Geschäftsstelle der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Frankfurt hinter Zweigen eines Baumes

Ein Transparenzregister soll künftig mehr Einblicke in die Finanzen von Wohlfahrtsverbänden ermöglichen. Damit sollen Bereicherungen wie bei der AWO-Affähre verhindert werden. FDP und Linkspartei geht die Initiative nicht weit genug.

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Transparenz-Datenbank für Wohlfahrtsverbände

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Die AWO-Affäre hat Missstände bei Wohlfahrtsverbänden ans Tageslicht gebracht. Versagt die interne Kontrolle, besteht die Gefahr, dass öffentliches Geld in üppige Gehälter, teure Luxuskarossen oder Scheinarbeitsverhältnisse wandert. Abhilfe soll mehr öffentliche Kontrolle ermöglichen.

Sozialminister Kai Klose (Grüne) hat am Donnerstag ein neues Transparenzregister vorgestellt. Zwar geht die Initiative dazu auf die Zeit vor der AWO-Affäre zurück. Doch durch den Skandal nahm die Diskussion über mangelnde Transparenz bei Wohlfahrtsverbänden in den zurückliegenden Jahren Fahrt auf.

Mittels des Registers sollen die Wohlfahrtsverbände öffentlich machen, wie viel Geld sie vom Land Hessen für welche sozialen Aufgaben bekommen. So sollen Bürger, Journalistinnen oder Behördenmitarbeiter auf einen Blick nachvollziehen können, wer welche Zuwendungen wofür bekommt.

Hessen springt kürzer als andere Länder

Damit ist Hessen nach Berlin und Mecklenburg-Vorpommern das dritte Bundesland, das ein Transparenzregister einführt. Anders als die beiden anderen Bundesländer verzichtet Hessen jedoch auf ein ergänzendes Zuwendungsregister.

Darin legen die Länder offen, welchen Organisationen sie wofür wie viel Geld geben. Klose hält diesen Schritt offenbar nicht für notwendig. "Mit der öffentlichen Transparenzdatenbank gehen wir gemeinsam mit der Liga der Freien Wohlfahrtspflege den ersten Schritt hin zu mehr Transparenz über die Zuwendungen an die Freie Wohlfahrtspflege", teilt er auf hr-Anfrage mit.

Der Vorstand der Liga versichert: "Die Liga-Mitgliedsverbände haben ein eigenes Interesse daran, die Verwendung öffentlichen Geldes transparent zu machen." Dass sich Bürgerinnen und Bürger darüber informieren könnten, sei wichtig. Die Liga habe mit dem Sozialministerium bereits 2016 vereinbart, jedes Jahr Prüfnachweise darüber vorzulegen, wie die Förderung verwendet wird.

Kloses Amtskollegin in Mecklenburg-Vorpommern, Stefanie Drese (SPD), entschied sich bei der Einführung des doppelten Registers 2020 für die umfassendere Lösung. Aus ihrer Sicht können die Bürger mittels Transparenzregister und Zuwendungsregister die Angaben über Einnahmen und Ausgaben von und für Wohlfahrtsverbände miteinander vergleichen. Aus möglichen Abweichungen könnten sie ihre Schlüsse ziehen.

Keine gesetzliche Grundlage für Verpflichtung

In einem weiteren Punkt fällt Hessen hinter Mecklenburg-Vorpommern zurück: Während im Nordosten sich jeder Verband mit Zuwendungen über 25.000 Euro in der Datenbank eintragen muss, fehlt es in Hessen nach Auskunft von Klose an der dafür nötigen gesetzlichen Grundlage. Daher teilen die Organisationen hierzulande die Informationen zu Finanzen und Strukturen lediglich auf freiwilliger Basis mit.

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Transparenzregister für Wohlfahrtsverbände

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"Ich rufe alle Verantwortlichen in der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen auf, von der Möglichkeit der Verbesserung ihrer Transparenz Gebrauch zu machen und die Datenbank zu nutzen", appellierte der Sozialminister am Donnerstag. Er zeigte sich sicher: "Die Transparenzdatenbank wird dazu beitragen, das Vertrauen in die Arbeit der Wohlfahrtsverbände zu stärken."

Keine Angaben zu Managerbezügen

Außerdem stößt der Wille zur Transparenz im geplanten Register bei den Gehältern an seine Grenzen. Übrigens ist es so, dass die Empfängerorganisationen in keinem der genannten Bundesländer die Bezüge ihrer Manager öffentlich machen müssen.

"Bei den Gehältern des Führungspersonals handelt es sich um unternehmensinterne Daten. Für eine Veröffentlichungspflicht gibt es keine Rechtsgrundlage", informiert dazu der Finanzsenat, der in Berlin für das Register zuständig ist.

Auch in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern werden rechtliche Gründe für diese Lücke genannt. Sozialminister Klose baut jedoch auf Einsicht der Verbände, dass größtmögliche Transparenz auch in diesem Punkt in ihrem Interesse sei. Ein Blick in das Register von Mecklenburg-Vorpommern wirkt hier allerdings ernüchternd. Von knapp 300 Organisationen haben gerade mal zwei Angaben zu den Gehältern ihrer Führungskräfte gemacht.

FDP: "Chance vertan"

Kritik am hessischen Transparenzregister kam von der FDP-Landtagsfraktion. Der Abgeordnete Yanki Pürsün bemängelte, dass es zu spät komme und um ein Zuwendungsregister ergänzt gehöre. "Durch die Freiwilligkeit und Einseitigkeit wird die Chance auf wirkliche Transparenz und einen klaren Mehrwert des Registers vertan", sagte Pürsün.

Auch die Linken-Sozialpolitikerin Christiane Böhm vermisst ein Zuwendungsregister. Vonseiten des Landes dürfe ebenso Transparenz verlangt werden wie von den Verbänden. "Im Gegenzug zur erhöhten Transparenz ist es notwendig, dass die sozialen Einrichtungen eine sichere und auskömmliche Finanzierung von Leistungen erhalten, die sie im Auftrag des Landes und im Interesse des sozialen Zusammenhalts erbringen", sagte sie. Böhm forderte eine auskömmliche Finanzierung der Wohlfahrtsträger.

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