SPD blitzt mit Initiative ab Weniger Spielraum für Hessens Raucher - aber nicht im Auto

Keine Kippen auf Spielplätzen und in Festzelten, Restriktionen für Konsumenten von E-Zigaretten: Hessen weitet den Nichtraucherschutz aus. Im Landtag scheiterte der Versuch, je nach Insassen auch das Auto zur Verbotszone zu machen.
Früher war es drinnen dunstiger, manchmal hätte man Machete und Sauerstoffgerät gebraucht. Dann kam – nach heftiger öffentlicher Debatte der Nichtraucherschutz und 2007 das hessische Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens. Seitdem atmen Nichtraucher und Lungenfachärzte auf. Denn die Rauchschwaden haben sich aus Restaurants und Gaststätten verzogen, aus Behördenbüros, Unis oder Museen.
Die Geister schieden sich am Mittwoch im Landtag längst nicht mehr erbittert an Grundsätzlichem, sondern an der Frage: Wo muss es nun noch strenger werden, um die bekannt üblen, oft tödlichen gesundheitlichen Folgen des aktiven und passiven Inhalierens weiter zu begrenzen? Vielleicht sogar im privaten Pkw?
Denn Daniela Sommer, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, ging die am Ende beschlossene Gesetzesnovelle von Sozialminister Kai Klose (Grüne) in dieser Frage nicht weit genug. Sie sagte: "Hessen sollte Mut beweisen, Vorreiter sein und das Rauchen in Autos verbieten, wenn Kinder oder Schwangere mitfahren."
Auf der Rheinbrücke Kippe entsorgen?
Wie soll das kontrolliert werden - so der auf Praktikabilität gerichtete Haupteinwand von Kritikern. Und wenn doch: Wie soll das ohne bundesweite Regelung gehen? Müssen rauchende Autopendler dann auf der Fahrt von Mainz nach Wiesbaden die Kippe aus dem Fenster werfen, weil sich an der Landesgrenze die Gesetzeslage ändert? "Wir dürfen die Eltern nicht aus der Verantwortung lassen. Wenn ich mit Schwangeren oder Kindern in Kontakt komme, habe ich nicht zu rauchen, auch nicht in der privaten Wohnung", konterte Unionspolitikerin Claudia Ravensburg mit einem Hinweis auf ohnehin gebotene Vernunft den Vorschlag der SPD-Kollegin.
Es bleibt also bei dem von der schwarz-grünen Landesregierung gewünschten Maß einer Ausweitung des Rauchverbotes. Es wird künftig auch auf Spielplätzen gelten. Erwachsene sollen dort die besonders gefährdeten Kinder und Jugendlichen nicht mehr den bekannten Gefahren des Passivrauchens aussetzen.
Und wo bisher lediglich Zigarettenrauchen verboten war, gilt dies nach der Neureglung auch für E-Zigaretten und Tabakerhitzer. Im Gesetz heißt es zur Begründung: Bei deren Konsum würden teilweise nicht nur die gleichen Stoffe wie beim herkömmlichen Rauchen frei, sondern auch weitere gesundheitsgefährdende Stoffe in die Umgebung abgegeben. Ausnahmen vom Rauchverbot in Festzelten werden auch noch gestrichen.
Der @Landtag_Hessen hat soeben ein neues und verschärftes Nichtraucher*innenschutzgesetz beschlossen! Wer hätte das damals gedacht, @K_SA ?
Gedankenspiel eines Nichtrauchers
Von "wichtigen Schritten für einen besseren Gesundheitsschutz und mehr Rechtssicherheit", sprach Klose. Die Regierungskoalition folgte ihm. "Nachvollziehbare Maßnahmen" sind es laut der CDU-Abgeordneten Ravensburg. Der Grünen-Politiker und Nichtraucher Marcus Bocklet ließ bei einem Gedankenspiel durchblicken, dass er sich irgendwann zwar einmal ein völliges Verbot der "legalen Droge“ Tabak vorstellen könnte. Mit der weniger weit reichenden Gesetzesnovelle zeigte er sich wegen "guter Verbesserungen für den Gesundheitsschutz" aber für diesmal vollauf zufrieden.
Ein vom Grundgesetz geschütztes "Recht des Bürgers auf Unvernunft" brachte Moritz Promny von der FDP ins Spiel. Die Liberalen nahmen die neuen Freiheitseinschränkungen für Raucher aber gelassen hin - nicht nur, weil es um die Abwehr von Gefahren für andere gehe. Tenor: So viel ändere sich ja nicht. Dass sich ihrer Auffassung nach viel zu wenig ändere, machten die anderen Oppositionsfraktionen vehement deutlich.
. @ChristianeBoehm : „Der Nichtraucherschutz hat in #Hessen auch mit den Änderungen von Schwarzgrün noch zu viele Lücken. Das ist das einhellige Fazit der Anzuhörenden. Daran sind vor allem die vielen Ausnahmen vom Rauchverbot schuld, die fachlich nicht zu begründen sind." #HLT
Ausnahmen umstritten
Neben elektronischen Zigaretten und Tabakerhitzern müssten auch Tabakersatzstoffe und Shishas in die Regelungen einbezogen werden, forderte SPD-Politikerin Sommer über das von ihr gewünschte Pkw-Rauchverbot hinaus. Zu zaghaft geht Hessen auch nach Meinung der Linkspartei immer noch vor. "Warum dürfen Kinder und Jugendliche in geschlossenen Gesellschaften vollgequalmt werden? Warum darf in Spielbanken weiter geraucht werden?", fragte Elisabeth Böhm, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion.
Auf gesundheitliche Gefahren, die durch Kohlenmonoxid-Vergiftungen in Shisha-Bars lauerten, konzentrierte sich die AfD. Nach Meinung ihres Fraktionsvorsitzenden Robert Lambrou bleibt die Landesregierung hinter früheren Ankündigungen weit zurück. Er verwies auf eine länger werdende Liste von Vorfällen wie dem in Limburg, wo Ende Oktober fünf Gäste im Krankenhaus landeten. "Die Gefahren werden völlig ausgeklammert“, beklagte Lambrou.