Gingen schon zusammen zur Schule: Die Bürgermeister Timo Georg (Schwalmtal), Stephan Paule (Alsfeld) und der frisch gewählte Hauke Schmehl aus Romdrod (von links).

Die Bürgermeister aus Schwalmtal, Alsfeld und Romrod verbindet nicht nur die Politik im Vogelsberg: Alle drei sind vor 25 Jahren gemeinsam zur Schule gegangen. Ein Gespräch über Kanzler-Ambitionen, wilde Partys und "freiwilliges" Sitzenbleiben.

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Drei Bürgermeister aus dem Vogelsberg sind schon zusammen zur Schule gegangen

Gingen schon zusammen zur Schule: Die Bürgermeister Timo Georg (Schwalmtal), Stephan Paule (Alsfeld) und der frisch gewählte Hauke Schmehl aus Romdrod (von links).
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Bei diesem Treffen kommen vergessen geglaubte Jugendsünden auf den Tisch. Als die drei Bürgermeister aus dem Vogelsberg im Alsfelder Rathaus an diesem Dezember-Morgen zusammenkommen, geht es aber erstmal darum, den neuen Kollegen und alten Bekannten zu beglückwünschen.

Denn Kommunalpolitiker Hauke Schmehl (CDU) hat als frischgewählter Bürgermeister von Romrod nun ein besonderes Trio komplettiert. Der 45-Jährige wird ebenfalls Rathaus-Chef im Vogelsberg. Ende November gewann er die Wahl, Anfang April beginnt seine Amtszeit. Timo Georg (45) aus Schwalmtal und Gastgeber Stephan Paule (44) aus Alsfeld machen den Job hingegen schon ein paar Jahre. Die drei verbindet darüber hinaus ein prägender Lebensabschnitt.

"Ohne Rüssel geht es auch!"

Sie sind nämlich schon zusammen zur Schule gegangen, haben die Oberstufe der Albert-Schweitzer-Schule in Alsfeld besucht. Aus der Zeit stammen auch fragwürdige T-Shirts. Eins davon liegt an diesem Morgen als Reminiszenz ausgebreitet im Büro des Alsfelder Bürgermeisters. Da wird der Sitzungstisch zum Altar der Erinnerungen. Das Shirt sorgt für Lacher. Darauf abgebildet sind zwei Elefanten, die es miteinander treiben - gepaart mit dem Spruch: "Ohne Rüssel geht es auch!" Darunter steht Abi 96.

Abi 96? Da dürfte sich Hauke Schmehl (45) verschämt am Kopf kratzen. Bei ihm war es erst 1997 soweit. "Ich habe mir in der Oberstufe mehr Zeit gelassen." Der abgesackten Noten wegen habe er ein Jahr "freiwillig" wiederholt. "Ich habe in der Zeit das Leben zu sehr genossen", berichtet er.

Lieber Bürgermeister als Mord und Totschlag

Bürgermeister Hauke Schmehl aus Romrod (Vogelsberg)

Nach dem Abi in der Verlängerung absolvierte er ein Verwaltungsstudium bei der Polizei und bekam es später in Frankfurt und im Vogelsberg mit ganz harten Fällen zu tun: Sexualdelikte, Raub, Mord und Totschlag. Aktuell ist der Kriminalhauptkommissar stellvertretender Dienstellenleiter bei der Polizei in Lauterbach. Und bald Bürgermeister.

Das Trio blickt an diesem Morgen aber nicht nur auf seine Biografien. Alle drei zog es für die Karriere ins Rhein-Main-Gebiet - und Jahre später wegen der Heimatverbundenheit und dem Familienleben wieder zurück. Der Blick geht auch in die Abi-Zeitschrift, optisch gestaltet wie die das Telefonbuch der Gelben Seiten. Enthalten sind Steckbriefe der Schüler mit ihren zuweilen hochambitionierten Berufswünschen.

