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Wiesbadener Sozialdezernent angeklagt

Wiesbadens Sozialdezernent Christoph Manjura (SPD)

Im Skandal um die Arbeiterwohlfahrt hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt Anklage wegen Beihilfe zur Untreue gegen Wiesbadens Sozialdezernenten Manjura (SPD) erhoben. Dieser zeigt sich erleichtert, dass ein anderer Vorwurf fallen gelassen wurde.

Die Ermittlungen dauerten über ein Jahr. Zweimal durchsuchten Beamte die Geschäftsräume der Wiesbadener Arbeiterwohlfahrt und die Wohnung des Wiesbadener Sozialdezernenten Christoph Manjura (SPD). Nun hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt gegen den 40-Jährigen Anklage wegen Beihilfe zur Untreue im besonders schweren Fall erhoben. Das teilte sie am Freitag mit.

Die Staatsanwaltschaft wirft Manjura Scheinbeschäftigung vor. Er soll im April 2015 mit der ehemaligen Geschäftsführerin des Wiesbadener AWO-Kreisverbands, Hannelore Richter, zwei Arbeitsverträge abgeschlossen haben.

Schaden von rund 100.000 Euro

Der eine bezog sich demnach auf eine Referententätigkeit für die Geschäftsführung des Kreisverbands und schlug für die AWO mit Arbeitgeberkosten von insgesamt mehr als 100.000 Euro zu Buche. Dabei habe Manjura "während seines rund zweijährigen Beschäftigungszeitraums nicht annähernd die geschuldete Arbeitsleistung von 30 Wochenstunden erbracht", heißt es in der Meldung der Staatsanwaltschaft. Wie Manjura selbst dem hr mitteilte, bekam er dafür monatlich rund 2.400 Euro netto.

Der zweite Arbeitsvertrag hätte, so die Generalstaatsanwaltschaft, eine geringfügige Beschäftigung als Betreuer in einem Altenpflegezentrum vorgesehen. Hier habe der Vergütung von insgesamt rund 9.400 Euro netto "keinerlei Arbeitsleistung des Angeschuldigten gegenübergestanden". Dem Förderverein des Altenheims sei dadurch ein Schaden von rund 12.000 Euro entstanden.

Keine Anklage wegen Mandatsträgerbestechlichkeit

Manjura habe sich stattdessen seiner zeitintensiven Tätigkeit in der Fraktion der Stadtverordnetenversammlung widmen sollen. Bei der ehemaligen Geschäftsführerin soll im Gegenzug die Erwartung bestanden haben, dass die Interessen des Verbandes dabei wohlwollend berücksichtigt würden.

Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Mandatsträgerbestechlichkeit hätten jedoch keinen Tatverdacht ergeben, der zu einer Anklageerhebung berechtige, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Es liege kein Nachweis dafür vor, dass der damalige Stadtverordnete in seinem Abstimmungsverhalten von den monatlichen Zahlungen der AWO beeinflusst worden sei.

Die Große Strafkammer des Landgerichts Wiesbaden wird nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden.

Vorwürfe wiederholt bestritten

Die Ermittlungen wegen einer möglichen Verletzung von Dienstgeheimnissen dauerten an. Manjura soll in seiner Funktion als Stadtrat von seiner privaten Mailadresse im April und Mai 2021 mehrere vertrauliche Dokumente der Stadt Wiesbaden an das Vorstandsmitglied verschickt haben. Zu diesem Zeitpunkt verhandelte der AWO-Kreisverband gerade mit der Stadt Wiesbaden über seine wirtschaftliche Existenz.

Manjura hatte in der Vergangenheit wiederholt bestritten, nur zum Schein bei der AWO angestellt gewesen zu sein. Vor seiner Zeit als Sozialdezernent hatte er für die SPD im Stadtparlament gesessen und gleichzeitig einen Job bei der AWO.

Wiesbadens OB Mende: Vorgang beschädigt Ansehen der Stadt

Not amused äußerte sich Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) am Freitagnachmittag. Die Erhebung einer öffentlichen Anklage gegen einen amtierenden Dezernenten der Landeshauptstadt sei ein schwerwiegender Schritt. "Der Vorgang beschädigt das Ansehen der Stadt. Deshalb werde ich Herrn Manjura ab sofort bis zur Entscheidung des Landgerichts nicht mehr mit der Vertretung des Oberbürgermeistes bei öffentlichen Terminen betrauen", so Mende.

Die FDP forderte die Wiesbadener Stadtregierung auf, für die Abwahl von Manjura zu sorgen. Der Fraktionsvorsitzende Christian Diers teilte mit: “Nach der heutigen Anklageerhebung ist es undenkbar, dass Christoph Manjura während der Anklage und des Gerichtsprozesses im Amt bleibt."

Manjura sieht sich in puncto Bestechlichkeit "vollumfänglich entlastet"

Dezernent Manjura ließ am Freitag eine hr-Anfrage von seinem Anwalt beantworten. Darin geht er auf den Vorwurf der Beihilfe zur Untreue, weswegen er nun angeklagt worden ist, mit Verweis auf das nicht-öffentliche Verfahren nicht weiter ein. Nur so viel: Die Anklage betreffe "keine Handlungen, die Herrn Manjura in seiner Eigenschaft als Stadtverordneter oder gar als Sozialdezernent vorgenommen hat oder auch nur haben soll". Es gehe um eine Anstellung bei der AWO, die lange vor Beginn der AWO-Affäre beendet worden sei.

Großen Wert legen Manjura und sein Anwalt darauf, dass die Generalstaatsanwaltschaft für den Verdacht der Bestechung von Mandatsträgern keinen Nachweis gefunden habe, der eine Anklage begründe. Es sei keine Handlung identifiziert worden, "die durch seine (Manjuras, d. Red.) Anstellung bei der AWO 'gekauft' worden sein könnte". Der Politiker sehe sich "von dem Vorwurf der Bestechlichkeit vollumfänglich entlastet".

Manjura zeigte sich deswegen äußerst erleichtert. "Der Vorwurf der Bestechlichkeit kratzt an der persönlichen Integrität eines jeden politisch tätigen Menschen", teilte er mit. Die Ermittlungen in den vergangenen Monaten seien daher sehr belastend für ihn und seine Familie gewesen.

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