Peter Feldmann

Die Stadtverordneten im Frankfurter Römer haben Oberbürgermeister Peter Feldmann abgewählt. Wie es jetzt weitergeht, erfahren Sie hier.

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Abwahl von OB Feldmann rückt näher

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Das Tischtuch zwischen den Frankfurter Stadtverordneten und Peter Feldmann (SPD) ist endgültig zerschnitten. Am Donnerstagabend stimmten die Stadtverordneten mit deutlicher Mehrheit für eine Abwahl des Oberbürgermeisters.

Wie es dazu kommen konnte und wie es nun weiter geht – unsere Fragen und Antworten:

Wollte Peter Feldmann nicht freiwillig aus dem Amt scheiden?

So hatte er es zumindest angekündigt. Nach monatelangem Streit, der darin kulminierte, dass sogar seine eigene Partei Feldmann zum Rücktritt aufforderte, erklärte der Oberbürgermeister am 5. Juli per Pressemitteilung überraschend, Ende Januar 2023 auf jeden Fall aus dem Amt zu scheiden.

Drei Tage später konkretisierte er sein Versprechen in einer Pressekonferenz. Entweder würde er sich vom Stadtparlament in den vorzeitigen Ruhestand aus besonderen Gründen versetzen lassen oder ein Abwahlvotum der Stadtverordneten akzeptieren - und damit ein Bürgervotum unnötig machen.

"Damit möchte ich der Stadt Frankfurt ein quälendes und teures Abwahlverfahren ersparen – und die Gelegenheit nutzen, meine Amtsgeschäfte nach nunmehr über zehn Jahren zu einem ordentlichen Abschluss zu bringen", erklärte Feldmann seinerzeit. Und versicherte: "Wenn ich sage, ich hör' auf, dann höre ich auf." Ein Versprechen, dass er durch das Hinterlegen zweier entsprechender Erklärungen bei einem Notar absichern wollte.

Wieso kam es jetzt doch schon zum Abwahlverfahren gegen Peter Feldmann?

Feldmanns Ankündigung hielt in ihrer ursprünglichen Form gerade einmal ein Wochenende. Am Montag nach seiner Rückzugs-Pressekonferenz erschien auf der Homepage der Stadt Frankfurt eine Ankündigung des OB, in dem von der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand nicht mehr die Rede war, sondern nur noch von einer Abwahl im Januar.

Nach Angaben des Oberbürgermeister-Büros waren zuvor Gespräche mit den Magistrats-Fraktionen (SPD, Grüne, Volt und FDP) über die genaue Vorgehensweise beim Rückzug des Stadtoberhauptes ergebnislos beendet worden. Dabei sei Feldmann aufgefordert worden, sich für eine Variante zu entscheiden.

Teilnehmer der Sitzung widersprachen. Zwar habe man Feldmann tatsächlich aufgefordert, seine Aussagen zu konkretisieren, jedoch sei man von seinem Verzicht auf den vorzeitigen Ruhestand überrascht worden. Daraufhin hielten die Fraktionen an ihrem ursprünglichen Fahrplan fest und wählten am 14. Juli den Oberbürgermeister mit Zweidrittelmehrheit ab.

Was könnte hinter dem Verzicht von Peter Feldmmann auf den vorzeitigen Ruhestand stecken?

Darüber lässt sich nur spekulieren. Das allerdings machen Feldmann-Kritiker in den vergangenen Tagen fleißig. Hauptthese: Der Frankfurter OB will sich ein Hintertürchen für einen Rückzug vom Rückzug offen halten. Und er setzt dabei auf das Scheitern eines Bürgervotums.

Denn die Hürden für eine erfolgreiche Abwahl sind hoch. Nicht nur müsste an den Wahlurnen eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen für seine Abberufung zusammenkommen – diese Mehrheit müsste auch noch mindestens ein Drittel der Wahlberechtigten in Frankfurt repräsentieren. Ein überaus hohes Quorum angesichts der niedrigen Wahlbeteiligung bei den zurückliegenden Oberbürgermeisterwahlen.

Sollte der Bürgerentscheid zudem im Januar stattfinden, hofft Feldmann möglicherweise auf Rückenwind durch die Justiz. Denn immer wieder betont der SPD-Politiker, dass an den Korruptionsvorwürfen im Rahmen der AWO-Affäre gegen ihn nichts dran sei. Das, so betont es Feldmann, werde sich auch im Strafprozess gegen ihn zeigen. Der Prozess beginnt im Oktober.

Sollte Feldmann in diesem Verfahren tatsächlich freigesprochen werden, so das mögliche Kalkül, würde das eine Abberufung durch die Frankfurterinnen und Frankfurter noch unwahrscheinlicher machen – unabhängig vom Votum der Stadtverordneten. Und Feldmann könnte, wie er es sich wünscht, bis zum regulären Ende seiner Amtszeit 2024 weiter an der Spitze der Stadt stehen.

Wie geht es nun weiter in der "Causa Feldmann"?

