige Selbstherrlichkeit vorwerfen, lässt in seiner Erklärung vom Dienstag einerseits erstmals erkennen, dass sein Rückzug vor allem der Stadt gut täte. Energiekrise, Klimawandel, hohe Wohnungspreise, Folgen der Corona-Pandemie, die angespannte finanzielle Lage und der gleichzeitige Zwang zu einer sozial und ökologisch verträglichen Stadtentwicklung erlauben keine Hängepartie im Römer. Die monatelange Debatte um den Oberbürgermeister frisst zu viel politische Energie, die für die genannten Sachthemen besser verwendet wäre.

Andererseits lässt es Feldmann doch auf eine andauernde Hängepartie hinauslaufen. Ob sein Rückzug durch ein Abwahlverfahren herbeigeführt werden solle oder der 63-Jährige in den vorzeitigen Ruhestand treten wolle, lässt sein Sprecher ausdrücklich offen. Nur ein Rücktritt sei nicht geplant. Und das alles erst in einem halben Jahr!

Ein Abwahlverfahren würde teuer - und erscheint aussichtslos

Dabei würde ein Abwahlverfahren lange dauern, teuer werden und wegen des vorgeschriebenen Quorums von 30 Prozent der Wahlberechtigten bei einem Bürgerentscheid kaum in der Abwahl münden - absurderweise wären dafür mehr Stimmen gegen Feldmann erforderlich als abgegebene Stimmen für ihn bei seiner Wiederwahl 2018. Ein "Ruhestand auf Antrag aus besonderen Gründen" nach §76a der Hessischen Gemeindeordnung dagegen würde Feldmann kaum etwas von seinen Ruhestandsbezügen kosten. Warum beantragt er ihn also nicht sofort?

So erlösend seine Rückzugserklärung einerseits kam, so unbefriedigend sind andererseits die Umstände: Feldmann weile derzeit in Vietnam, sei für Rückfragen nicht zu erreichen, richtet sein Sprecher aus. Die "ausgestreckte Hand", um die er "von beiden Seiten" bittet, lässt Feldmann selbst lieber in der Hosentasche stecken. Ein Bulletin aus Fernost ist keine ernst gemeinte Aufforderung zum Dialog.

So wird den Parteien im Römer nichts anderes übrig bleiben, in der kommenden Woche ein Abwahlverfahren einzuleiten. Es bleibt zu hoffen, dass Feldmann sich mit seinen Kollegen bald zusammensetzt und seinen bislang anvisierten Rückzug auf Raten deutlich beschleunigt. Einfach, weil es vernünftig wäre.

Unsinnige Verzögerungstaktik

Feldmann verwendet in jeder seiner Erklärungen derzeit viele Worte darauf, seine Verdienste um die weniger begünstigten Frankfurterinnen und Frankfurter herauszustreichen: Mietendeckel bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG, höherer Anteil geförderter Wohnungen, beitragsfreie Kitajahre, freier Eintritt für Kinder und Jugendliche in Museen und Schwimmbädern. Es wird mehr auf eine ökologische Stadtentwicklung geachtet. Einerseits hat er damit Recht.

Andererseits riskiert er mit seiner unsinnigen Verzögerungstaktik, dass die meisten mit seinem Namen einen Frankfurter Oberbürgermeister verbinden werden, der nicht von seinem Amt lassen konnte, obwohl er es längst nicht mehr ausfüllen konnte.

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