Marcel Schuhen von Darmstadt 98

Torhüter Marcel Schuhen gibt auf und neben dem Platz alles für Darmstadt 98. Im Interview erklärt er, wie er seine Mitspieler aus der Komfortzone holt, welche Rolle der verpasste Aufstieg spielt und warum selbst späte Gegentore etwas Gutes haben.

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Lilien trainieren in Trikots der Jugendclubs

Marcel Schuhen Darmstadt 98
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Der SV Darmstadt 98 verbringt die Länderspielpause auf Platz drei der 2. Liga und hat wieder einmal die Chance, ganz oben anzugreifen. Torhüter Marcel Schuhen ordnet die Ambitionen der Lilien im Interview mit dem hr-sport ein.

hessenschau.de: Marcel Schuhen, die Mannschaft wurde am Mittwoch überrascht. Sie haben alle in den Trikots ihrer Heimatvereine trainiert. Wie war das?

Marcel Schuhen: Das war eine tolle Überraschung. Da gab es viele verblüffte Gesichter und interessante Vereine. Ich habe früher auf einem Ascheplatz trainiert. Wenn man dann jetzt sieht, wo diese Reise hingegangen ist, bringen diese Erinnerungen eine riesige Dankbarkeit mit.

hessenschau.de: Sie haben die verblüfften Gesichter angesprochen. Ich habe aber auch fröhliche Gesichter gesehen. Jetzt in der Länderspielpause ist Zeit für ein erstes Zwischenfazit. Man kann schon sagen, dass Darmstadt 98 richtig gut gestartet ist, oder?

Schuhen: Wir sind mit einer Niederlage gegen Regensburg in die Saison gestartet, das ist gar nicht so lange her. Seitdem haben wir es aber ganz ordentlich gemacht. Es läuft sehr positiv, ganz klar. Wichtig war jetzt vor allem der Sieg gegen Nürnberg am vergangenen Wochenende nach den drei Remis zuvor. Wenn wir die Partie nicht gewonnen hätten, wären es medial schnell vier Spiele in Folge ohne Sieg gewesen. So sind es jetzt neun ungeschlagene Pflichtspiele am Stück. Alles in allem kann man aber sagen: 18 Punkte aus neun Spielen und im Pokal eine Runde weiter, das ist ein vernünftiger Auftakt.

hessenschau.de: Was ist das Erfolgsgeheimnis von Darmstadt 98 aktuell? Wie haben Sie es geschafft, die Enttäuschung des verpassten Aufstiegs wegzustecken?

Schuhen: Wir haben nach der letzten Saison einfach weitergearbeitet. Das war punktetechnisch die beste Spielzeit der Darmstädter Vereinsgeschichte in dieser Liga und als Vierter am Ende trotzdem erstmal ein Moment der Enttäuschung. Das hat uns als Mannschaft zusammengeschweißt. Wir haben gesehen, wozu wir in der Lage sind.

hessenschau.de: Es ist auffällig, dass trotz der Abgänge von Tim Skarke und Luca Pfeiffer bislang bis auf Christoph Zimmermann quasi kein Neuzugang eine größere Rolle spielt. Hilft es, dass das Team eingespielt ist?

Schuhen: Natürlich ist es immer wichtig, dass man sich kennt und es gewisse Automatismen gibt. Ich sehe es aber eher so, dass es ein Verdienst von uns ist, dass wir unsere Situation nicht als Ausrede genutzt haben. Wir hätten ja auch sagen können: Wir müssen jetzt Dreierkette spielen, weil wir keine fitten Spieler mehr für die Flügel haben. Das war aber nie unser Ansatz. Wir haben es genommen, wie es ist.

hessenschau.de: Sie haben es in den vergangenen Wochen gegen Heidenheim, Bielefeld und Kaiserslautern dreimal in Folge nicht geschafft, eine Führung über die Zeit zu bringen. Haben diese Spiele die Mannschaft trotzdem weitergebracht?

