Eintrachts Sommer-Transfer Wer ist Randal Kolo Muani?

Eintracht Frankfurt ist mit der Verpflichtung von Randal Kolo Muani ein echter Transfercoup geglückt. Der Stürmer hat einen unkonventionellen Werdegang, bringt viele Stärken mit und muss an einer entscheidenden Schwäche arbeiten.
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Manchmal will gut Ding eben tatsächlich Weile haben. Seit Oktober 2020 baggerte Eintracht Frankfurt an Randal Kolo Muani vom FC Nantes. Im Januar 2021, stolze 15 Monate später, hat sich der lange Atem ausgezahlt. Zwar ist der Deal offiziell von der Eintracht noch nicht bestätigt, aber übereinstimmenden Medienberichten zufolge hat der französische Stürmer einen Vertrag bis 2027 unterschrieben und kommt im Sommer an den Main.
Die Eintracht hat sich damit gegen namhafte Konkurrenz durchgesetzt, zuletzt wollte gar Schwergewicht Paris St. Germain noch dazwischengrätschen. Entsprechend glücklich dürfte man bei der Eintracht über das Zustandekommen des Wechsels sein. "Das ist ein super Transfer für die Eintracht", sagt auch Ali Farhat, französischer Sportjournalist und Experte bei der Deutsche Welle. "Er ist sehr talentiert."
"Kostic-Flanken für Kolo Muani..."
Glaubt man Farhat, bringt Kolo Muani zahlreiche Fertigkeiten mit. "Er ist sehr gefährlich, geht schnell in die Tiefe und kann sehr dominant auf dem Platz sein. Und er ist sehr kopfballstark. Wenn Filip Kostic bleibt, kann ich mir gut vorstellen, dass einige Flanken auf dem Kopf von Kolo Muani landen werden", so Farhat über den 1,87 Meter großen Stürmer. "Es fehlt ihm manchmal noch die Konstanz vor dem Tor, er muss noch viel arbeiten, aber er hat die Qualität, sich bei der Eintracht durchzusetzen."
Diese Qualität machte aus Kolo Muani in den letzten anderthalb Jahren einen der Shooting Stars des an Talenten nicht eben armen Frankreichs. Nach seiner Leih-Rückkehr aus der dritten Liga spielte sich Kolo Muani 2020/21 umweglos in die Stammelf von Nantes, schoss neun Ligatore und gab nochmal neun Assists. Seine Leistungen spülten ihn dabei nicht nur in die Notizbücher der Eintracht und diverser anderer Klubs, sondern auch in die U21 sowie Olympia-Auswahl Frankreichs.
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Kolo Muani ging den ungewöhnlichen Weg
Sein steiler Aufstieg ging in dieser Saison nahtlos weiter. Aktuell steht er schon bei acht Toren - nach der Hinrunde, wohlgemerkt. Das ist auch deswegen bemerkenswert, weil Kolo Muani einen in der französischen Talentefabrik ungewöhnlichen Weg gegangen ist: Er war nie wirklich in einem Nachwuchsleistungszentrum. Nantes holte den heute 23-Jährigen mit fast 18 Jahren zu sich, nach einer Saison ging es in die zweite Mannschaft.
Taktisch und technisch habe es im Vergleich zu seinen im NLZ ausgebildeten Kollegen durchaus etwas aufzuholen gegeben, so Kolo Muani im November 2021 im Interview mit ligue1.fr. "Aber ich sehe das eher als Stärke an. Angesichts meines Werdegangs bin ich der Meinung, dass man nicht unbedingt durch ein Ausbildungszentrum gehen muss, um auf hohem Niveau zu spielen."
"Ich dribble gerne und mache gerne Finten"
Es ist ja ein oft bemühter Kritikpunkt, dass die NLZ viele gleichförmige Spielertypen hervorbringen, und möglicherweise sieht man Spurenelemente dieser fehlenden NLZ-Ausbildung in Kolo Muanis Spielweise. Seine Dribblings sind mitunter irritierend anders, unkonventionell, kurze, kleine Haken mit langen Beinen, elegante Wackler mit der Hüfte.
