Am Eintracht-NLZ weht ein frischer Wind.

Alexander Richter hat die Leitung des Nachwuchsleistungszentrums von Eintracht Frankfurt übernommen. Er verrät, wie er die Talente fördern will und welche Prinzipien ihm wichtig sind.

Alexander Richter heißt der neue Mann, der die Leitung des Nachwuchsleistungszentrums von Eintracht Frankfurt von Andreas Möller übernommen hat. Sportvorstand Markus Krösche hat ihn vom VfL Bochum, wo er von 2008 bis 2022 gearbeitet hat, an den Main gelockt. Handkäs mit Musik und Apfelwein kennt Richter bereits, in der neuen Heimat hat er sich rasant eingefunden. Künftig soll Richter mit dafür sorgen, dass wieder mehr Talente den Weg vom Riederwald auf den Rasen im Frankfurter Stadtwald gehen. Nach dem ablösefreien Abgang von Aymen Barkok zu Mainz 05 spielt mit Timothy Chandler nur noch ein Eigengewächs eine wirkliche Rolle.

Richter kritisch: "Vernünftiges Lernklima nicht an allen Stellen vorgefunden"

Eine erste leichte Kritik an der Arbeitsweise äußerte Richter daher im Eintracht-Podcast: "Wir müssen im Nachwuchsleistungszentrum ein vernünftiges Arbeits- und Lernklima reinbringen. Das habe ich nicht unbedingt an allen Stellen vorgefunden." Bei der Förderung von Talenten will Richter alle Abteilungen mitnehmen: "Das ist sehr intensiv und umfangreich. Es gibt viele Fachbereiche wie Sportpsychologie, Athletiktraining, Schule und Pädagogik. Unser Ziel ist Talentbegleitung mit hoher Qualität."

Zu einem gesunden Klima gehöre auch Kontroversität, eine Streitkultur. Am Ende sollten aber alle Beteiligten mit einer Zunge zu sprechen: "Dann bin ich mir sicher, dass in dem Eintracht-NLZ viel Potenzial steckt. Wir müssen aber an den richtigen Stellschrauben drehen." Richter baut dabei auf ein "rollierendes System" bei den Trainern. Sprich: Der U10-Coach begleitet die Mannschaft auch in die U11 und geht dann wieder in die U10 zurück. "So sieht es auch bei den Trainern der U12 und U13, U14 und U15, U16 und U17 aus", erklärte Richter.

Kein festes Spiel-System, aber klare Prinzipien

Die Trainer der U19 und U21 bleiben hingegen fest bei ihrem Team, auch der U9-Coach ist von diesem "rollierenden System" ausgenommen: "Er sichtet die Talente in der U7 und U8 und nimmt sie dann bei sich auf. In diesem Bereich geht es darum, dass die Kinder ankommen müssen." Ein festes Spiel-System wird Richter zwar nicht vorgeben, doch die Prinzipien sind klar definiert: "Wie verhalten wir uns im Ballbesitz, im Spiel gegen den Ball, bei Umschaltmöglichkeiten oder Standardsituationen. Das sind Leitlinien, die eingehalten werden müssen und von uns gecheckt werden."

Wie ist das Pressingverhalten der Spieler? Wird der erste Ball nach Balleroberung aus dem Fuß gespielt, damit das Team im Ballbesitz bleibt? Klappt das Übergeben und Durchdecken? "Dabei geht es nicht um das System, da sind die Spieler frei. Aber die Philosophie und Disziplin muss zur Eintracht passen", forderte Richter. Verschiebungen gab es dafür reichlich: Damir Agovic übernimmt die U19 von Jürgen Kramny, Kristijan Glibo die neu eingeführte zweite Mannschaft. Sportlicher Leiter ist Patrick Ochs, mit Ralph Gunesch wurde ein "Übergangstrainer" installiert.

"Wollen Talente noch besser machen": Das ist das Aufgabengebiet von Gunesch

"Wir wollen die Talente noch besser machen. Das soll in verschiedenen Trainingseinheiten individuell trainiert werden. Wir müssen genau schauen, was wir mit welchem Spieler machen. Dabei geht es um Zyklisierung für drei Monate. Die Belastungssteuerung muss detailliert sein, um die Jungs nach oben zu bringen", skizzierte Richter das Aufgabengebiet von Gunesch.

Auf die U19 kommt nach dem Europa-League-Sieg der Eintracht zudem neben dem Alltag Bundesliga die "Youth League" gegen absolute Topteams zu: "Das ist Neuland. Wir fliegen möglicherweise nach Portugal, Spanien oder England. Für die Heimspiele müssen wir noch einen Spielort finden. Ich bin mir sicher, dass das nicht am Riederwald passiert. Das hat extreme Auswirkungen auf die Belastung der Spieler."

Zweite Mannschaft: Der Kader steht

Auch die zweite Mannschaft darf unter dieser ungewohnten Belastung nicht leiden. Der Kader stehe, wenngleich bislang noch nichts nach außen gedrungen ist, weitestgehend zusammen. Ein neuer Stürmer werde allerdings noch gesucht. Zum Vorbereitungsbeginn Ende Juni sollte das Team, bei dem auch Akteure von Hessen Dreieich dabei sein werden, stehen. Und mit dafür sorgen, dass bald wieder mehr Eigengewächse den Weg in die erste Mannschaft finden. Richter jedenfalls hat an den ersten Stellschrauben gedreht.