Ein Mann im Anzug blickt nachdenklich nach links.

Frankfurts Oberbürgermeister Feldmann will sich zwar aus seinem Amt zurückziehen, aber nicht zurücktreten. Möglich sei nur eine Abwahl oder die Versetzung in den Ruhestand, erklärte er. Die Fraktionen im Römer reagieren unterschiedlich.

Videobeitrag

Video

Feldmann erläutert Rückzugspläne

hessenschau vom 08.07.2022
Ende des Videobeitrags

Der unter Korruptionsvorwürfen stehende Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) hat sich am Freitag zu seinem am Dienstag nur schriftlich angekündigten Rückzug geäußert. Es gebe zwei Wege: vorgezogener Ruhestand oder Abwahl, sagte Feldmann. Er habe zwei Schreiben aufgesetzt, die er in der kommenden Woche seinem Notar übergeben werde. Zu diesem Schritt sei er nicht aufgefordert worden, betonte Feldmann. Er selbst wolle es so. Ziel sei der 31. Januar, "egal in welchem Verfahren und mit welchen Maßstäben".

Im Frankfurter Römer regiert ein Bündnis aus Grünen, SPD, FDP und Volt. SPD-Vorsitzender Mike Josef sprach nach Feldmanns Erklärung von einer richtigen Entscheidung. Er sagte: "Es gibt jetzt Klarheit, insbesondere für die Stadt und wie es mit der Stadt weitergeht ab Januar." Volt-Fraktionsvorsitzender Martin Huber sagte: "Die Ankündigung, den Weg frei für einen Neuanfang zu machen, ist ein Schritt in die richtige Richtung und eine Erleichterung für Frankfurt."

FDP fordert Feldmann zur Zurückhaltung auf

Grünen-Fraktionsvorsitzender Dimitrios Bakakis sagte: "Ich hätte mir heute gewünscht, dass er mit sofortiger Wirkung sein Amt zur Verfügung stellt." Linken-Fraktionsvorsitzender Michael Müller kritisierte: Die Frage, warum Feldmann erst Ende Januar aus dem Amt scheiden wolle, "hat er heute nicht richtig beantwortet".

Die CDU teilte mit, sie halte Feldmanns angestrebten Plan auszuscheiden für nicht überzeugend. "Natürlich ist jeder weitere Monat im Amt auch ein weiterer Monat, in dem die vollen Bezüge gezahlt werden", sagte Fraktionsvorsitzender Nils Kößler. Offene Fragen gab es bei den Fraktionen darüber, wie der Oberbürgermeister seinen Job bis Januar ausüben will. Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Yanki Pürsün, forderte Feldmann auf, bis zum Ende seiner Amtszeit Zurückhaltung zu üben.

Kürzungen bei Rücktritt

Feldmann hatte mittags zu einer Pressekonferenz in den Frankfurter Römer geladen. Von einem Antrag auf Entlassung, den er selbst jederzeit stellen könnte und in den die Stadtverordneten nicht involviert wären, sprach er nicht. Der freiwillige Rücktritt würde spürbare Kürzungen bei seinen Versorgungsansprüchen nach sich ziehen.

Videobeitrag

Video

Feldmann-Pressekonferenz in voller Länge: "Flucht ist nicht das, was ich will"

Peter Feldmann sitzt an einem langen Tisch, um ihn herum sind mehrere bunte Mikrofone. Menschen stehen und sitzen um ihn herum.
Ende des Videobeitrags

Gleichzeitig sagte Feldmann: "Finanzielle Erwägungen spielen keine Rolle." Ob die sechs Monate bis Januar bei der Pension einen Unterschied machten, habe er nicht einmal ausrechnen lassen, betonte der SPD-Politiker.

OB sieht keinen Zusammenhang zu Strafprozess-Terminierung

"Flucht ist nicht das, was ich will", sagte Feldmann auf die Frage, warum er sich nicht sofort zurückziehe. Er habe vor nichts zu fliehen. "Die Fraktionen haben trotzdem das Recht, mich nächste Woche abzuwählen." Eine mögliche Abwahl werde er ebenfalls zum 31. Januar annehmen.

