Phillip Tietz bejubelt einen Treffer für Darmstadt 98

Trotz der Enttäuschung des verpassten Aufstiegs und einem vermeintlich schwächeren Kader gehört Darmstadt 98 zu den Spitzenteams der 2. Liga. Forsche Töne hört man von den Lilien dennoch nicht. Ein Zwischenfazit.

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Lilien trainieren in Trikots der Jugendclubs

Marcel Schuhen Darmstadt 98
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Auf dem Trainingsplatz von Darmstadt 98 waren am Mittwoch ausnahmslos glückliche Gesichter zu sehen. Der Club hatte die Spieler vor der Einheit überrascht und jedem das Trikot seines Heimatvereins überreicht. Tobias Kempe trug also ein Jersey des TV Voerde, Patric Pfeiffer steckte im Dress des Bramfelder SV, auf der Brust von Marcel Schuhen prangte das Logo des JSG Mudersbach Brachbach. Tolle Vereinsnamen, tolle Aktion.

"Ich habe früher auf einem Ascheplatz trainiert", sagte Torhüter Schuhen nach der Einheit dem hr-sport. "Wenn man dann jetzt sieht, wo diese Reise hingegangen ist, bringen diese Erinnerungen eine riesige Dankbarkeit mit."

Ob diese Reise in der 2. Liga aber tatsächlich schon zu Ende ist? Blickt man auf die ersten neun Partien dieser Saison und den aktuellen Tabellenplatz drei, lautet die Antwort ganz klar: nein. Darmstadt 98 ist wieder mittendrin im Rennen um den Aufstieg.

Tobias Kempe im Trikot des TV Voerde

Altes Personal, neue Stärken

Aber der Reihe nach. Nach der Enttäuschung des verpassten Aufstiegs in der vergangenen Spielzeit, die nach einem emotionalen Saisonfinale auf Rang vier endete, mussten sich die Lilien in der Sommerpause erst einmal sammeln. Mit Luca Pfeiffer und Tim Skarke folgten zwei der besten Offensiv-Akteure dem Ruf der Bundesliga, adäquaten Ersatz gab es für das Duo erst einmal nicht.

Mit dem 18 Jahre alten Oscar Vilhelmsson lockte Sportdirektor Carsten Wehlmann zwar einen hochveranlagten Stürmer nach Südhessen. In die Startelf schaffte es mit Innenverteidiger Christoph Zimmermann aber bis dato erst ein einziger Neuzugang. Heißt: Die Lilien spielen weitgehend mit dem übriggebliebenen Personal der vergangenen Saison.

Die individuelle Qualität des Kaders hat von außen betrachtet deutlich nachgelassen, Spieler und Trainer Torsten Lieberknecht betonen jedoch immer wieder glaubhaft das Gegenteil. "Wir sind jetzt stärker", unterstrich auch Leader Schuhen. "Wir haben den Verlust aufgefangen." Aber wie?

Remis-Serie hilft Darmstadt 98 weiter

Nach dem enttäuschenden Saisonauftakt gegen Jahn Regensburg (0:2) mottete Trainer Lieberknecht das altbekannte und bewährte System mit Viererkette ein und passte die Taktik ans Personal an. In Ermangelung an offensiven Flügelspielern stärkte er das Zentrum und setzte in der Defensive auf eine Dreierkette. Der Schachzug, den schnellen und torgefährlichen Braydon Manu zum Teil einer Doppelspitze mit Phillip Tietz zu machen, ging zudem voll auf. Lieberknecht machte aus der Not eine Tugend.

Die Folge: Die Lilien gewannen im Anschluss an die Umstellung fünf Pflichtspiele in Folge, darunter ein spektakulärer 2:1-Auswärtserfolg beim Hamburger SV, und stürmten bis auf Rang zwei der Tabelle. Dass die Siegesserie danach riss und die Lilien in drei Spielen nacheinander gegen Heidenheim, Bielefeld und Kaiserslautern Führungen verspielten, war ebenso ärgerlich wie unnötig. Selbst diese drei Remis könnten am Ende der Saison jedoch Gold wert sein. Denn: Die Südhessen durchliefen einen Reifeprozess. "Das war teilweise zu naiv von uns", fasste Schuhen zusammen.

Im Heimspiel gegen Nürnberg (2:0), dem letzten Spiel vor der Länderspielpause, bewiesen die Lilien dann, dass sie auch seriösen Fußball spielen können. Nach der frühen Führung zog sich das Team von Coach Lieberknecht zurück und lauerte auf Umschaltmomente. Das große Spektakel der vorangegangenen Begegnungen gab es so nicht, dafür stimmten am Ende der Ertrag und die Erkenntnis: Die Lilien sind bereit, ständig dazuzulernen. Auch Rückschläge hauen das Team nicht um.

Die Alternativen sind nicht endlos

Spannend wird in den sechs Wochen mit insgesamt neun Spielen vor der Winterpause nun vor allem, ob auch die Breite des Kaders wirklich für die Spitzengruppe ausreicht. Einzelne Ausfälle können sicher kompensiert werden. Die beiden Stürmer Aaron Seydel und Vilhelmsson haben ihre Joker-Qualitäten schon unter Beweis gestellt. Da Thomas Isherwood wieder fit ist, gibt es auch in der Defensive zusätzliche Alternativen. Die Rückkehr von Flügelflitzer Mathias Honsak könnte zudem noch einmal ein neues Element ins Lilien-Spiel bringen. Leistungsträger wie Fabian Holland, Tobias Kempe, Klaus Gjasula, Tietz und Schuhen sollten aber möglichst fit bleiben.

"Wir haben gesehen, wozu wir in der Lage sind", betonte Schuhen mit Blick auf die vergangene Saison. Die Lilien floskeln zwar weiter vor sich hin, nur von Spiel zu Spiel schauen zu wollen. Das Zeug, um wieder ganz oben anzugreifen, haben sie aber definitiv. Der Aufstieg in die Bundesliga ist möglich, die Reise hat gerade erst begonnen.

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