AWO-Logo und Geldscheine daneben.

Nun gibt es also auch eine Summe: Um mehr als zwei Millionen Euro soll die alte AWO-Führung die Stadt Frankfurt betrogen haben. Die neue AWO-Führung zieht Konsequenzen und schmeißt die Leiterin der Finanzbuchhaltung raus.

Die Frankfurter Staatsanwälte sind bei ihren Ermittlungen zur AWO-Affäre offenbar ein gutes Stück vorangekommen: In einem Schreiben an die AWO-Leitung, das dem Hessischen Rundfunk (hr) vorliegt, beziffern sie erstmals den Schaden, den die ehemalige AWO-Führung um das Ehepaar Richter mit Falschabrechnungen für zwei Flüchtlingsheime verursacht haben soll.

Gericht muss entscheiden, ob das Geld eingezogen werden kann

Die AWO soll der Stadt über mehrere Jahre Dienstleistungen für die Betreuung von Flüchtlingen in Rechnung gestellt haben, die sie nicht erbracht hat. Dazu seien Personal-Listen manipuliert, Ehrenamtspauschalen erfunden und angeblich Sportkurse für Geflüchtete angeboten, aber nie abgehalten worden sein.

Nach Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen kann die Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben nun die genaue Schadenshöhe benennen. Demnach hat die AWO für das Heim in der Gutleutstraße 1.952.562 Euro zu viel kassiert. Das Heim am Poloplatz schlägt mit 399.459 Euro zubuche. Insgesamt wären der Stadt somit 2.352.021 Euro Schaden entstanden. Diesen Betrag will sie demnächst von der AWO einziehen. Dazu könnten Konten gepfändet oder Sachwerte beschlagnahmt werden. Die Entscheidung, ob dem Antrag auf Einziehung stattgegeben wird, fällt ein Gericht.

Mitarbeiterin fristlos entlassen

Damit steht dem AWO Kreisverband Frankfurt erneut eine erhebliche finanzielle Belastung ins Haus. Erst vor kurzem hatte der hr berichtet, dass die Finanzbehörden mehrere hunderttausend Euro Steuern für die Jahre 2014 bis 2017 zurückfordern, weil sie dem Verband die Gemeinnützigkeit entzogen haben.

Mitglieder des Verbands hatten dem neuen Präsidium um Petra Rossbrey in den letzten Monaten vorgeworfen, die Betrügereien rund um die Flüchtlingsheime nicht wirklich aufklären zu wollen. Der Vorwurf der Untätigkeit wurde in mehreren internen Mails erhoben, die dem hr vorliegen. Darin hieß es, dass Mitarbeiter, die bei der AWO an den Betrügereien beteiligt gewesen seien, weiter ihre Jobs behalten durften.

Offenbar ändert die AWO angesichts der Daumenschrauben, die die Staatsanwaltschaft angezogen hat, nun ihren Kurs. Nach hr-Informationen wurde am Dienstag eine hochrangige Mitarbeiterin der Finanzbuchhaltung fristlos entlassen. Am Mittag wurde sie von ihrem Arbeitsplatz von zwei AWO-Angestellten nach draußen begleitet.

AWO: "Betrag ist deutlich niedriger"

Der neue AWO-Vorstandsvorsitzende Steffen Krollmann bestätigt dem hr die Höhe der angekündigten Einziehung von 2,3 Millionen Euro. "Die Staatsanwaltschaft muss belegen, dass die Höhe der Forderung gerechtfertigt ist", so Krollmann. Er bezweifele, dass der Schaden so hoch sei. "Der Betrag, über den wir uns mit der Stadt streiten, liegt weit darunter". Zur genauen Höhe dieser Summe machte er keine Angaben.

Auch das Frankfurter Sozialdezernat hüllt sich darüber in Schweigen. In einer Antwort an den hr ist nicht von "Streit" die Rede, sondern lediglich von "Gesprächen", die man mit der AWO über die Regulierung des Schadens führe. Diese seien aber noch nicht abgeschlossen.

FDP kritisiert Sozialdezernentin

"Ein unglaublicher Vorgang", empört sich der Stadtverordnete Yanki Pürsün (FDP), "dass die verantwortliche Dezernentin vier Jahre nachdem die ersten behördeninternen Hinweise auf Abrechnungsbetrug bekannt geworden sind immer noch nicht sagen kann, wie viel Geld der öffentlichen Hand zu Unrecht entzogen wurde".

Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU) hatte die Verträge mit der AWO 2018 stillschweigend gekündigt und später als Grund dafür eine "konzeptionelle Neuausrichtung" angegeben. Dass sie damals die wahren Gründe verschleiert hatte, bedauerte sie später als Fehler.

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