Die Hessen-CDU soll eigentlich "jünger, bunter, weiblicher" werden. "Jünger und geiler" will es ein Song, den der Parteinachwuchs auf seinem Landestag spielte. Die JU findet's spaßig, die Konkurrenz sexistisch - und die CDU-Frauen haben Gesprächsbedarf.

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Ballermann-Song - Kritik an Junger Union

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Der Landesvorsitzende Sebastian Sommer hat vom Vorabend noch einen Ohrwurm, wie er am Ende des zweitägigen Landestags der Jungen Union (JU) Hessen in Baunatal (Kassel) sagt. Beim großen Finale des CDU-Parteinachwuchses läuft der Hit dann noch einmal. Sommer klatscht fröhlich mit - und das alles sorgt nun, zwei Wochen später, für Diskussionen. Und für Kritik an der Jungen Union, sie sei sexistisch.

Ausgelöst hat das ein Tweet der Konkurrenz vom Nachwuchs der hessischen SPD. Juso-Landeschefin Sophie Frühwald teilte einen kurzen Clip auf Twitter. Während der klatschende JU-Chef Parteitagshelfer auf die Bühne bittet, bollert durch die Lautsprecher: "Ich hab 'nen Puff, und meine Puffmama heißt Layla, sie ist schöner, jünger, geiler, la-la-la-la-la-la-la-Layla …"

Ironischer Kommentar der Juso-Frau aus Marburg auf Twitter: Der JU liege Frauenförderung eben am Herzen. "Da ist man sich nicht mal zu schade auf der Bühne blanken Sexismus zur Schau zu stellen."

Der Jungen Union #Hessen liegt die Förderung von Frauen am Herzen. Oder so… Da ist man sich nicht mal zu schade auf der Bühne blanken #Sexismus zur Schau zu stellen. Nächster Höhepunkt einer unendlichen Geschichte…

[zum Tweet mit Bild]

Alles eine Frage des Geschmacks?

Ihr Amtskollege vom CDU-Nachwuchs kann die Aufregung kein bisschen verstehen, die sich auch in einer gereizten Twitter-Debatte niederschlug. Motto: Ein bisschen Spaß muss sein, wenn zuvor harte politische Arbeit geleistet wurde.

"Musikgeschmäcker waren schon immer verschieden", teilte Sommer dem hr auf Anfrage mit. Der Ausschnitt auf Twitter zeige gerade einmal "eine Minute der zweitägigen Veranstaltung mit mehreren Stunden Antragsberatung". Außerdem halte die JU daran fest, "dass neben der Arbeit bei uns auch das Feiern nicht zu kurz kommt".

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Hier feiert die Junge Union die "geile Layla"

Screenshot eines YouTube-Videos, in welchem jungen Menschen auf einer Bühne stehen und singen und klatschen.
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Jusos-Chefin als "Sittenpolizei"

JU-Kritikerin Frühwald selbst bekam auf Twitter einiges ab. Sie spiele "Sittenpolizei", warf ihr Christian Natterer vor, ein früherer CDU-Bundestagsabgeordneter aus Baden-Württemberg. Die nachträgliche Spaßbremse einer JU-Party will Frühwald nach eigenem Bekunden aber gar nicht spielen.

Party zu machen auf einem Parteitag, hält sie vielmehr für "völlig legitim". Auch die JU-Mitglieder verbrächten ja ihre Freizeit damit, sich politisch einzubringen. "Aber muss man das mit Liedern machen, die Frauen degradieren?", lautet Frühwalds rhetorische Frage.

Sie denkt dabei an weitere eingängige Zeilen aus dem Lied wie "die schöne Layla, die geile Layla, das Luder Layla, unsre Layla" oder "Ich ging in den Laden, und schon stand sie da, geile Figur, blondes Haar". Das zu spielen, sollte sich laut Frühwald jede Nachwuchsorganisation einer Partei verkneifen - erst recht, wenn diese Partei wie in Hessen das Bundesland regiere.

Frauen-Union hat Gesprächsbedarf

Das Video zeigt: Es standen auch einige junge Frauen auf der JU-Bühne, als der Song lief. Die wenigsten klatschten mit, richtig fröhlich sah kaum eine aus. Anfragen von hessenschau.de an mehrere Teilnehmerinnen des Landestags blieben bis Mittwochabend allerdings unbeantwortet. Spaß oder Sexismus? Auch von der Hessen-CDU kam dazu nichts.

Einzig die Frauen-Union der Landespartei reagierte in wenigen Zeilen auf Anfrage. Die Landesvorsitzende Diana Stolz, die selbst nicht beim JU-Landestag war, teilte mit: "Wir werden Gespräche dazu führen. Ich bitte um Verständnis, dass ich diesen öffentlich nicht vorgreifen werde". Das klingt nicht, als hätten sich die CDU-Frauen bei der Sichtung des Mitschnitts köstlich amüsiert.

"Daddy Cool" für Bouffier

Der Sexismus-Streit fällt in eine besondere Zeit für die hessische Union: Am übernächsten Wochenende soll der neue Ministerpräsident Boris Rhein den Vorsitz der Hessen-CDU von Volker Bouffier übernehmen, den er bereits als Regierungschef beerbte. Beide waren zu Gast beim JU-Landestag. Als sie auf die Bühne kamen, war von der "geilen Leyla" freilich nichts zu hören. Zu "Can't Stop" von den Red Hot Chili Peppers trat Rhein auf, "Daddy Cool" von Boney M. lief bei Bouffier.

Der designierte Parteichef Rhein hat der hessischen Union einen Kurs der Modernisierung verordnet. "Jünger, bunter, weiblicher" soll sie werden, von "jünger und geiler" war nicht die Rede. Der Frauenanteil in der CDU Hessens liegt nach Angaben der Partei bei 27 Prozent. In der Jungen Union ist er mit knapp 31 Prozent etwas höher.

Nur Männer in der JU-Spitze

In führenden Positionen sind Mädchen und Frauen in der JU Hessen allerdings nicht. Der engere, fünfköpfige Vorstand besteht jedenfalls nur aus jungen Männern. Die ersten Frauen findet man auf der Referenten-Ebene. In einem Interview vor dem Landestag hatte JU-Chef Sommer gegenüber hessenschau.de eingeräumt, es gebe noch Nachholbedarf.

Allerdings seien durchaus Frauen in wichtigen Positionen und die Lage immerhin besser als in der Mutterpartei. Eine Frauenquote, wie sie derzeit in der Bundespartei diskutiert wird, lehnte Sommer im Interview ebenso ab wie eine Doppelspitze für die Hessen-JU. Wörtlich sagte er: "In der Union steht immer die Frage der Kompetenz an erster Stelle, dann folgen Fragen wie Alter und Geschlecht."

Internationale statt "geile Layla"

Die Konkurrenz von den Jusos sieht den "Layla"-Vorfall dagegen in der Kontinuität eines Jung-Männervereins mit Neigung zur Frauenfeindlichkeit. Vom "nächsten Höhepunkt einer unendlichen Geschichte" spricht die Landesvorsitzende Frühwald. Auf den Musikgeschmack der Jusos angesprochen, sagt sie: "Wir setzen Musik viel weniger ein als die Junge Union." Und am Ende der Juso-Versammlungen ist der Kampfhit der Arbeiterbewegung gesetzt: "Bei uns läuft die Internationale."

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