Akten aus dem NSU-Prozess

Warum werden die hessischen NSU-Akten für 30 Jahre geheim gehalten? Darüber streitet sich der Landtag seit Monaten. Jetzt soll ein früherer Staatssekretär die Akten neu prüfen - für die Opposition ein Ablenkungsmanöver.

Im Streit um die als geheim eingestuften hessischen NSU-Akten hat die schwarz-grüne Landesregierung vorgeschlagen, dass der frühere Justizstaatssekretär Rudolf Kriszeleit (FDP) dazugeholt wird. Er solle die Berichte sichten und dabei die Fragestellungen aus der Petition miteinbeziehen, die die Freigabe der Akten fordert. Man gehe damit klar auf die Initiatoren der Petition zu, so CDU und Grüne am Donnerstag.

Die Initiatoren der Petition erhoffen sich durch die Freigabe neue Erkenntnisse über die Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) und mögliche Verbindungen zum Mord an Kassels Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU). Hauptsächlich geht es um zwei Berichte des Landesamtes für Verfassungsschutz aus den Jahren 2013 und 2014.

Beuth: Kontrollgremium hat Einsicht

Innenminister Peter Beuth (CDU) lehnt die Freigabe mit Verweis auf die Arbeit der Sicherheitsbehörden ab. In einer Debatte im vergangenen Jahr hatte er darauf verwiesen, dass das zuständige Parlamentarische Kontrollgremium vollumfängliche Akteneinsichtsrechte besitze und jederzeit sämtliche Informationen des Verfassungsschutzes einsehen könne.

Die Petition wurde nach der Debatte vom Landtag an die Landesregierung überwiesen. Sie sollte prüfen, wie man der Petition entgegenkommen kann, obwohl dies laut geltender Rechtslage nicht möglich ist.

Linke: Placebo-Pille, SPD: Spiel auf Zeit

Die Linksfraktion kritisierte das Vorhaben. Es dränge sich der Eindruck auf, dass sich die Landesregierung und die Regierungsfraktionen hinter einem Sachverständigen verstecken wollten. Dieser werde jedoch "absehbar nichts Wesentliches zur Aufklärung beitragen und dem Anliegen der Petition nicht gerecht", sagte Fraktionschefin Elisabeth Kula. "Es handelt sich vielmehr um eine Placebo-Pille für 135.000 Menschen, die die Petition unterschrieben haben."

Die SPD sprach von einem Spiel auf Zeit. Es stelle sich die Frage, welche neuen Erkenntnisse der Ex-Justizstaatssekretär gewinnen wolle, sagte Fraktionschef Günter Rudolph. Er warf Schwarz-Grün vor, "sich so lange wie möglich vor einer Entscheidung über die Offenlegung der NSU-Berichte" zu drücken.

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NSU

Als "NSU" hatten sich die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bezeichnet, die zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen ermordeten: acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. Ihre Mittäterin Beate Zschäpe wurde 2018 verurteilt. Mundlos und Bönhardt hatten sich selbst getötet

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