Ein Tor von ihm gegen Angers ging im letzten Jahr viral. Kolo Muani zieht sich dabei den Ball mit der Hacke im Fünfmeterraum gegen den Lauf und wackelt dann so lange mit den Hüften, bis alle Gegenspieler auf dem Boden liegen. Ein Treffer, nach dem ihn niemand Geringeres als Thierry Henry mit seinem einstigen Mitspieler und Arsenal-Legende Nwankwo Kanu verglich. "Ich habe mir direkt Videos von Kanu angesehen. Er war ein technisch sehr versierter Spieler. Das hat mich sehr gefreut. Ich dribble gerne und mache gerne Finten. Das Tor gegen Angers war Instinkt", so Kolo Muani zu ligue1.fr.
"Ich bin kein Stürmer, der hungrig auf Tore ist"
Nicht immer ist sein Instinkt der richtige, zu oft noch trifft er die falsche Entscheidung in der Abschlusssituation, müsste häufiger schießen, seltener abspielen. "Ich kann bessere Entscheidungen im letzten Schritt treffen. Ich bin wirklich ein Mannschaftsspieler. Ich denke an meine Mitspieler und vor allem an den letzten Pass. Ich bin kein Stürmer, der hungrig auf Tore ist, aber ich arbeite daran", weiß Muani selbst.
Die Floskel vom Dranbleiben, Weiter-hart-Arbeiten, Kolo Muani füllt sie mit Leben. Für die ersten Schritte im Herrenfußball ging er 2019 zu US Boulogne in die dritte französische Liga. Ein Abenteuer, das schnell nach hinten loszugehen schien. In den ersten fünf Partien sah der übermotivierte Youngster zweimal Rot, wurde acht Spiele gesperrt. "Ein Tiefpunkt", wie er sagt, der aber zu einer verbesserten Arbeitseinstellung führte.
Und auch der Start bei den Profis von Nantes war nicht einfach: "Seine ersten beiden Treffer wurden prompt vom VAR einkassiert. Aber er ist drangeblieben", so Farhat. Diesen Arbeitsethos sieht man mittlerweile auch auf dem Platz, was vor allem Eintracht-Coach Oliver Glasner, erklärter Pressing-Liebhaber, freuen wird. So lag Kolo Muani in den Kategorien Anlaufen, Pressing und hohe Ballgewinne in der Saison 2020/21 deutlich über dem Durchschnitt der Ligue1-Stürmer.
"Wenn sie es gut machen, warum nicht auch ich"
Und so bekommt die Eintracht einen engagierten, hochtalentierten, unkonventionellen Spieler, der zudem noch äußerst vielseitig ist. Wird es ihm im Zentrum zu eng, lässt er sich gern fallen oder weicht auf die Flügel aus. Eine Rolle, die er schon in Boulogne spielte, und in der er auch jetzt immer wieder aufgeboten wird: Als Rechts- oder Linksaußen hat er in dieser Saison schon genauso viele Ligatore geschossen wie als Mittelstürmer.
Vielleicht kommt die Vielseitigkeit daher, dass Kolo Muani gleich eine ganze Reihe an Vorbildern aufzählt, an denen er sich orientiert. "Ich mag den Kampfgeist von Luis Suarez, die Finesse von Anthony Martial, die Beschleunigungen und Tempowechsel von Raheem Sterling, wie Kylian Mbappé, mit seiner Geschwindigkeit brilliert", so Kolo Muani zu ligue1.fr. "Ich versuche, mich von ihnen inspirieren zu lassen. Ich denke mir: 'Wenn sie es gut machen, warum nicht auch ich?'" Ja, warum eigentlich nicht?