Analyse Eintracht Frankfurt überrumpelt den VfB Stuttgart

Mit aggressivem Pressing und einem ausgefuchsten Ecken-Plan hat Eintracht Frankfurt drei Punkte aus Stuttgart entführt. Souverän war der Sieg trotzdem nicht. Die Analyse in fünf Punkten.
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Highlights: Stuttgart - Eintracht Frankfurt

Eintracht Frankfurt hat am Samstag den ersten Pflichtspielsieg des Jahres eingefahren. Beim VfB Stuttgart gewannen die Hessen dank eines Tores von Evan N'Dicka (7. Minute) und eines Doppelpacks von Ajdin Hrustic (47., 77.) mit 3:2. Für den VfB trafen Waldemar Anton (42.) und Sasa Kalajdzic (70.).
1. Denkbar schlechte Ausgangslage
Ein bisschen Angst hatte der geneigte Eintracht-Fan ja schon vor dem Spiel beim VfB Stuttgart. Ein Spiel gegen ein Team aus dem Tabellenkeller, das seit über 500 Minuten kein Tor mehr geschossen hat? Und dann fallen mit Filip Kostic und Daichi Kamada auch noch die beiden Spielmacher der Hessen aus? Das kann ja nur schief gehen.
Alle Fan-Traumata der vergangenen Jahrzehnte einmal beiseitegelassen, stellte sich tatsächlich die Frage, wie das Offensivspiel der Frankfurter wohl funktionieren würde. Dass Christopher Lenz für Kostic spielen würde, war klar. Mit einem sehr defensiv anmutenden zentralen Mittelfeld (Djibril Sow, Sebastian Rode und Kristijan Jakic) war das spielerische Element aber kaum erkennbar. Doch Trainer Oliver Glasner hatte einen klaren Matchplan.
2. Verteidigung ist der beste Angriff
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Die komplette Eintracht-PK nach dem Stuttgart-Spiel

Besagter Matchplan sah vor, den Stuttgartern mit dem laufstarken Mittelfeld von Minute eins an auf den Füßen zu stehen. "Wir wussten, dass der VfB derzeit ein bisschen verunsichert ist, und wenn wir aufs Gas drücken, dass es dann einfacher für uns wird", verriet Kostic-Ersatz Lenz nach der Partie. Und das wurde es tatsächlich.
Der VfB kam mit dem Pressing der Hessen phasenweise überhaupt nicht klar und spielte teils hanebüchene Fehlpässe am eigenen Strafraum. Das Problem der Eintracht: Sie konnte aus diesen Fehlern kein Tor erzielen. Das Gute: Sie holte eine Ecke nach der anderen raus.
3. Stark bei Standards
Schon in den Anfangsminuten kam die Eintracht so zu gleich einer Reihe guter Möglichkeiten. Nachdem Tuta (4.) und Jakic (5.) per Kopf nicht erfolgreich waren, stellte N’Dicka in der 7. Minute per Hacke auf 1:0. Aber wer dachte, das wäre eine tolle Ecken-Variante gewesen, der sollte sich 40 Minuten später ungläubig die Augen reiben.
Da schlug Lenz eine Ecke an die Kante des Strafraums, wo der zwei Minuten zuvor eingewechselte Hrustic den Ball aus dem Stand volley ins Netz drosch. Ein Bewerbungsschreiben zum Tor des Monats, dessen Entstehung erst kurz zuvor in der Halbzeitpause geplant wurde. "Mein Co-Trainer Michael Angerschmid hatte die Ecken analysiert. Die Idee, in den Rückraum zu flanken, ist dann in der Halbzeit entstanden", sagte Glasner nach dem Spiel. "Dass das dann so aufgeht, ist natürlich klasse."
4. Vom Wechselkandidaten zum Matchwinner
Und weil Hrustic nicht nur dieses Traumtor schoss, sondern auch noch einen weiteren – zugegebenermaßen krass abgefälschten – Weitschuss im VfB-Gehäuse unterbrachte, gewann die Eintracht ihr erstes Pflichtspiel 2022. Und das muss man sich wirklich nochmal auf der Zunge zergehen lassen: Der Mann, der vor wenigen Tagen noch als Winterabgang bei der Eintracht gehandelt wurde und dann mit der australischen Nationalmannschaft durch die Weltgeschichte bummelte, kommt Mitte der Woche zurück, spielt 45 Minuten nur deshalb, weil sich Sebastian Rode verletzt, und beschert Frankfurt den ersten Sieg des Jahres. Das sind Geschichten, die nur… Man kennt den Rest.
5. Erleichtert, aber enger als nötig
Bei allem Lob darf aber freilich eines nicht vergessen werden: Die Eintracht hat ihr Auswärtsspiel bei einer völlig verunsicherten Mannschaft nur mit Ach und Krach 3:2 gewonnen. Sie hätte den Sack eigentlich viel früher zumachen müssen und sie hätte gegen einen derart harmlosen VfB eigentlich keine zwei Tore kassieren dürfen. Gegen diese Stuttgarter muss man gewinnen – selbst ohne Kamada und Kostic.
Nun stehen die beiden Kreativkräfte gegen den VfL Wolfsburg wahrscheinlich wieder im Aufgebot, dafür könnte die Eintracht dann etwas weiter hinten der Schuh drücken. Rode wurde einmal mehr mit Knieproblemen ausgewechselt. Makoto Hasebe kam mit Verdacht auf einen Rippenbruch ins Krankenhaus. Und ob Tutas Auswechslung am Ende nur eine Vorsichtsmaßnahme war, wird sich zeigen. Wolfsburg hat jedenfalls seit vier Spielen kein Tor mehr geschossen und steckt tief im Tabellenkeller fest. In den Köpfen der Eintracht-Fans fängt es also spätestens Montag wieder an zu rattern.
VfB Stuttgart - Eintracht Frankfurt 2:3 (1:1)
Stuttgart: Müller - Mavropanos, Anton (85. Massimo), Ito - Mvumpa (81. Klimovicz), Endo, Mangala (59. Ahamada), Sosa – Förster (59. Tibidi), Führich (81. Tomas) - Kalajdzic
Frankfurt: Trapp - Tuta (83. Hinteregger), Hasebe (87.Ilsanker), N'Dicka - Chandler, Rode (46. Hrustic), Jakic, Lenz – Sow (73. Hauge) – Lindström (87. Knauff), Borre
Tore: 0:1 N'Dicka (7.), 1:1 Anton (42.), 1:2 Hrustic (47.), 2:2 Kalajdzic (70.), 2:3 Hrustic (77.)
Gelbe Karten: - / -
Schiedsrichter: Stegemann (Niederkassel)
Zuschauer: 10.000