Eintracht Frankfurt

Eintracht Frankfurt gewinnt die Europa League. Das Spiel ist eine Analogie auf das Leben als Eintracht-Fan, der Abend in Sevilla und die Feierlichkeiten in Frankfurt nicht weniger als epochal.

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Eintracht Frankfurt: Die Mannschaft präsentiert den Pokal

Kevin Trapp feiert aufm Balkon
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Als der Autokorso die Untermainbrücke erreicht, hat der Regen endlich aufgehört. Es ist fast zu kitschig, aber es ist wahr: Der Himmel ist aufgebrochen, hinter den Bankentürmen geht leuchtend die Sonne unter, Menschenmassen laufen neben den Autos der Spieler her, zünden Pyros und Raketen, Eltern haben ihre Kinder auf den Schultern, Paare einander im Arm, Menschen lachen, sie singen, sie weinen, die nassen Trikots am Leib, und Oliver Glasner reckt den Pokal in die Höhe: für einen Tag das silberne, pulsierende Herz dieser Stadt.

An diesem Donnerstag, wenige Stunden nach dem epochalen Europacupsieg, ist Eintracht Frankfurt ganz bei sich. Eine Stadt liegt sich selbst im Arm, ist mit sich und der Welt ausgesöhnt. Frankfurt, die Stadt der Freudentränen. Des Fußballwunders. Der ungläubigen Blicke. Die Stadt, in der der Gesang von Europas bester Mannschaft plötzlich mehr ist als ein Gesang. An diesem Donnerstag, zwischen Kennedyallee und Römerberg, inmitten des Salpetergeruchs und der nie endenden Fangesänge, während die Mannschaft in Cabrios durch die Menge fährt, dämmert es den Menschen: Aus dem Traum ist Realität geworden. Frankfurt, Stadt der Träume, die tatsächlich noch in Erfüllung gehen.

Lieder singen, sich aneinander festhalten

Es ist erstaunlich, aber man sieht den Leuten die Anstrengung vom Vorabend nicht an. 38 Grad in Sevilla, kein Wasser im Stadion, die Flugstunden, der unruhige, kurze Schlaf. Und natürlich ist das Spiel so verlaufen, wie es verlief. Es ist eine Analogie auf das Leben als Eintracht-Fan: Es ist schwierig. Zäh. Es dauert. Es tut weh. Man hofft. Man weiß es besser. Man verflucht sich und die Welt, dieses verdammte Schicksal, es ist nicht auszuhalten. Wohin mit den Händen? Wohin mit der Angst? Fußball, dieser miese Verräter, der dir ständig damit droht, dass es schief geht. Dieses ewige Hoffen und Bangen.

Also was tun? Lieder singen, sich aneinander festhalten, klatschen, damit die immer nervösen Finger beschäftigt sind, man selbst sich einreden kann, man habe Einfluss. Zu sagen: Wir schenken euch unsere Herzen und ihr schenkt uns den Sieg, wie eine Behauptung, etwas, das stimmt, solange das verdammte Schicksal nicht das Gegenteil beweist.

Und dann: Lohnt es sich plötzlich

Und dann: Lohnt es sich plötzlich. 120 Minuten, die verlaufen wie 30 Jahre Fansein: Anstrengend, aufreibend – aber mit einem ein Happy End, mit dem man niemals gerechnet hätte. Frankfurt, Stadt der geschlossenen Wunden. Des Schicksals, das einem plötzlich zur Seite steht, einfach so, Stadt des Alles-wird-gut, des Doch-noch. Auch der Inspiration. Denn Eintracht Frankfurt hat es geschafft: Der Fußballwelt zu zeigen, dass sich die Dinge doch noch zum Guten wenden können. Fans überall Hoffnung zu geben, dass es durchaus möglich ist, dass sich ein ganzes Fan-Leben einfach nochmal auf den Kopf dreht.

Frankfurt, die Stadt der unglaublichen Geschichten. Der geschlossenen Kreise. Mit dem Jürgen, für den Jürgen, so stand es auf den Finalshirts, und so ist es gekommen. Stadt des zweiten Anlaufs, des Auf jetzt!, des Jetzt-erst-Recht. So war es 2018 beim Pokalsieg, als man nach 2017 wiederkam und siegte. So war es nun, als in Sevilla vollendet wurde, was 2019 in London so bitter beendet schien. Frankfurt, Stadt der Tränen, 30 Jahre nach Rostock sitzen auch Anthony Yeboah und Uwe Bein in einem Autokorso, der ihnen 1992 noch gestohlen wurde. Die Fans haben sie nicht vergessen, sie werden genauso gefeiert wie die Helden von heute, Kevin Trapp, Filip Kostic, Sebastian Rode.

Zurückdenken und sagen: Es ist wirklich passiert.

Über die, Trapp, Kostic, Rode, all die anderen, wird man in Frankfurt, Stadt des Wir-haben-die-Eintracht-im-Endspiel-gesehen, eines Tages Lieder singen. All die Geschichten erzählen von diesem Tag. Zurückdenken und sagen: Es ist wirklich passiert. Irgendwann in einer Zukunft, die in diesen Tagen hell und leuchtend vor der Eintracht liegt, silbern schimmert, ein aufgeklarter Himmel.

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