In einem Testzentrum nimmt eine Mitarbeiterin den Abstrich für einen Corona-Schnelltest. (dpa)

Während immer weniger Menschen in Hessen Corona-Schnelltests nutzen, steigen die Infektionszahlen rasant an. Zum Beginn dieser möglichen Sommerwelle droht nun eine Schließung der Testzentren.

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Corona-Sommerwelle: Infektionszahlen steigen trotz Hitze

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395, 419, 469, 641 – das sind die Sieben-Tage-Inzidenzwerte der vergangenen Tage in Hessen. Der Trend ist unschwer erkennbar. "Die Zahlen deuten darauf hin, dass wir eine Sommerwelle bekommen", sagt der Frankfurter Virologe Martin Stürmer. Grund dafür seien die neuen, hochansteckenden Omikron-Varianten BA.5 und BA.2.

"Jede Woche haben wir 60 bis 70 Prozent mehr Krankheitsfälle mit diesen neuen Varianten, während die Zahl der Infektionen mit den anderen Varianten zurückgeht", erklärt hr-Datenexperte Jan Eggers. Die Daten also unterstützen die These der drohenden Sommerwelle.

Entwicklung der Testungen ist in Hessen stark rückläufig

31.197, 17.988. 9.058 – das wiederum sind die Zahlen der Corona-Tests von März, April und Mai, die in Teststationen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Odenwaldkreis durchgeführt wurden. Sie stehen beispielhaft für den Trend, den das DRK Hessen auf hr-Anfrage vermeldet: Die Entwicklung der Testungen ist in Hessen sehr stark rückläufig.

Weitere Beispiele: In Frankfurt werden den Angaben zufolge aktuell etwa 40 Bürgertests pro Tag vom DRK durchgeführt – früher lag die Testanzahl im dreistelligen Bereich. Der DRK-Kreisverband Fulda hat Ende Mai sechs Testcenter geschlossen, betreibt noch acht Standorte in der Region. "Die Nachfrage nach Tests sank zuletzt auf etwa ein Viertel im Vergleich zu den Testungen während Spitzenzeiten", teilte eine Sprecherin mit.

Im Blindflug durch die Pandemie?

Die alte Gleichung aus den Anfängen der Corona-Pandemie also ergibt in Hessen gerade nicht mehr wirklich Sinn. Früher galt: Je mehr Tests, desto höher logischerweise die Zahl der positiven Tests und damit die Inzidenz. Jetzt gilt in Hessen: Weniger Tests, höhere Inzidenz.

"Wir testen momentan ein Drittel von dem, was wir in der Hochzeit der Pandemie getestet haben", sagte Virologe Stürmer. Die Zahlen seien daher weniger verlässlich und bildeten das reale Infektionsgeschehen deutlich schlechter ab. "Hinzu kommt, dass wir einen schlechteren Einblick in die Bildung von Varianten haben. Das heißt, wir sind nicht zeitnah gewarnt, wenn neue Varianten auftauchen."

Immerhin: Stürmer erwartet zwar, dass die Infektionszahlen weiter steigen - mit einer massiven Beeinträchtigung für unseren Alltag aber rechnet er nicht. Und auch das ist positiv anzumerken: Zwar nehmen die Inzidenzen wieder zu, doch die Intensivbettenbelegung bleibt in den vergangenen Wochen stabil niedrig. Um die 60 bis 70 Patientinnen und Patienten liegen aktuell mit einer Corona-Infektion auf Hessens Intensivstationen, invasiv beatmet werden derzeit um die 20 Menschen.

Dazu kommt die Frage: Wie geht es weiter mit dem Testen? Bei vielen Menschen scheint der Gedanke daran so weit weg, wie es inzwischen Lockdowns und Gastronomie-Schließungen sind. Doch tatsächlich gibt es noch immer etliche Testzentren. Deren Fortbestand hängt an der Corona-Testverordnung des Bundes, die aber Ende Juni ausläuft. Sprich: Keine weitere Testverordnung, keine vom Bund bezahlten Tests mehr.

"Mittlerweile drängt die Zeit"

Der Expertenrat der Bundesregierung empfiehlt, die Test-Strategie anzupassen und die bisher sehr intensive, aber breite und wenig gezielte Testung zu reduzieren. Dem schließt sich der Berufsverband der Akkreditierten Medizinischen Labore in Deutschland (ALM) an: "Anlasslose Bürgertests in Testzentren werden zum weiteren Pandemiemanagement nicht mehr benötigt", sagte Vorstandsmitglied Nina Beikert.

Der Laborverband drückt mit Blick auf die Zahlen dennoch aufs Tempo: "Mittlerweile drängt die Zeit. Wir können nicht länger warten und müssen jetzt die notwendigen Vorbereitungen treffen", sagt Michael Müller, der Vorsitzende des Verbands, mit Blick auf eine noch zu definierende Teststrategie für den Rest des Jahres.

Keine anlasslosen Bürgertests mehr?

Wie es weitergeht, hat die Bundesregierung 16 Tage vor dem Auslaufen der Test-Verordnung noch nicht verlauten lassen. "Die Entscheidung über eine weitere Verlängerung der Testverordnung und des Anspruchs auf Bürgertestungen sowie auf Testungen zur Verhütung der Verbreitung des Coronavirus befindet sich weiterhin innerhalb der Bundesregierung in der Abstimmung", teilte eine Sprecherin des Bundes dem hr am Dienstag auf Anfrage mit.

Klose wirbt weiter für Impfungen

Hessens Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) richtet den Fokus derweil abermals auf die Impfung gegen das Virus. Sie sei ein hochwirksames Instrument, um schwere Krankheitsverläufe oder Todesfälle zu verhindern, sagte Klose am Dienstag anlässlich der nationalen Impfkonferenz in Wiesbaden.

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Gesundheitsminister Klose rät weiter zum Impfen

Kai Klose mit FFP2-Maske im Gesicht
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