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Sara Doorsoun: EM-Finale statt Ende der Nationalmannschafts-Karriere

Sara Doorsoun klatsch enttäuscht für die deutschen Fans im Wembley-Stadion

Ein historisches Finale an einem historischen Ort: Ende Juli steigt im Wembley-Stadion das EM-Finale zwischen Deutschland und England. Auf dem Platz: Sara Doorsoun, Verteidigerin bei Eintracht Frankfurt. Dabei dachte sie nur Monate vorher an ein Ende ihrer Nationalmannschafts-Karriere.

Bei der WM 2019 war sie noch Stammspielerin in der DFB-Elf. Vor der EM 2022 in England wackelt Sara Doorsouns Platz im Kader allerdings gewaltig. Bei einem Vorbereitungslehrgang rund drei Monate vor Turnierbeginn wird sie nur nachnominiert. Und auch die 31-Jährige selbst denkt über ein Karriere-Ende in der Nationalmannschaft nach: "Es gib Momente, in denen ich mir gedacht habe: Lohnt es sich, zu kämpfen? Ich habe schon zwei große Turniere gespielt. Für mich war nicht klar, ob ich zu den Lehrgängen fahre."

Doorsoun entscheidet sich nach einem ehrlichen Austausch mit der Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg dafür. Und überzeugt mit ihrer kompromisslosen Art zu verteidigen. "Es gab vor der Kaderbekanntgabe ein Testspiel gegen eine männliche Jugendmannschaft. Bei einem Konter habe ich den Gegenspieler umgesenst, ich glaube, da erinnert er sich heute noch dran. Und das hat gezeigt, was ich mitbringen kann für die EM."

"Ich dachte: Das wars"

Das überzeugt auch die Bundestrainerin. Aber davon weiß Sara Doorsoun selbst bis zur Kaderbekanntgabe nichts. Die erfolgt per Einzelgespräch mit Martina Voss-Tecklenburg, erinnert sich Doorsoun: "Ich dachte, sie kommt nur auf die fünf Spielerinnen zu, die nicht dabei sind. Ich sitze also im Physioraum und sehe Martina über die Anlage huschen, sie sah relativ fertig aus. Und dann kommt sie auf mich zu und ich dachte: Das wars."

Es passiert das Gegenteil: Doorsoun steht im finalen Kader, fährt mit zur EM. Das liegt einerseits an ihren Leistungen in den Trainingslagern, aber auch zu einem großen Teil an ihrem Wechsel von Wolfsburg zu Eintracht Frankfurt. Bei Wolfsburg auch wegen Verletzungen häufig auf der Bank, erhoffte sie sich von dem Transfer zur Eintracht einen Neustart: "Ich bin einfach eine Spielerin, die auch mal einen lockeren Spruch bringt. Und das ist mir in Wolfsburg teilweise abhandengekommen. Ich hatte Angst, Fehler zu machen." In Frankfurt habe sie dagegen das Gefühl gehabt, dass man ihr Vertrauen gibt: "Dieses Selbstvertrauen sieht man bei meinen Spielen auf dem Platz."

Bitteres Finale gegen England: "Gurkentor"

Dieses Selbstbewusstsein nimmt Doorsoun mit in die EM. Auch wenn sie zu Beginn häufig auf der Bank sitzt, ist sie bereit, wenn es drauf ankommt. Und im Finale kommt es drauf an: Beim Stand von 1:1 wird sie in der Verlängerung eingewechselt. "Es war sehr laut. Dieses Stadion muss man erlebt haben, wenn fast alle gegen einen sind und buhen oder für England applaudieren", erinnert sich Doorsoun. In der 103. Minute kommt sie auf den Platz – und erlebt rund 10 Minuten später das entscheidende 2:1 der Engländerinnen: "Was ein Gurkentor. Wirklich, was für ein Gurkentor. Das ist nicht nur frustrierend, man ist sauer."

Sara Doorsoun im Zweikampf mit zwei Engländerinnen

Spätestens einen Tag später wird aber aus der Enttäuschung Stolz. Knapp 7.000 Menschen empfangen die Nationalmannschaft auf dem Römer in Frankfurt. "Da hat man gesehen, was wir eigentlich für den deutschen Frauenfußball erreicht haben. Und dass wir sehr viele Menschen glücklich gemacht haben, mit der Art und Weise, wie wir bei der EM aufgetreten sind."

2023 gibt es schon die Chance auf eine Revanche. Im Sommer steigt in Australien und Neuseeland die Weltmeisterschaft. Und wenn es bei der Eintracht für Sara Doorsoun weiter so rund läuft, könnte sie auch da wieder auf dem Platz stehen.

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Sport-Jahresrückblicke bei hr-iNFO

Lust auf mehr? Jahresrückblicke mit Sara Doorsoun, Jonas Rutsch, Deborah Levi und weiteren hessischen Sportlerinnen und Sportlern laufen bei hr-iNFO im Radio diese Woche vom 27. bis 31. Dezember als Serie. Jeden Morgen blicken wir auf goldene Erfolge und bittere Pleiten der Hessinnen und Hessen.

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