Einser-Abi und Bundeskanzler-Ambitionen

Bürgermeister Stephan Paule aus Alsfeld (Vogelsberg)

Den Alsfelder Bürgermeister Paule reizte eine Karriere als Jurist: "Ich wollte mal Richter werden." Oder Politiker. Aber die hessische Heimat hatte Paule dabei nicht im Blick. Schließlich liebäugelte er im jugendlichen Überschwang mit der großen politischen Bühne Berlin - und dort mit nichts geringerem als dem Job des Bundeskanzlers.

Aber mit dem VB statt des dicken Bs kann der Musterschüler (Abi-Note 1,0 - "Lernen fiel mir immer leicht") auch gut leben. Er ist glücklich mit seinem Werdegang: Im Kultusministerium in Wiesbaden war Paule als Regierungsdirektor zuständig für die Lehrerausbildung. Nun geht es ihm um die Bürger in einer Heimat. "Ziel ist es, mit seiner Arbeit das Leben der Menschen, für die man Verantwortung trägt, jeden Tag ein Stück besser zu machen", sagt Paule, der früher mal mit der SPD sympathisierte, dann aber die CDU bevorzugte und Historisches vollbrachte.

Im "roten Alsfeld" beendete er 41 Jahre SPD-Regentschaft und wurde 2013 Rathaus-Chef der 16.000-Einwohner-Stadt. Den Fernsehbeitrag von damals hat er noch heute zur Wiedervorlage auf dem Tablet. Und zeigt ihn natürlich gern grinsend den beiden Schulkollegen.

Von der Bundesbank ins Rathaus

Bürgermeister Timo Georg aus Schwalmtal (Vogelsberg)

Etwas länger in Amt und Würden ist Timo Georg (45). Doch auch bei ihm deutete erstmal nichts auf die Kommunalpolitik hin. Der - im Vergleich zu Paule - etwas schlechtere Musterschüler (Abi-Note 1,4) arbeitete in Frankfurt als Bundesbankdirektor. Das Landleben mit der Familie zog ihn aber wieder zurück.

Seit 2012 ist Georg Bürgermeister von Schwalmtal, einer 3.000 Einwohner zählenden Gemeinde direkt neben dem ebenso großen Romrod. Die beiden Kommunen bilden unter anderen auch eine Verwaltungsgemeinschaft. So arbeiten Georg und Schmehl bald direkt zusammen.

Georg aber unterscheidet von den beiden anderen: Er behauptet sich als parteiloser Politiker. Er könne sich mit Positionen einiger Parteien anfreunden, es gebe Berührungspunkte zu CDU und SPD, aber er könne halt auch nicht alles mittragen. Ihm missfalle im politischen Alltag besonders das Verhaltensmuster der reflexhaften Schuldzuweisungen im Konkurrenzkampf der Parteien. "Das geht mir ab."

Kollateralschäden bei Abi-Party

In anderer Hinsicht behaupten musste sich Georg bei einer legendär eskalierten Abi-Party im November 1995 in Alsfeld. "Da war ich von Stephan, der alles organisiert hat, als Türsteher eingeteilt." Es wurde für beide eine ereignisreiche Nacht mit bösem Erwachen.

Es kamen 2.500 Menschen, Platz war aber nur für 700 Leute in der Sporthalle. Die Feuerwehr verfügte: Einlasstopp. Georg musste draußen die drückende Menge unter Kontrolle halten, während Paule drinnen Einnahmen ("bündelweise Geld") in Sicherheit brachte. Vor der Halle kam es zu Auseinandersetzungen, es flogen Flaschen und Fäuste. Skinheads machten Stunk. Andere Gruppen auch. Polizei-Notrufe wurden abgesetzt.

Am nächsten Morgen gab es Kollateralschäden im Umfeld des Veranstaltungsortes zu beklagen: ein demoliertes Handballtor, eine wie durchschossen wirkende Sicherheitsglasscheibe und einiges mehr. "Es waren schon große Schäden", gesteht Paule.

Aus den Party-Machern von einst sind Politik-Macher geworden. Paule und Georg haben als Rathaus-Chefs ihre "Traum-Jobs" gefunden, wie sie sagen. Auch Schmehl ist zuversichtlich, die richtige Wahl getroffen zu haben. "Wenn ich für die Menschen in meiner Heimat etwas bewegen kann, hat es sich gelohnt."

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