Wohnraum dringend gesucht Turnhallen werden zu Anlaufstellen für Geflüchtete aus Ukraine
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Turnhalle in Dautphetal wird zur Flüchtlingsunterkunft

Immer mehr Menschen aus der Ukraine suchen Zuflucht in Hessen, die keine persönlichen Verbindungen vor Ort haben. Das Land sucht dringend Wohnraum. In vier Kommunen werden derzeit Turnhallen mit Notbetten ausgestattet.
Rund um die Hinterlandhalle in Dautphetal (Marburg-Biedenkopf) herrscht am Freitag reger Verkehr. Allerdings reisen keine Sportvereine oder Konzertbesucher an, sondern Mitarbeiter vom Technischen Hilfswerk (THW) und von der Feuerwehr. Ihre Lastwagen bringen Kisten voller Handtücher, Zelte und Absperrungen. In der Halle verlegen Mitarbeiter bereits einen neuen Boden, die ersten Zelte stehen.
Vier hessische Landkreise haben vor wenigen Tagen den Einsatzbefehl vom Land bekommen, sich bis zum Wochenende auf jeweils 1.000 Geflüchtete aus der Ukraine einzustellen. In den Kreisen Marburg-Biedenkopf, Wetterau, Vogelsberg und Hochtaunus sowie in Frankfurt werden seitdem eilig Notunterkünfte errichtet, hauptsächlich in Sporthallen.
Menschen, die ohne persönliche Kontakte kommen
Zuständig für die Erstaufnahmen von Flüchtlingen in Hessen ist das Gießener Regierungspräsidium (RP). Regierungspräsident Christoph Ullrich war am Freitag vor Ort beim Aufbau in der Hinterlandhalle dabei. "Der Zustrom an Menschen aus der Ukraine nach Hessen ist unvermindert und sehr groß", sagt Ullrich. "Wir gehen davon aus, dass am Wochenende sehr viele Menschen nach Hessen kommen werden."
Genaue Zahlen darüber, wie viele Menschen aus der Ukraine bisher nach Hessen geflüchtet sind, gibt es nicht. Deutschlandweite Schätzungen beliefen sich am Freitagmorgen auf über 100.000.
Ende der weiteren InformationenAnfangs seien die meisten Geflüchtete über eigene Kontakte, Hilfsorganisationen oder Kirchen privat untergekommen. "Wir bekommen nun Rückmeldungen aus den Lagezentren, dass in Berlin und den angrenzenden Bundesländern sehr viele Menschen ankommen, die keine persönliche Kontakte vor Ort haben." Man wolle die anderen Bundesländer damit nicht alleine lassen.

Wohnraum dringend gesucht
In der Hinterlandhalle soll Platz für rund 250 Menschen sein. Marburg-Biedenkopfs Erster Kreisbeigeordneter Marian Zachow (CDU) sagt: "Wir versuchen alles, um diese kurze Zeit in der Notunterbringung so erträglich wie möglich zu machen." Für ein Minimum an Privatsphäre werden in der Halle mehrere Katastrophenschutz-Zelte mit Pritschen aufgebaut. Draußen soll es ein Verpflegungszelt und Container mit Toiletten und Duschen geben.
Zachow sagt: "Unser Ziel ist, dass das wirklich nur eine Art Drehscheibe mit kurzer Verweildauer ist und die Menschen schnellstmöglich in die Landkreise zugewiesen werden." Man suche deshalb mit Hochdruck Räume vor Ort. "Wer Wohnraum vermieten kann, soll sich bitte per Mail oder telefonisch an den Landkreis wenden."
Bouffier fordert Koordinierung vom Bund
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zeigt sich angetan von der Hilfsbereitschaft der Menschen in ganz Deutschland. Dennoch müsse Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit ihren Behörden bei der Registrierung und Unterbringung der Flüchtlinge mehr tun. "Ich wünsche mir mehr Engagement und deutliche Koordination durch die Bundesregierung", erklärte Bouffier.
Ende der weiteren Informationen"Gehofft, dass wir diese Verhältnisse nicht mehr wiederbekommen"
Neben der Unterbringungsproblematik sieht es Zachow als größte Herausforderung, mit den psychischen Belastungen und Ängsten umzugehen, die viele aufgrund ihrer traumatischen Fluchterfahrung nun mitbringen. In der Hinterlandhalle soll es einen psychosozialen Dienst geben. Auch für Spielmöglichkeiten für die Kinder soll gesorgt werden.

Christoph Ullrich ist seit 2015 Regierungspräsident, er begann zum Höhepunkt der damaligen Flüchtlingskrise. Mit Blick auf die Notbetten sagt er nun: "Ich habe gehofft, dass wir diese Verhältnisse nicht mehr wiederbekommen, leider haben wir sie wieder." Er glaube aber, dass man in Hessen gut aufgestellt sei, um das bewältigen zu können.