Die Spieler von Darmstadt 98 bejubeln den Sieg gegen Braunschweig

Der SV Darmstadt 98 entfaltet gegen Eintracht Braunschweig wieder einmal eine ganz besondere Wucht und frisst den Gegner förmlich auf. Dass die Lilien auch fußballerisch unglaublich variabel sind, geht dabei fast schon unter.

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Highlights: Darmstadt – Braunschweig

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Als Braunschweigs Trainer Michael Schiele am Sonntagnachmittag die Gründe für die 1:2-Niederlage bei Darmstadt 98 auflistete, klang das fast wie eine Liebeserklärung an den Gegner. Statt seine eigene Mannschaft, die immerhin eine 1:0-Führung verspielt hatte, zu kritisieren, verneigte er sich lieber vor der Energieleistung der Lilien.

"Man weiß, was auf einen zukommt, wenn man hierherfährt. Viele Emotionen, die Zuschauer peitschen ihr Team nach vorne, wir mussten viel wegverteidigen", so Schiele. "Darmstadt hat eine brutale Qualität, sehr viel Dominanz, sehr viel Wucht." Tenor: Was hätten wir denn tun sollen?!

Lieberknecht spricht "richtig großes Lob" aus

Schieles Gegenüber Torsten Lieberknecht, der bei den Worten seines Widersachers andächtig und ohne sichtbare Reaktion gelauscht hatte, nahm die Glückwünsche gerne an und gab sie direkt an sein Team weiter. "Wir haben heute eine unglaubliche Willenskraft gezeigt", bekräftigte er. Rückstand gedreht, Zweitliga-Tabellenführung ausgebaut, nebenbei noch ein Zeichen der Stärke an die Konkurrenz geschickt. Viel mehr geht nicht: "Ich muss meinen Spielern ein richtig großes Lob aussprechen", so Lieberknecht.

Lilien lassen ihr Herz auf dem Platz

Die Lilien hatten zuvor wieder einmal allen Widerständen getrotzt und einen 0:1-Rückstand in einer dramatischen und spektakulären Schlussphase noch in einen Sieg gedreht. Matthias Honsak hatte zunächst ausgeglichen (82.), Phillip Tietz belohnte das Darmstädter Anrennen dann in der Nachspielzeit (90.+1) und machte den Wahnsinn perfekt. "Es ging heute viel um Mentalität und Emotionalität", fasste Matchwinner Tietz zusammen. "Wir haben unser Herz auf dem Platz gelassen und einmal mehr bewiesen, was wir für eine Mannschaft sind." Die Monster vom Böllenfalltor haben wieder zugeschlagen.

Noch bemerkenswerter wird die Leistung der Lilien bei einem Blick ins Lazarett. Die Darmstädter, die schon in der Hinserie massiv vom Verletzungspech gebeutelt waren, mussten auch gegen Braunschweig wieder einmal gleich eine ganze Reihe Leistungsträger ersetzen. Der designierte Abwehrchef Klaus Gjasula stand ebenso nicht zur Verfügung wie Stamm-Innenverteidiger Patric Pfeiffer oder Rechtsverteidiger Matthias Bader. Dass sich Stürmer Braydon Manu beim Warmmachen verletzte und kurzfristig passen musste, passte ins Bild. Geschenkt wird den Lilien nichts, glücklich sind am Ende meist trotzdem alle.

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Lieberknecht, der Mensch hinter dem Darmstadt-Erfolg | hessenschau Sport vom 14.02.2023

hs 14.02.2023
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Darmstadt 98 überzeugt auch fußballerisch

Neben der mentalen Komponente und den berühmt-berüchtigten Darmstädter Tugenden, die die Lilien schon einmal bis in die Bundesliga spülten, verfügt das Team von Trainer Lieberknecht aber auch über besondere fußballerische Qualitäten. Das System ist ebenso wie die Spielidee variabel anpassbar. Je nach Gegner und Herangehensweise wechseln die Lilien zwischen Dreierkette und Viererkette, zwischen Doppelspitze und Dreier-Sturm oder zwischen Tempofußball und Brechstange. Hauptsache, es führt zum Sieg und die Lilien wieder ein Stück näher ran an die Bundesliga.

Wie gut die Lilien dieses Wechselspiel beherrschen, zeigte das Spiel gegen Braunschweig sehr eindrucksvoll. Nachdem die Südhessen am Dienstag im DFB-Pokal-Achtelfinale bei der Eintracht aus Frankfurt noch nach zwei Ballgewinnen und schnellen Umschaltsituationen zu Toren gekommen waren, setzten sie gegen die Eintracht aus Braunschweig auf viele lange Bälle. "Wir wollten heute mit einfachsten Mittel Massivität aufbauen", umriss Lieberknecht seinen Matchplan.

Sprich: Lang gespielt in Richtung Tor, Ball behaupten oder zweite Bälle gewinnen, Abschluss suchen. Schön ist das nicht, modern vielleicht auch nicht. Es ist aber erfolgreich. Die Lilien erarbeiteten sich 24:9 Torschüsse und am Ende ein Tor und drei Zähler mehr als der Gegner. "Wir wollten drei Punkte, der Weg dahin war egal." So einfach ist Fußball.

Erst nach Rostock, dann kommt der HSV

Die Lilien, die nach 20 Spieltagen schon acht Punkte Vorsprung auf Platz drei haben, vereinen aktuell Wille, Leidenschaft und fußballerische Klasse und sind mit diesem Mix auf dem besten Weg zum Aufstieg. Am kommenden Wochenende geht es zu Angstgegner Hansa Rostock ins Ostseestadion, wo die Darmstädter in ihrer Historie nur eins von fünf Spielen gewinnen konnten. Danach kommt es am Böllenfalltor zum Topspiel gegen den Hamburger SV.

Sollten die Lilien auch bei diesen Aufgaben bestehen, gibt es endgültig kein Halten mehr. Klar ist zudem schon jetzt: Rostock und der HSV müssen sich auf maximale Gegenwehr und gnadenlose Lilien einstellen. Eintracht Braunschweig kann ein (Lob-)Lied davon singen.