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Landkreis will Energiemanager wegen Scheinreferenden freistellen

Eine Frau wirft einen Wahlzettel in eine Wahlurne.

Der Landkreis Waldeck-Frankenberg will, dass der Geschäftsführer des kommunalen Energieversorgers von seinen Aufgaben freigestellt wird. Damit reagiert der Kreis darauf, dass der Energiemanager auf Einladung Russlands als "Wahlbeobachter" zu den Scheinreferenden in die Ukraine gereist war.

Weil er als "Wahlbeobachter" die Scheinreferenden in russisch besetzten Gebieten der Ostukraine begleitet, soll der Geschäftsführer des nordhessischen Versorgers Energie Waldeck-Frankenberg (EWF), Stefan Schaller, von seinen Aufgaben freigestellt werden. Das fordert der Landkreis, wie er am Samstag mitteilte.

"Unverzügliche Freistellung"

Ältestenrat und Kreisausschuss waren am Samstag zu einer dringlichen Sondersitzung zusammengekommen. "Die breite Mehrheit der Gremienmitglieder, bis auf die AfD, hat sich in der heutigen sehr kurzfristig anberaumten Sitzung für eine unverzügliche Freistellung des Geschäftsführers ausgesprochen", sagte Landrat Jürgen van der Horst (unabhängig). Van der Horst ist auch Aufsichtsratsvorsitzender der EWF.

Der kommunale Versorger EWF beschäftigt etwa 380 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und betreibt neben der Energieversorgung auch den örtlichen Nahverkehr sowie Schwimmbäder.

Die Mehrheit an dem Energieversorger hält mit 51,8 Prozent der "Zweckverband Energie Waldeck-Frankenberg", der wiederum ein Zusammenschluss von rund 20 nordhessischen Kommunen ist. Die meisten Anteile an dem Zweckverband gehören dem Landkreis Waldeck-Frankenberg (73,6 Prozent) und der Stadt Korbach (10,2 Prozent).

Ukrainischer Botschafter kündigt Strafverfahren an

Endgültig entscheiden über die Zukunft des Geschäftsführers soll am Montag der Aufsichtsrat des kommunalen Energieversorgers. Schaller selbst äußerte sich bislang öffentlich nicht zu der Entscheidung, bat wegen der drohenden Freistellung aber um Verständnis, "dass ich die Diskussion in den Gremien zuerst führen muss", wie der Spiegel berichtete.

Andrji Melnyk, ukrainischer Botschafter in Deutschland, kündigte auf Twitter Konsequenzen für Schaller an. "In der Ukraine wird ein Strafverfahren gegen diese Person eingeleitet." Er forderte auch den sofortigen Rausschmiss von Schaller als Geschäftsführer des Energieversorgers.

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Schaller zu russischen Medien: "Wahlen sehr gut organisiert"

Schaller war als "Wahlbeobachter" zum russischen Scheinreferendum in die Ukraine gereist. Das teilte die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass mit. Schaller sei von den Russen eingeladen worden, um die Wahlen zu überwachen, hieß es weiter.

"Ich denke, die Wahlen sind sehr transparent und sehr gut organisiert", sagte Schaller auf Englisch in einem Interview mit der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti, das auf Telegram veröffentlicht wurde.

Auf die Nachfrage, inwiefern er über seine Beobachtungen berichten werde, sagte Schaller, er habe Kontakt zu einigen Tageszeitungen und er werde es ihnen erzählen.

Gefahr der Instrumentalisierung eingeräumt

Schaller hatte sein Engagement laut der Zeitung HNA damit begründet, dass er sich "vor Ort ein Bild von der Situation" habe machen wollen. "Auch weil ich glaube, dass objektive Informationen nie falsch sein können." Sein Aufenthalt habe nichts mit seiner Funktion als Geschäftsführer des Energieversorgers zu tun: "Das ist rein privat, ich habe dafür Urlaub genommen."

Er räumte ein, dass er sich der Gefahr bewusst sei, von der russischen Seite instrumentalisiert zu werden. Er bemühe sich jedoch "immer um Fakten und nicht um politische Bewertungen", sagte Schaller der HNA. Er wisse aber, "dass ich nur das zu sehen bekomme, was ich sehen soll". Ihm sei klar, dass das Ergebnis der Referenden vom Kreml vorgegeben werde.

Weitere Informationen

Was ist das Scheinreferendum?

Russland will mit der Abstimmung ukrainische Regionen zu Teilen der Russischen Föderation machen. Die Einwohnerinnen und Einwohner der Gebiete um Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja sollen bis Dienstag ihre Stimmen abgeben. Gefragt werden sie einfach, ob ihre Gebiete an Russland angeschlossen werden sollen. Aufgrund von Repressalien wird mit einem mehrheitlichen "Ja" bei den bis Dienstag laufenden Referenden gerechnet.

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