Limburg Schiede Fahrverbot

Verkehrspolitik und Corona-Krise machen es möglich: Im Jahr 2021 sind erstmals in Hessen die Grenzwerte für schädliches Stickstoffdioxid in der Luft eingehalten worden. Vor allem in Limburg und Frankfurt wird aufgeatmet - erst einmal.

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Luftschadstoff-Grenzwerte erstmals eingehalten

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Im vergangenen Jahr sind in Hessen erstmals die Grenzwerte für das gesundheitsschädliche Stickstoffdioxid in der Luft eingehalten worden. Das geht aus einer Bilanz der Messwerte des Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) hervor, die Hessens Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) am Mittwoch vorlegte.

Das bedeutet: Neue Fahrverbote wird es nicht geben.

Vor allem in Limburg, aber auch in Frankfurt war die Bilanz mit Spannung erwartet worden. Dort drohten Fahrverbote für Diesel bis Euro-Norm 5 und alte Benziner an Stellen, wo besonders schlechte Luft gemessen worden war. In Limburg schien diese drastische Konsequenz noch im vergangenen Herbst kaum mehr abwendbar, wie Hinz damals sagte.

Nun befand sie: Das sei nicht in den nächsten Monaten notwendig. Sie betonte aber: "Die Überprüfung, ob wir Fahrverbote brauchen, erfolgt quartalsweise. Das bedeutet, sie sind noch nicht vom Tisch."

Bürgermeister ist erleichtert

Limburgs Bürgermeister Marius Hahn (SPD) reagierte erleichtert: "Das ist gut für alle Menschen, die in der Innenstadt leben und arbeiten." Damit werden nach seiner Ansicht zahlreiche Anstrengungen der Stadt belohnt. Dazu zählten unter anderem die Förderung des Radverkehrs, der Ausbau des ÖPNV und eine bessere Verkehrslenkung.

Für Limburg wie für Frankfurt waren Luftreinhaltepläne erstellt worden, um die Schadstoffwerte zu drücken und Fahrverbote zu verhindern. Dazu gehörten Tempolimits und erhöhte Parkgebühren - Letzteres war in Limburg umstritten. Die Stadt hatte auch mit Klage gedroht, falls das Land ein Fahrverbot erlassen wolle. Für eine Kleinstadt mit rund 35.000 Einwohnern wäre ein Fahrverbot ein Novum: Bisher gelten solche Einschränkungen deutschlandweit nur in größeren Städten.

Neuralgische Punkte

Die Pläne sehen Fahrverbote für bestimmte Straßen vor, wenn der Stickstoffdioxid-Mittelwert der vergangenen zwölf Monate über 41 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegt. An der Schiede in Limburg als zentrale Durchgangsstraße betrug die mittlere Konzentration im vergangenen Jahr 39,9 Mikrogramm. An der Mainzer Landstraße in Frankfurt wurde der Grenzwerte mit 38,8 Mikrogramm deutlicher unterschritten.

In Hessen ist ansonsten nur noch Darmstadt betroffen, wo bereits 2019 Dieselfahrverbote in Kraft traten. Frankfurt kam dagegen um Fahrverbote herum - auch hier nicht zuletzt wegen der Pandemie. Bei der Grenzwertregelung geht es zum Teil eng zu. Dem für Fahrverbote in den Luftreinigungsplänen festgelegten Wert von 41 Mikorgramm steht der Langzeitwert des Landes-Umweltamtes von 40 Mikrogramm gegenüber. Er wurde 2021 laut Umweltministerium an einem einzigen Ort leicht überschritten: in der Hügelstraße in Darmstadt. Das Messergebnis ist allerdings noch vorläufig.

Corona-Effekt messbar

Direkte Maßnahmen alleine haben die Schadstoffbelastung nach Berechnungen des HLNUG nicht sinken lassen. Der Verkehr und damit die Schadstoffbelastung ging als Folge der Corona-Pandemie spürbar zurück.

"Ohne diesen Corona-Effekt wären die Stickstoffdioxidwerte schon 2020 im Mittel um etwa 14 Prozent höher ausgefallen", sagte Landesamt-Präsident Thomas Schmid. Es gebe also keinen Grund, sich "auf diesen niedrigen Werten auszuruhen". Die Luftqualität in hessischen Städten müsse weiter verbessert werden. Darauf drängt auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in Hessen. Er verweist darauf, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihre globalen Luftqualitätsleitlinien im vergangenen Jahr aktualisiert hat. Ihre neuen Leitlinien empfehlen statt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter nun mehr eine mittlere jährliche Stickstoffdioxid-Konzentration von höchstens 10 Mikrogramm.

Aufruf zum Umsteigen

Den Appell bekräftigte Ministerin Hinz. Die aktuelle Bilanz zeige, dass die Luftreinhaltepläne wirken. Um die Grenzwerte auch im laufenden Jahr mit Gewissheit einzuhalten, sollten die Städte aber ihre Mobilitätsangebote weiter verbessern. Die Bürger sollten solche Angebote auch mehr nutzen und möglichst auf Fahrrad, Busse und Bahnen umsteigen.

Dass Limburg nicht nachlassen werde, betonte der Erste Stadtrat und Verkehrsdezernent Michael Stanke (CDU). Es werde dazu viel Geld in die Hand genommen, auch Fördergeld. "Wir beschreiten völlig neue Wege wie zum Beispiel mit den Mini-Bussen "LahnStar" und dem damit verbundenen On-demand-Angebot mit Elektro-Antrieb." Seit Oktober sind diese fünf Mini-Busse vor allem in den Stadtteilen im Einsatz. Sie können individuell gebucht werden.

Das Land überwacht die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid landesweit an mehr als 70 Messstellen. Bereits im Corona-Jahr 2020 war die Belastung an vielen hessischen Messstellen gegenüber dem Vorjahr überdurchschnittlich zurückgegangen. Im Mittel lagen die Werte 18 Prozent niedriger als noch 2019.

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