Marcel Schuhen Darmstadt 98

Es sollte nicht sein. Der SV Darmstadt 98 steigt nicht in die Bundesliga auf, am Ende werden die Lilien Vierter. Auch wenn erst Frustration herrscht, überwiegt am Ende der Stolz. Und eine Kampfansage gibt's auch noch.

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Highlights: Darmstadt - Paderborn

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Sie brauchten ein wenig Anschub. Der Gang war am Anfang kein leichter. Gerade hatte der SV Darmstadt 98 den SC Padeborn hergespielt, am Ende deutlich mit 3:0 (3:0) gewonnen, aber doch das ganz große Ziel verpasst. Platz vier, kein Aufstieg, keine Relegation, keine Party, lange Lilien-Gesichter. Es brauchte daher einen, der nach Spielende die Initialzündung gab. Und schon ging Torsten Lieberknecht voran, lief in die Kurve, zeigte auf seine Mannschaft und ließ tosenden Applaus aufbranden für sein Team, das sich dann nach etwas Zögern doch die Zuneigung in der Fan-Kurve abholte. Und das, obwohl nur zwei Minuten zuvor das Fußball-Herz der Lilien zerbrochen war.

Der Hamburger SV hatte im Parallelspiel ein 0:1 bei Hansa Rostock im zweiten Abschnitt noch zu einem 3:2-Sieg gedreht. Das Spiel in Darmstadt war vor der Partie im Ostseestadion vorbei, die letzten Minuten erlebten die Lilien-Spieler, die zuvor eine furiose Partie gegen überforderte Paderborner abgeliefert hatten, live auf dem Rasen. Es war nur etwas mehr als eine Minute Warten, bis dann um 17.23 Uhr der große Traum vom Aufstieg endgültig zerplatzt war.

"Das war ein Stich ins Fußball-Herz"

"Es war pure Enttäuschung, das war ein Stich ins Fußball-Herz", gab Keeper Marcel Schuhen Einblick in sein Innenleben, nachdem auch er sich ein wenig gesammelt hatte. Der Lilien-Torwart war auch derjenige, der sich als Erster nach Spielende in die Kurve begab, das Mikrofon ergriff und für die gesamte Mannschaft sprach: "Wir sind unglaublich dankbar, was ihr für uns gemacht habt. Wir haben unser Herz auf dem Platz gelassen. Wir sind immer wieder aufgestanden und wir stehen auch jetzt wieder auf."

Jeder im Stadion hing in diesem Moment an Schuhens Lippen. "Der Gang war schwer und leicht", berichtete der Torwart hinterher über die 20 Meter aus dem Mannschaftskreis zum Mikrofon und gab einen weiteren Einblick in seine Gefühlswelt. "Leicht, weil wir heute alles getan haben. Aber natürlich auch schwer, weil man den Menschen die Enttäuschung im Gesicht angesehen hat."

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Drama in Darmstadt – Aufstieg knapp verpasst! | hessenschau vom 15.05.2022

hs
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Das Einzige, was fehlte, war die Krönung

Es war ein extrem emotionaler Moment. Ein Moment, in dem jeder im Böllenfalltorstadion auch im Moment der Enttäuschung noch einmal realisierte, welche Saison der Lilien da so bitter zu Ende gegangen war. Diese Darmstädter Mannschaft hatte nicht nur den eigenen Anhang mitgerissen. Sie hatte die Großen geärgert und bis zum letzten Spieltag unter Druck gesetzt. "Wir haben diese Mannschaften mit unseren Leistungen vor uns hergetrieben", betonte auch Lieberknecht. Das Einzige, was am Ende fehlte, war die Krönung, das ganz große Glücksgefühl am letzten Spieltag.

Diese Minuten nach dem Abpfiff zeigten aber auch noch einmal überdeutlich, wie sehr die Lilien auf die große Überraschung, das große Ziel hingefiebert hatten, ja, darauf gehofft hatten. "Die Jungs leben für etwas. Sie spielen mit einer Seele Fußball", erklärte Trainer Torsten Lieberknecht mit der an diesem Tag angebrachten Spur Pathos. "Da darf auch mal ein Herz gebrochen sein. Das zeigt mir, dass die Jungs leben."

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Schnell kommt der Stolz

Nach diesen bitteren Minuten kam bei allen Darmstädtern aber auch schnell ein weiteres Gefühl hinzu: Stolz. Stolz auf das Erreichte, Stolz auf den Umstand, hinter den drei absoluten Schwergewichten der Liga am Ende Vierter geworden zu sein. Obwohl das genau der Platz war, den Lieberknecht, wie er mehrfach betonte, unter allen Umständen nicht erreichen wollte.

"Ich wollte nicht diesen vierten Tabellenplatz und jetzt sind wir genau drauf", erklärte Lieberknecht, konnte dabei schon ein wenig lächeln – und erklärte mit dem Blick auf die geplante Feier am Abend. "Wichtig ist, dass wir heute lachen. Auch, wenn wir eigentlich enttäuscht sind."

"Dann geht es aber weiter"

Womit die Südhessen an diesem Nachmittag nach Frust und Stolz beim dritten Gefühl angekommen waren: Angriffslust. Ja, diese Saison war es nichts mit dem ganz großen Erfolg. Aber es gibt ja auch noch eine neue Spielzeit.

"Ich lasse die Jungs jetzt erst einmal in Ruhe. Dann geht es aber weiter", kündigte Schuhen an. Und Lieberknecht betonte: "Wir versuchen, auch im nächsten Jahr zu überraschen." Und da war er - am Ende dieses bitteren Tages - ja doch, der Anschub für einen neuen Anlauf. Dann halt im nächsten Jahr.

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