Laut Hessischer Gemeindeordnung hat Feldmann nach seiner Abwahl in der Stadtverordnetenversammlung eine Woche Zeit, um die Entscheidung zu akzeptieren und auf einen Bürgerentscheid zu verzichten. Dies würde der Stadt nicht nur weitere unangenehme Publicity, sondern auch ganz konkret etwa 1,6 Millionen Euro ersparen.

Verzichtet Feldmann nicht binnen Wochenfrist, müsste der Bürgerentscheid frühestens drei und spätestens sechs Monate nach dem Votum der Stadtverordnetenversammlung stattfinden – also an einem Sonntag zwischen dem 14. Oktober und dem 14. Januar. Die Stadtverordnentenversammlung hat sich auf den 6. November geeinigt.

Wofür muss sich Peter Feldmann eigentlich vor Gericht verantworten?

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat Ende Mai Anklage gegen Feldmann erhoben – es geht um den Verdacht der Vorteilsannahme im Amt. Die Staatsanwaltschaft begründete den Korruptionsverdacht nicht nur mit dem überhöhten Gehalt für Feldmanns Ehefrau. Sie führte auch einen neuen Vorwurf auf: Eine Verantwortliche des Frankfurter AWO-Kreisverbands soll Feldmann im OB-Wahlkampf 2018 durch Einwerbung von Spenden unterstützt haben.

Nach hr-Informationen soll es sich dabei um Ex-AWO-Geschäftsführerin Hannelore Richter handeln, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermuntert haben soll, für Feldmann Geld zu spenden. "Im Gegenzug soll der Angeschuldigte mit der damaligen Verantwortlichen der AWO stillschweigend übereingekommen sein, dass er bei seiner Amtsführung künftig die Interessen der AWO Frankfurt wohlwollend berücksichtigen werde", erklärte die Staatsanwaltschaft. Feldmann selbst bezeichnete die Vorwürfe nach der Anklage als "haltlos und maßlos". Der Prozess vor dem Landgericht Frankfurt startet am 18. Oktober.

Welcher Kritik muss sich Peter Feldmann noch aussetzen?

Erst die Anklage und der Durchsuchungsbeschluss in der AWO-Affäre, dann das Video mit sexistischen Kommentaren im Flieger nach Sevilla – und schließlich das Pokal-Gate beim Europapokalsieger-Empfang der Eintracht: Seit März steht Feldmann ununterbrochen in den Schlagzeilen.

Insbesondere nach den jüngsten Fehltritten forderten zahlreiche Parteien seinen Rücktritt vom Amt, inklusive seiner eigenen Partei. Doch Feldmann wiegelte zunächst ab und wollte sich bloß aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Wir haben Feldmanns Verwicklungen in die AWO-Affäre samt peinlicher Fehltritte chronologisch für Sie zusammengefasst.

Wie geht es weiter, wenn Peter Feldmann – wie auch immer – aus dem Amt scheidet?

Egal ob, wann oder durch welches Verfahren Feldmann aus dem Amt scheidet, über das künftige Stadtoberhaupt Frankfurts entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Die Frage ist nur, wann sie dazu die Gelegenheit bekommen.

Sollte Feldmann abgewählt werden, stehen Neuwahlen ins Haus. Ebenso im Fall, dass er sich doch noch in den vorzeitigen Ruhestand versetzen lässt. Wie zügig die Stadt dann eine neue Chefin oder einen neuen Chef im Römer haben wird, ist jedoch völlig unklar, wie Tina Köhler, Referentin der für Wahlen zuständigen Dezernentin Eileen O'Sullivan (Volt) der Frankfurter Rundschau sagte. Zuvor müsste es noch juristische Prüfungen geben, denn "so etwas gab es bisher noch nie".

Sollte das Bürgervotum hingegen die Abwahl nicht bestätigen und Feldmann sich entschließen, im Amt zu bleiben, stünden die nächsten regulären Oberbürgermeisterwahlen 2024 an.

Wer könnte sich als Nachfolgerin oder Nachfolger für Peter Feldmann zur Wahl stellen?

Mit der Aussicht auf Neuwahlen stellt sich auch die Frage nach einem möglichen Nachfolger oder einer Nachfolgerin Feldmanns: Die FR brachte einen Tag nach Feldmanns angebotenem Rückzug Mike Josef vom Dezernat für Planen, Wohnen und Sport für die SPD ins Spiel. Und für die CDU: Uwe Becker, hessischer Europa-Staatssekretär und CDU-Kreisvorsitzender. Die Frankfurter Grünen planen dem FR-Bericht zufolge im Herbst eine Findungskommission einzusetzen, die geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für eine OB-Neuwahl bestimmen soll.

Einen stadtweit bekannten Namen hatte Feldmanns Rückzugserklärung dazu verleiten lassen, sich als neuen OB zu bewerben. "Der Weg wird frei und ich bin dabei...", twitterte der als "Bahn-Babo" bekannte Peter Wirth. Er sammle nun Unterschriften, um als unabhängiger Oberbürgemeister-Kandidat antreten zu können.

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