Schuhen: Das hat uns langfristig sehr geholfen. Wir haben aus diesen Spielen gelernt und es dann gegen Nürnberg viel besser gemacht. Wir haben in Kaiserslautern 2:0 geführt und mussten letztlich zufrieden sein, da überhaupt noch einen Punkt zu holen. Das war teilweise zu naiv von uns. Deshalb haben wir uns danach mit dem Trainerteam zusammengesetzt und waren uns einig, dass wir bei gewissen Dingen etwas verändern müssen. Das haben wir dann gegen Nürnberg gut gemacht. Nach der Führung haben wir etwas defensiver gestanden und auf Umschaltmomente gelauert. Wir wurden mit einem Zu-Null-Spiel belohnt. Wir sind also auf einem guten Weg.

hessenschau.de: Wir haben die letzte Saison mit dem knapp verpassten Aufstieg bereits angesprochen. Was wollen Sie denn in dieser Spielzeit erreichen?

Schuhen: Das wird sich noch zeigen. Es ist zwar eine Floskel, aber wir schauen von Spiel zu Spiel und haben uns nach der letzten Saison noch einmal klarer gemacht, dass am Ende wirklich jeder einzelne Punkt zählt. So gehen wir in die Spiele.

hessenschau.de: Aber Ihnen fällt schon auf, dass die Gegner Darmstadt 98 inzwischen anders wahrnehmen? Ex-Trainer Dirk Schuster hat Ihnen beispielsweise gewünscht, dass Sie oben anklopfen können.

Schuhen: Vielen Dank nach Kaiserslautern (lacht). Aber es geht letztlich darum, dass wir uns treu bleiben. Am Anfang der Saison waren wir bei den Gegnern nicht so auf dem Zettel. Da haben viele gesagt: 'Die haben letzte Saison zwar viele Punkte geholt, dann aber auch wichtige Leute verloren. Gucken wir mal, was da so passiert.' Jetzt sind wir wieder ganz gut dabei. Deswegen fahren wir am besten damit, dass wir einfach auf dem Platz zeigen, was wir können. 

hessenschau.de: Sie haben nach dem letzten Spieltag der vergangenen Saison gesagt, dass es jetzt erst einmal Ruhe gibt. Dann werden Sie die Jungs aber nicht mehr in Ruhe lassen. Haben Sie das schon in die Tat umgesetzt?

Schuhen: Da geht es wieder um diesen einen einzelnen Punkt. Man spielt ein komplettes Fußballjahr und am Ende entscheidet ein Punkt, ob man das ganz große Ding schafft oder nicht. Das habe ich das eine oder andere Mal erwähnt. Auch wenn wir Punkte liegengelassen haben. Letztlich hat diese Saison aber in jedem so viele Gefühle ausgelöst, dass ich das nur dezent tun muss.

hessenschau.de: Sie waren es, der sich nach dem letzten und emotionalen Saisonspiel das Mikrofon geschnappt und ein paar Worte an die Fans gerichtet hat. Wie würden Sie Ihre Rolle im Team und dem Verein derzeit beschreiben?

Schuhen: Mir war es in dem Moment ein großes Anliegen, etwas zu sagen. Da war so eine besondere Stimmung im Stadion. Es geht im Endeffekt darum, dass man Erfahrungen und Werte weitergibt, gleichzeitig muss aber auch die sportliche Leistung stimmen. Wenn ich an jedem Ball vorbeifliege, sagt jeder: 'Der erzählt zu viel.' Ich glaube und hoffe, dass ich da auf und neben dem Platz einen guten Weg gefunden habe.

hessenschau.de: Im vergangenen Jahr haben viele gesagt, dass die Lilien eine besondere Mannschaft sind. Wie ist denn Ihr Gefühl für die aktuelle Mannschaft?

Schuhen: Genau das gleiche. Wir sind wieder eine besondere Mannschaft.

Das Gespräch führte Nico Herold.