In der Nacht zum 2. Juni 2019 erschoss ein Rechtsextremer den CDU-Politiker Walter Lübcke. Am dritten Todestag legte der Landtag eine Gedenkminute ein. Abgeordnete riefen zum Kampf gegen Hass und Hetze auf.

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Hessen erinnert an Lübcke

Die Abgeordneten während der Gedenkminute für Lübcke.
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Die Abgeordneten des Landtags haben sich am Donnerstagmorgen zu Beginn ihrer Sitzung in Wiesbaden von ihren Plätzen erhoben, um den vor drei Jahren ermordeten CDU-Politiker Walter Lübcke zu ehren. Der frühere Kasseler Regierungspräsident habe sich für ein freies Land und den demokratischen Rechtsstaat eingesetzt, sagte Frank Lortz (CDU), Vize-Präsident des Landtags. "Für diese Überzeugung ist er gestorben", fügte Lortz hinzu.

Die Tat mache noch immer fassungslos. Sie sei aber Ansporn, immer aufs Neue für die Grundwerte der Demokratie einzutreten, sagte Lortz. Lübcke, der zehn Jahre lang Landtagsabgeordneter war, sei ein "überzeugter und überzeugender Demokrat gewesen".

Der später wegen des Mordes zu lebenslanger Haft verurteilte Rechtsextremist Stephan Ernst hatte sein Opfer in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni 2019 auf der Terrasse von dessen Haus in Wolfhagen-Istha (Kassel) erschossen. Durch seinen Einsatz für Flüchtlinge und seinen Widerspruch gegen die Pegida-Bewegung war Lübcke bundesweit bekannt und zum Feindbild der Rechten geworden.

Faeser: Echokammern als tickende Zeitbomben

Zum dritten Todestag hatten schon am Mittwoch Politikerinnen und Politiker zu Engagement für Demokratie und eine freiheitliche Gesellschaft aufgefordert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, das Verbrechen zeige bis heute, wohin Verrohung und Brutalisierung im Netz führen könnten.

Vom Wort zur Tat sei es oft nur ein kleiner Schritt. Menschen könnten sich in diesen "Echokammern zu tickenden Zeitbomben radikalisieren", sagte Faeser, die auch Vorsitzende der hessischen SPD ist.

Walter #Lübcke war ein mutiger Mann, der mir persönlich sehr fehlt. Seine Ermordung vor drei Jahren zeigt, wohin Verrohung und Brutalisierung im Netz führen können: Vom Wort zur Tat ist es oft nur ein kleiner Schritt.

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Auch Hessens neue Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) mahnte dazu, die Demokratie "gegen Hass und Intoleranz" zu verteidigen. "Der feige Mord war ein Angriff auf die Grundfesten unseres Zusammenlebens", sagte Wallmann.

Hessens neuer Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sprach von einer Mahnung und Verpflichtung, Haltung zu zeigen - auch gegen Widerstände. "Walter Lübcke war niemand, der sich wegduckte." Er habe seine Überzeugungen mutig vertreten und sich für Freiheit, Toleranz und soziale Gerechtigkeit eingesetzt.

MP @Boris_Rhein hat zum dritten Todestag von Walter #Lübcke an den ermordeten Politiker erinnert. „Er war niemand, der sich wegduckte. Er war ein aufrechter Demokrat, der sich für Freiheit, Toleranz und soziale Gerechtigkeit einsetzte.“ Mehr: https://t.co/UrB2zy8RYV

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Auch das Regierungspräsidium Kassel rief dazu auf, sich für Demokratie und eine freiheitliche Gesellschaft einzusetzen. Ein großformatiges Banner vor dem Hauptgebäude des Präsidiums wirbt für die Aktion Haltung zu zeigen. Neben dem deutschen Slogan weise das Banner auch auf Englisch, Französisch, Spanisch, Mandarin, Arabisch und Hindi auf die vor einem Jahr initiierte Aktion hin.

Man wolle auf universelle Werte wie Freiheit, Menschlichkeit und Zivilcourage verweisen, die überall auf der Welt verstanden würden, sagte Regierungspräsident Mark Weinmeister (CDU).

Großformatiges Plakat an einer mit Autos befahrenen Straße mit dem Slogan "Haltung zeigen".

Erinnern auch an NSU-Morde

Zum Gedenken an seinen Amtsvorgänger läutet am Donnerstag, 2. Juni, um 15 Uhr die Osanna-Glocke der Kasseler Martinskirche. Pfarrer Willi Temme sagte, das Läuten der Glocke solle den politischen Terror in Deutschland in den Blick rücken. Erinnern wolle der Stadtkirchenkreis auch an die Morde der terroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU).

Mit der Ermordung Lübckes befasst sich derzeit noch ein Untersuchungsausschuss des Landtags. Er soll vor allem herausfinden, ob es Versäumnisse der Sicherheitsbehörden und der Landesregierung vor der Tat gab.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte gegen Lübckes Mörder Stephan Ernst im Januar 2021 lebenslange Haft verhängt. Das Gericht stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Revision eingelegt wurde.

Posthum erhielt Lübcke am 1. Dezember 2019 die Wilhelm-Leuschner-Medaille, die höchsten Auszeichnung des Landes Hessen. Zudem verleiht das Land Hessen zu seinen Ehren seit 2020 den nach ihm benannten Walter-Lübcke-Demokratie-Preis.

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