Nach Tiefschlag in Bochum Eintracht schwört sich auf Abstiegskampf ein

Eintracht Frankfurt ist im Abstiegskampf angekommen und muss sich neu aufstellen. Die Mannschaft, Trainer Oliver Glasner und Sportvorstand Markus Krösche sind unter Druck. Eine Schlüsselrolle kommt auf Sebastian Rode zu.
Video
Highlights: VfL Bochum - Eintracht Frankfurt

Zwei Tage nach der blamablen Vorstellung und der 0:2-Niederlage bei Aufsteiger VfL Bochum meldete sich am Dienstag auch Markus Krösche zu Wort. Der bislang in der Öffentlichkeit erstaunlich zurückhaltende Sportvorstand von Eintracht Frankfurt wies in einem auf den Vereinskanälen verbreiteten Statement darauf hin, dass sich jeder der aktuellen Situation bewusst sei. "Wir nehmen das sehr ernst", betonte Krösche. Soll heißen: Der Abstiegskampf ist in den Köpfen angekommen. Man will ergänzen: Es wird auch höchste Zeit.
Glasner und Rode legen Finger in die Wunde
Noch am Sonntag in Bochum hatte sich die Eintracht, die inzwischen das zweikampfschwächste Team der gesamten Bundesliga ist, von den Gastgebern niederkämpfen und mit einfachsten Mitteln besiegen lassen. Nur 45 Prozent gewonnene Mann-gegen-Mann-Duelle sind zu wenig und auch laut Trainer Oliver Glasner nicht abstiegskampfwürdig: "Das sagt viel aus, dann reicht's nicht."
Kapitän Sebastian Rode war nach Abpfiff sogar noch ein Stück weiter gegangen und hatte einigen seiner Mitspieler die benötigte Mentalität und Härte für den Tabellenkeller abgesprochen. "Ich hoffe, dass jetzt jeder gemerkt hat, was in der Bundesliga abgeht und wie man hier Fußball spielen muss", sagte er und schlug damit auf seine Weise Alarm: Wir müssen jetzt aufwachen, sonst ist es zu spät. Die Lage ist ernst.
Rode ist jetzt gefordert
Dass Rode diese klaren Worte wählte, ist sein gutes Recht und letztlich ein gutes Zeichen in düsteren Zeiten. Die Eintracht, die in den vergangenen Wochen bedenklich taumelte und sich innerhalb weniger Monate von einem Champions-League-Aspiranten zu einem Abstiegskandidaten zurückentwickelt hat, muss diese ebenso neue wie unangenehme Rolle erst noch annehmen und verinnerlichen. Der verbale Schuss vor den Bug vom Kapitän, der nach längerer Verletzungspause auf und neben dem Platz dringend benötigt wird, ist deshalb elementar für die kommenden Wochen.
Da andere Führungsspieler wie Makoto Hasebe, Martin Hinteregger oder Kevin Trapp entweder zu leise, zu sehr mit sich selbst beschäftigt oder bei der Spielführer-Frage übergangen worden sind, muss Rode nun vorangehen und sein Team wachrütteln. Der Rausch der vergangenen Jahre ist vorbei, aus der vermeintlichen Übergangssaison ist eine Spielzeit im Gefahrenbereich Tabellenkeller geworden. Nach neun Spieltagen mit lediglich einem Sieg ist der Abstiegs-Relegationsplatz nur noch zwei Punkte entfernt.
Mischt man diese sportliche Ausgangslage mit den kraftraubenden Querelen um Filip Kostic und Amin Younes, dem ohnehin schwierigen Umbruch auf der Trainerbank und im Kader, der fehlenden Unterstützung der aktiven Fanszene sowie den nicht funktionierenden Neuzugängen, hat man schnell alle Zutaten für ein Horror-Szenario zusammen. Der Eintracht droht ein böses Erwachen. Noch, und das ist auch klar, ist aber genug Zeit zum Gegensteuern.
Video
Die Pressekonferenz nach dem Spiel in Bochum

Glasner muss sich selbst bremsen
Damit die Kehrtwende zum Guten möglichst bald und möglichst langfristig gelingt, sind aber auch Trainer Glasner und Sportvorstand Krösche in der Pflicht. Glasner muss es schaffen, der Mannschaft Sicherheit zu geben und wieder an die Basics des Spiels zu erinnern. Der Österreicher, der mit großen Ambitionen nach Frankfurt gekommen war und etwas entwickeln wollte, muss sich dafür selbst zurücknehmen und die Spieler nicht weiter überfordern. Kämpfen und beißen ist jetzt erst einmal wichtiger als taktische Kniffe oder ausgefeilte Spielzüge.
"Das System ist egal, wenn die Grundlagen nicht stimmen", hat Glasner bereits mehrfach betont und damit letztlich Recht. Die vielen und ständigen Änderungen von Dreier- zu Viererkette mit einem oder zwei Angreifern und wieder zurück waren aber auch nicht hilfreich. Glasner muss sich auf eine Anordnung, wohl das altbekannte 3-5-2, festlegen und dem Team Vertrauen schenken. Die Eintracht muss sich einspielen und wieder zu sich selbst finden.
Die Eintracht braucht Verstärkungen
Neben allerlei Arbeit auf dem Rasen sollten aber auch im Hintergrund bereits jetzt alle Hebel in Bewegung gesetzt und nach Transfer-Optionen Ausschau gehalten werden. Da Jesper Lindström, Jens Petter Hauge und Sam Lammers bislang keine Verstärkungen sind, klaffen in der Offensive weiter große Lücken. Kaderplaner Krösche, der seine Vorschusslorbeeren noch nicht rechtfertigen konnte, ist schon jetzt unter Druck und muss im Winter dringend nachlegen. Ohne einen echten Torjäger und einen weiteren Anschieber im offensiven Mittelfeld ist eine dauerhafte Verbesserung der harmlosen Offensive nur schwer vorstellbar.
Bis es soweit ist, muss sich die Eintracht aber auf sich selbst konzentrieren und aus den bestehenden Möglichkeiten das Maximale rausholen. Das anstehende Heimspiel am Samstag (18.30 Uhr) gegen RB Leipzig mutet in der aktuellen Situation schon fast wie ein Bonusspiel an, aus dem die Hessen Selbstvertrauen und Erkenntnisse ziehen können.
Das darauffolgende Gastspiel beim Tabellenletzten in Fürth hat hingegen schon jetzt Endspiel-Charakter. Die Kleeblätter haben in ihrer zusammengezählt eineinhalb Jahre langen Bundesliga-Historie noch nie ein Heimspiel gewonnen. Die Eintracht sollte alles tun, damit sich diese Statistik nicht verändert.