Jubel bei Darmstadt 98

Der SV Darmstadt 98 setzt die Erfolgsserie auch in Magdeburg fort und überwintert als Spitzenreiter der 2. Liga. Neben reichlich VAR-Glück profitieren die Lilien von einer Stärke, die schon einmal den Bundesliga-Aufstieg bescherte.

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Highlights: 1. FC Magdeburg - SV Darmstadt 98

Darmstadt Magdeburg
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Im aktuellen Kader von Darmstadt 98 gibt es noch genau zwei Spieler, die das Gefühl eines Bundesliga-Aufstiegs mit den Lilien kennen: Kapitän Fabian Holland und Tobias Kempe waren schon in der Saison 2014/15 dabei, als die Südhessen mit dem Zusammenhalt einer Thekentruppe und den fußballerischen Mitteln einer besseren Thekentruppe das Wunder und den Durchmarsch von der 3. in die erste Liga perfekt machten. Hinten kämpfte Aytac Sulu, in der Mitte kämpfte Toni Sailer, vorne kämpfte Dominik Stroh-Engel. Siebeneinhalb Jahre ist das her. Eine Ewigkeit.

Und doch erinnern die 2022er-Lilien in vielen Bereichen an die Aufstiegshelden von damals. Spielerisch ist das runderneuerte Team von Trainer Torsten Lieberknecht zwar mit den Kick-and-Rush-Fightern von damals nicht mehr zu vergleichen. Darmstadt 98 spielt inzwischen einen sehr gepflegten Ball. Der 1:0-Sieg am Donnerstag beim 1. FC Magdeburg verdeutlichte aber wieder einmal, dass die Südhessen gerade alles verkörpern, was es für den Sprung in die Bundesliga braucht: Zusammenhalt, Glück, Reife. So wie 2015.

Der VAR hilft mit

Dass das Team tatsächlich ein Team und der häufig erwähnte tolle Teamgeist tatsächlich toll ist, ist bei Darmstadt 98 mehr als eine Phrase. Die prominenten Abgänge Luca Pfeiffer und Tim Skarke wurden genauso klaglos hingenommen und ohne teure Neuzugänge aufgefangen wie die Verletzungen von Stammspielern wie Klaus Gjasula oder Fabian Schnellhardt. Dass in Magdeburg Stammkeeper und Führungsspieler Marcel Schuhen wegen muskulärer Probleme ausgewechselt werden musste, ist maximal eine Randnotiz. "Wir spielen bislang eine unglaubliche Saison", bilanzierte Lieberknecht nach Abpfiff. Und das trotz aller Widrigkeiten.

Die Lilien müssen sich immer wieder mit Verletzungspech rumärgern, gleichzeitig ist das Spielglück in den vergangenen Wochen nicht gerade selten auf südhessischer Seite. Nachdem die Darmstädter bereits gegen Hannover 96 von einem zumindest zweifelhaften Platzverweis profitiert hatten, verschaffte den Lilien in Magdeburg eine klare Fehlentscheidung eine lange Überzahl. Schiedsrichter Wolfgang Haslberger hatte ein Handspiel von FCM-Verteidiger Cristiano Piccini in der 54. Minute zunächst korrekt mit Gelb geahndet, sich nach Eingreifen des VAR dann aber für Rot entschieden.

Der Grund dafür: Der Kölner Keller wollte die Verhinderung einer klaren Torchance von Marvin Mehlem gesehen haben. Genau das war es nach Ansicht der TV-Bilder und nach Meinung fast aller Beteiligter aber nicht. "Die Rote Karte kann ich nicht nachvollziehen, den Magdeburger Ärger über diese Entscheidung dagegen schon", gab Lilien-Coach Lieberknecht zu. Die Lilien präsentierten sich nach Abpfiff sportlich. Der VAR-Dusel passt aber ins Bild des Spitzenteams und dürfte den Konkurrenten nicht gefallen.

Die Standard-Stärke ist zurück

Und die Lilien wären nicht die Lilien, wenn sie das Schiedsrichter-Geschenk nicht auf typische Lilien-Art angenommen hätten. Die Darmstädter schalteten nach dem Platzverweis komplett in den Angriffsmodus und schnürten die Hausherren am eigenen Strafraum fest.

Für das Tor des Tages musste dann aber wieder einmal eine handelsübliche Ecke herhalten. Kempe, der Aufstiegsheld von 2015, bediente Patric Pfeiffer, einen der möglichen Aufstiegshelden von 2023, und das Spiel war entschieden. Für Innenverteidiger Pfeiffer war es bereits das vierte Kopfballtor, für die Lilien das insgesamt neunte nach einer Standardsituation. Auch das kommt einem irgendwie bekannt vor.

Darmstadt hat Bundesliga im Blick

Denn auch die letztmaligen Darmstädter Bundesliga-Aufsteiger trafen in entscheidenden und engen Spielen bevorzugt und insgesamt 17 Mal nach ruhendem Ball. Verantwortlich für die Ausführung schon damals: Kempe. Seine Lieblings-Zielspieler: Romain Bregerie (6 Tore), Leon Balogun (4) oder Sulu (4) – genau wie Pfeiffer alles Abwehrspieler.

"Es hilft uns, dass wir wissen, dass es auch über eine Standardsituation funktionieren kann", fasste Holland die neue Eiseskälte der Lilien zusammen. "Es zeugt von der Reife meiner Mannschaft, dass wir durch einen Standard das entscheidende Tor erzielt haben", ergänzte Trainer Lieberknecht.

Klar ist: Darmstadt 98 hat aktuell alle Trümpfe in der Hand und als Herbstmeister beste Chancen auf den Aufstieg. Die Stimmung im Team stimmt, die Tore fallen zum richtigen Zeitpunkt und selbst die Schiedsrichter helfen unfreiwillig mit. Wer soll diese Lilien stoppen?