Der Termin sei bei Gesprächen mit den Fraktionsspitzen im Römer mehrfach ins Spiel gebracht worden. Dabei sei der Wunsch geäußert worden, das öffentlich zu verkünden - was er dann am Dienstag mit seiner Rückzugsankündigung getan habe. Auf Nachfrage sagte der Oberbürgermeister, zwischen der Ankündigung des Gerichts vom Mittwoch, am 18. Oktober den Strafprozess wegen Vorteilsannahme gegen ihn zu beginnen, und seiner Rückzugsankündigung am Dienstag bestehe kein zeitlicher Zusammenhang. Er sei "fest überzeugt, nicht korrupt oder schuldig in dem Sinne" zu sein, betonte Feldmann erneut.

Zweidrittelmehrheit des Parlaments notwendig

Mit vorgezogenem Ruhestand ist die Versetzung in den Ruhestand "aus besonderen Gründen" nach Paragraf 76a der Hessischen Gemeindeordnung gemeint. Diesen kann Feldmann mit der Begründung beantragen, dass ihm das für die Amtsführung erforderliche Vertrauen nicht mehr entgegengebracht wird.

Die Versetzung würde den 63-Jährigen kaum etwas von seinen Ruhestandsbezügen kosten. Ähnlich wäre es auch bei dem von dem Ruhestandsantrag unabhängigen Abwahlverfahren durch die Stadtverordneten. Sowohl für die Versetzung in den Ruhestand als auch für die Abwahl ist eine Zweidrittelmehrheit des Parlaments notwendig. Danach müssen die Wahlberechtigten in Frankfurt mehrheitlich für die Abwahl stimmen. Damit das Ergebnis zählt, müssen mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten abstimmen.

Feldmann spricht von schwerem Entschluss

Er wolle ein "geordnetes Haus übergeben", betonte Feldmann am Freitag erneut. Der Entschluss, sich zurückzuziehen, sei ihm sehr schwer gefallen. Er habe lange mit sich gerungen. Während seiner Dienstreise nach Vietnam in den vergangenen Tagen habe er Abstand zu der Situation bekommen. Bei der Pressekonferenz sagte er mehrfach, wie schwer es ihm falle loszulassen. "Oberbürgermeister ist man ganz oder gar nicht." Es sei eine Rolle, "für die man brennen muss".

Detailliert zählte er seine Errungenschaften seit seinem Amtsantritt. Feldmann war erstmals 2012 zum Oberbürgermeister gewählt und 2018 für weitere sechs Jahre in seinem Amt bestätigt worden. Seine zweite Amtszeit würde regulär am 1. Juli 2024 enden.

"Wenn ich sage, ich hör' auf, dann höre ich auf"

Der Druck auf Feldmann war in den vergangenen Wochen und Monaten immer größer geworden. Er steht zum einen wegen der AWO-Affäre in der Kritik. Die Staatsanwaltschaft hatte im März Anklage erhoben. Das Landgericht hat die Anklage inzwischen zugelassen. Feldmanns Frau habe als Leiterin einer AWO-Kita "ohne sachlichen Grund" ein übertarifliches Gehalt bezogen, hieß es.

Zudem soll die AWO Feldmann im Wahlkampf 2018 durch Einwerbung von Spenden unterstützt haben. Im Gegenzug habe er die Interessen der AWO Frankfurt "wohlwollend berücksichtigen" wollen. Zum anderen hatte sich der 63-Jährige rund um das Europapokal-Finalspiel der Eintracht und die Siegesfeier mehrere Fehltritte geleistet und für Irritationen gesorgt. So zeigte beispielsweise ein Video, wie er sich sexistisch gegenüber Flugbegleiterinnen äußerte.

Feldmann erklärte am Freitag zu Spekulationen, er könne nach einem möglichen Freispruch im Korruptionsprozess gegen ihn einen Rückzug vom Rückzug machen: "Wenn ich sage, ich hör' auf, dann höre ich auf."

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen
Formular

hessenschau update - Der Newsletter für Hessen

Hier können Sie sich für das hessenschau update anmelden. Der Newsletter erscheint von Montag bis Freitag und hält Sie über alles Wichtige, was in Hessen passiert, auf dem Laufenden. Sie können den Newsletter jederzeit wieder abbstellen. Hier erfahren Sie mehr.

* Pflichtfeld

Ende des Formulars