Fotot einer Plenarsitzung im hessischen Landtag. Im Vordergrund ein Kameramann an der Seite des Bildes.

Es ist noch fast ein Jahr hin. Aber bei der großen Generaldebatte zwischen Opposition und Regierung im Landtag spielte die kommende Hessen-Wahl schon eine wichtige Rolle. Ergebnisprognosen und Spekulationen über Personal inklusive.

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Debatte über Landeshaushalt

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In der Generaldebatte über den Doppeletat des Landes Hessen für die kommenden zwei Jahre hat die Opposition massive Kritik an der schwarz-grünen Landesregierung geübt. SPD-Fraktionschef Günter Rudolph bewertete die Pläne als Beleg dafür, dass das Land ein Jahr vor der Hessen-Wahl von einer "Stillstandskoalition" regiert werde.

Sogar angesichts zweier globaler Krisen und ihren verheerenden Folgen blieben CDU und Grüne "ideenlos, mutlos und ohne Ansatz für einen großen Wurf". Der öffentlich ausgetragene Streit in der Koalition über die Vorratsdatenspeicherung zeige, dass Uneinigkeit der Grund für die Lethargie sei.

"Sie trennt mehr, als Sie vereint", hielt Rudolph Schwarz-Grün vor. Zum Glück könnten die Menschen bei der Landtagswahl im kommenden Jahr entscheiden, dass es so nicht weitergehe, befand der SPD-Politiker.

Eine Schuldenbremse, keine Folklore

Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) verteidigte seinen Kurs und die Maßnahmen der Koalition in der Krise gegen diese Kritik. Trotz enormer Ausgaben für Krisen-Hilfspakete sowie Investitionen in Klimaschutz und neue Stellen in Schulen oder Justiz wirtschafte Hessen solide.

Deshalb werde die Regierung auch an der Schuldenbremse festhalten. "Das ist für uns keine Folklore, das ist für uns Generationengerechtigkeit", sagte Rhein. Er wies auf das über den Etat finanzierte 200 Millionen Euro umfassende Hilfsprogramm des Landes gegen die Folgen des Ukraine-Krieges und steigende Energiepreise hin.

CDU und Grüne hatten sich mit den Oppositionsparteien SPD und FDP auf die Eckpunkte für Landeshilfen verständigt. Rhein und Rudolph betonten am Dienstag noch einmal, dass solche Gemeinsamkeiten der demokratischen Parteien in der Krise wichtig seien, um Extremisten entgegenzuwirken. Für die Hilfen gilt wie für den gesamten Doppeletat laut CDU-Fraktionschefin Ines Claus: "In unsicheren Zeiten ist Verlässlichkeit und Zusammenhalt die beste Antwort."

Über Faeser reden, ohne sie zu nennen

Einen Großteil seiner Rede widmete der Ministerpräsident der Kritik an der von SPD, Grünen und FDP geführten Bundesregierung - und an Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Ohne ihren Namen zu nennen, forderte Rhein sie auf, Land und Kommunen bei der Aufnahme von Flüchtlingen mehr zu unterstützen. Die Ministerin und die Bundesregierung müssten auch die Zahl der Flüchtlinge begrenzen und endlich "aus ihrem Tiefschlaf aufwachen".

Hintergrund: Faeser ist Landeschefin der hessischen SPD und wird als Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der Landtagswahl im kommenden Jahr gehandelt. Offiziell soll die Personalie im Februar bekannt gegeben werden.

Auch in der Landtagsdebatte hielt sich SPD-Fraktionschef Rudolph in dieser Frage bedeckt. An Rhein gewandt sagte er, ebenfalls ohne Faeser zu erwähnen: "Ich will, dass jemand anderes Ihren Platz übernimmt. Sie werden sehen, dass wir eine ganz tolle Person präsentieren."

"Wetten, dass ..." für einen guten Zweck

Bei einer zweiten Personalie war Rudolph weniger zurückhaltend. Er bot dem Regierungschef eine Wette an ("für einen wohltätigen Zweck"), dass Rhein seinen Innenminister Peter Beuth (CDU) "irgendwann in den kommenden Monaten" noch ablösen werde. Beuth hat Mitte Oktober seinen Rückzug aus der Politik nach der Landtagswahl angekündigt.

Spott erntete die SPD für ihre Personalpolitik von den mitregierenden Grünen. Deren Fraktionschef Mathias Wagner konterte Rudolphs Fundamentalkritik an der Koalition: "Sie wissen, wie die Wahl ausgeht, aber Sie haben noch nicht einmal eine Spitzenkandidatin." Wagners bös-ironischer Rat: Es sei in jedem Fall besser, die Spitzenkandidatin vor der Wahl als danach bekanntzugeben.

Den Befund der Gegner, die Koalition sei zerstritten, wies Wagner zurück. Meinungsverschiedenheiten zweier unterschiedlicher Parteien verstehen sich seiner Auffassung nach von selbst. Mit dem Doppeletat halte die Koalition aber Kurs, erfülle Versprechen aus dem Koalitionsvertrag und antworte auf die großen ökologischen und sozialen Herausforderungen der Zeit.

FDP: Die Zeit ist abgelaufen

Für die oppositionelle FDP kam dagegen Fraktionschef René Rock zum selben Schluss wie die SPD: "Die Zeit von Schwarz-Grün" ist abgelaufen." Vom Unterrichtsausfall über die verzögerte Einführung der E-Akte in der Justiz bis zu Kitabetreuung und Breitbandausbau sei die Mängelliste lang.

"Das Einzige, was bei der Landesregierung funktioniert, ist die Aufblähung der Ministerien und Verwaltung", sagte Rock. Für einen Machtwechsel sei es angesichts fehlender Antworten der Regierung auf drängende Fragen höchste Zeit.

Reise nach Jerusalem

Dass Ministerpräsident Rhein wenig über den Etat des Landes gesprochen habe, kritisierte AfD-Fraktionschef Robert Lambrou. Er schiebe alle von der Koalition nicht gelöste Probleme auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Mit den Grünen als Partner habe sich die CDU längst von einer soliden und konservativen Finanzpolitik verabschiedet.

Strategisch befänden sich Rhein und seine Partei vor der Landtagswahl in einem Dilemma wie beim Spiel der Reise nach Jerusalem, sagte Lambrou: "Sie wissen nicht, welche Koalition kommt und ob ein Stuhl für Sie übrig bleibt."

Eine "verheerende Bilanz“ attestierte die Linke der Regierung nach neun Jahren an der Macht. Sie versuche sich trotz einer dramatischen Lage weiter "durchzumogeln", sagte Fraktionsvorsitzende Elisabeth Kula. "Tatsächlich verschärft Schwarzgrün mit diesem Kurs die soziale Spaltung immer weiter", sagte sie zum Festhalten an der Schuldenbremse. So ließen Inflation und Energiekrise die Zahl der Armen im Land weiter steigen.

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Etat wird erst Anfang 2023 verabschiedet

Die schwarz-grüne Landesregierung plant deutliche Investitionen in den Klimaschutz, die Bildung, Justiz und Polizei sowie die Krankenhäuser. Der Entwurf für den Doppeletat sieht Ausgaben von rund 33,74 Milliarden Euro im kommenden und rund 34,78 Milliarden im Jahr 2024 vor. Auf 33,74 Milliarden Euro im Jahr 2023 und 34,70 Milliarden im darauffolgenden Jahr sollen sich die Einnahmen belaufen. Verabschiedet wird der Etat wohl Ende Januar.

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