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Feldmann interviewt sich selbst

Peter Feldmann lacht und biegt sich zur Seite.

Peter Feldmann hat es nicht leicht: Korruptionsverdacht, Sexismusvorwürfe, peinliche Auftritte, Abwahlverfahren. Zeit, ein paar Sachen richtigzustellen. Dazu interviewt der Frankfurter Oberbürgermeister sich selbst. Besser geht's nicht.

Journalistinnen und Journalisten können echt nerven. Nicht nur, dass sie ständig Fragen stellen, meistens sind es auch noch die falschen. Wer wüsste das besser als Peter Feldmann (SPD), dem seit bald drei Jahren ständig die falschen Fragen gestellt werden. Etwa die nach dem überaus großzügigen Salär seiner Ehefrau in einer AWO-Kita. Oder überhaupt nach seinem engen Verhältnis zur Arbeiterwohlfahrt. Oder was er eigentlich genau mit dem Europa-League-Sieg der Eintracht zu tun hatte.

Man hat es nicht leicht als Stadtoberhaupt. Wenn man will, dass etwas richtig gemacht wird, muss man es selbst machen. Also hat der Frankfurter Oberbürgermeister sich kurzerhand selbst interviewt. In einer E-Mail an alle städtischen Beschäftigten (einsehbar auf den Internetseiten der Stadt) konfrontiert sich Feldmann gnadenlos selbst mit allen Vorwürfen und Fragen, die ihn in letzter Zeit erreicht haben. Und macht dabei – wie eigentlich immer – alles richtig.

Vorteile des Selbstgesprächs

Schon der Einstieg ins Gespräch deutet an, dass Feldmann seinen Gesprächspartner nicht zu schonen gedenkt. "Warum treten Sie nicht einfach zurück?", wirft Feldmann Feldmann an den Kopf. Konfrontationskurs pur statt Rumgeplänkel. So kennt man den Frankfurter OB.

Doch Feldmann hat Feldmann offenkundig unterschätzt. "Für mich wäre das Flucht aus der Verantwortung. Die Frankfurterinnen und Frankfurter haben mich 2018 gewählt, damit ich die ihnen wichtigen sozialen Themen weiter voranbringe [...]", lässt dieser sich selbst ins Leere laufen. "Zugleich käme ein Rücktritt für mich in jedem Fall einem Schuldeingeständnis gleich."

Hier zeigt sich gleich der große Vorteil des Selbstgesprächs. Journalistinnen und Journalisten hätten an dieser Stelle möglicherweise unnötige Nachfragen gestellt. Vielleicht so etwas wie: "Sollten Sie nicht vielleicht das Ansehen der Stadt über Ihre eigene Eitelkeit stellen und zurücktreten, um Schaden von ihr abzuwenden?" Aber mal ernsthaft, wen interessiert das eigentlich? Feldmann nicht.

Knallhart nachgehakt

Es ist nicht so, als ob Feldmann Feldmann leicht vom Haken lässt. Deutlich wird das, als es um die übertarifliche Entlohnung seiner Ex-Ehefrau Zübeyde Feldmann in einer Kindertagesstätte der AWO in Frankfurt geht. "Aber Ihre ehemalige Frau hätte doch diesen Job bei der Arbeiterwohlfahrt ohne Sie nie ergattert, oder?", versucht Feldmann keck sein Gegenüber aus der Reserve zu locken.

"Da unterschätzen Sie meine ehemalige Frau. Sie brachte alles mit, was man für die Leitung einer deutsch-türkischen Kita braucht", kontert Feldmann geschickt und meint damit nicht etwa den Trauschein, "eine Ausbildung, ein einschlägiges Studium, gute Kontakte in die türkische Community – und, ganz wichtig, Ehrgeiz und Engagement".

Feldmann wäre aber nicht Feldmann, wenn er bei Feldmann nicht noch einmal knallhart nachhaken würde: "Wenn doch alles mit rechten Dingen zuging – wieso haben Sie dann Geld an die Arbeiterwohlfahrt zurückgezahlt?" Man könnte meinen, Feldmann hätte Feldmann jetzt genau da, wo er ihn haben will. Aber weit gefehlt: "Meine damalige Frau und ich haben uns gefragt: Wie fühlt sich da der oder die normale Tarifangestellte? Erzieher:in ist ein anspruchsvoller Beruf. Menschen, die sich für diese wichtige Tätigkeit entscheiden, sollten auf keinen Fall das Gefühl haben, dass es bei der Entlohnung ungerecht zugeht." Touché! Wer will gegen soviel soziale Empathie auch was sagen.

Feldmann entlockt Feldmann Selbstkritisches

Doch damit ist das Duell Feldmann gegen Feldmann noch lange nicht am Ende. Was an den Vorwürfen dran ist, dass AWO-Mitarbeiter Wahlkampfspenden für ihn gesammelt haben, will Feldmann wissen. Nichts, sagt Feldmann. Und das werde sich auch vor Gericht zeigen, wo endlich alles auf den Tisch kommen werden. Ob er es sich da nicht ein bisschen einfach mache, setzt Feldmann sich selbst unter Druck. Nein, er sehe darin eine Chance. Und das Ende stehe seiner Überzeugung nach schon fest: "Ich bin nicht korrupt!"

Tatsächlich gibt es einige Stellen, an denen es zwischen den beiden Gesprächspartnern beinahe knallt. Als Feldmann wissen will, warum Feldmann der Eintracht den Europa-League-Pokal gestohlen hat, kann Feldmann seine Empörung kaum noch zurückhalten: "Geklaut? Ich wollte den Pokal einfach auch einmal in den Händen halten."

Es ist ein lauter Kontrapunkt in einem Gespräch, das ansonsten viel Platz für die nachdenklichen Seiten des Oberbürgermeisters bietet. Denn zu Feldmanns Verdiensten gehört es zweifellos, Feldmann in diesem Zwiegespräch auch Selbstkritisches entlockt zu haben. Ja, bei der Pokalfeier sei er zu unsensibel gewesen. Aber Volker Bouffier habe 2018 auch den DFB-Pokal bis in den Kaisersaal getragen. Ja, seine sexistischen Sprüche gegenüber Flugbegleiterinnen seien "nicht witzig" und "unangemessen" gewesen. Aber eigentlich sollte das mal eine ironische Spitze gegen ihn selbst werden. Und ja, er werde bis zum Ende der Sommerpause auf Auftritte im Kaisersaal und in der Paulskirche verzichten. Also fast. Bis auf ein, zwei Ausnahmen.

Im Grunde ist es ein Interview, das alles hat: Kritisches Nachbohren, direkte Konfrontation, Selbstreflektion und ein beinahe schon intimes Verhältnis zwischen Fragensteller und Befragtem. Als Journalistinnen und Journalisten müssen wir neidlos anerkennen: Besser kann man es nicht machen. Aber das weiß Peter Feldmann bestimmt schon.

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Möglicher Abwahl-Termin am 6. November?

Die Frankfurter werden womöglich am 6. November über die politische Zukunft von Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) entscheiden. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am Donnerstag. Wie die für Wahlen zuständige Stadträtin Eileen O’Sullivan (Volt) demnach sagte, bietet sich der Sonntag für die Abstimmung über die Abwahl des Stadtoberhaupts an, sofern die Stadtverordneten bei ihrer nächsten Sitzung am 14. Juli das Verfahren einleiten sollten. Mehr zu den Vorwürfen gegen Peter Feldmann gibt's in unserer Chronik und auf unserer Themenseite.

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