Jesper Lindström

Eintracht Frankfurt bekommt vom FC Bayern die Grenzen aufgezeigt, nach dem Abpfiff ist die Personalie Filip Kostic aber mindestens genauso interessant wie der Spielverlauf. Jetzt braucht es schnelle Problemlösungen – der nächste Gegner heißt immerhin Real Madrid.

Am Ende wurde es sogar noch lustig. Rund eine Stunde nach Abpfiff, die sechs Münchner Watsch'n waren noch nicht bei jedem komplett verdaut, da mimte Oliver Glasner am späten Freitagabend den Comedian.

"Damit er für den Auftakt in Italien fit ist", scherzte der Trainer von Eintracht Frankfurt in seiner Antwort auf die Frage, warum er Filip Kostic bei der 1:6-Schlappe gegen den FC Bayern bereits nach 75 Minuten und damit ungewohnt früh ausgewechselt habe. Ein kleines Grinsen später schaltete der Österreicher aber schon wieder vom Comedy- in den Coaching-Modus: "Weil Filip ziemlich spät ins Training eingestiegen und noch nicht bei hundert Prozent seiner körperlichen Fitness ist."

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Highlights: Eintracht - Bayern

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Fakt ist allerdings: Nach der Frankfurter Bauchlandung zum Start in die neue Bundesliga-Saison wird über die Zukunft des Mittelfeld-Stars mindestens genauso viel gesprochen wie über die diversen taktischen und spielerischen Unzulänglichkeiten der Eintracht vor den Gegentoren eins bis sechs. Kostic soll bei Juventus Turin so weit oben auf dem Einkaufszettel stehen, dass der Club aus der Serie A laut italienischer Berichte sein Angebot auf zwölf Millionen Euro plus mögliche Boni erhöht haben soll.

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Die komplette Eintracht-PK nach dem Spiel gegen Bayern München

Oliver Glasner
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Als der Flügelflitzer am Freitagabend – unmittelbar nach seiner Auswechselung – dann auch noch die Seitenlinie entlang lief, dabei stehende Ovationen sowie Gesänge von den Tribünen entgegennahm und freundlich zurück applaudierte, da witterten nicht wenige so etwas wie eine Abschiedstour durchs Waldstadion. Eine Tour war es allemal, aber erst einmal nur in Form eines notwendigen Fußmarsches vom Ort der Auswechselung vor der Gegentribüne bis zur Frankfurter Bank vor der Haupttribüne.

Krösche über Kostic: "Werden sehen, was passiert"

Sportvorstand Markus Krösche zuckte deshalb nach dem Spiel mit den Schultern. "Seit Wochen berichten die Italiener irgendwas. Ich kann da momentan nichts zu sagen", äußerte der 41-Jährige. "Ich höre jetzt auf, immer Sachen aus Italien zu kommentieren. Wir werden sehen, was passiert."

Krösche wie auch Glasner waren nach der Partie ohnehin eher um eine brauchbare Einordnung der vorangegangenen 90 Minuten interessiert. Fünf Gegentreffer in der allerersten Halbzeit der neuen Saison: Schlechter hätte der Europa-League-Sieger 2022 nicht in die neue Spielzeit starten können. Auch wenn der Gegner FC Bayern hieß und Rekordmeister ist, die Leistung der Heimmannschaft in Sachen Abwehrarbeit, Zweikampfverhalten und auch eigene Chancenverwertung – etwa bei dem Hundertprozenter von Jesper Lindström (26. Spielminute) – sorgte phasenweise für ungewohnte Stille in der Arena.

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Eintracht ohne Chance gegen die Bayern

Kostic
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Doch auch die Münchner Muskelspielchen brachten die Eintracht und ihren Anhang in mehreren, kurzen Abständen zum Schweigen. Beginnend mit dem ersten Treffer der neuen Saison, einem raffinierten und schlitzohrigen Freistoßtor von Joshua Kimmich, bei dem sich der Ball seinen Weg durch Pyro-Rauchschwaden bahnte und schließlich Kevin Trapp im kurzen Torwart-Eck böse überraschte (5.).

In der Folge war das größte Problem, dass die Hessen ihre Defensivbemühungen überhaupt nicht organisiert bekamen, immer wieder viel zu große Abstände zwischen den eigenen Ketten zuließen und dadurch Räume für den FCB ermöglichten. Die Hausherren taten genau das, was sie niemals tun dürfen: Sie ließen München ins Spielen kommen.

Mané, Musiala, Gnabry – sie alle treffen

Verteidiger Benjamin Pavard in bester Stürmer-Manier (11.), Neuzugang und Superstar Sadio Mané (29.), der Ex-Osthesse Jamal Musiala (35.) und Serge Gnabry (43.) führten mit ihren Treffern einen rund 45 Minuten andauernden Klassenunterschied herbei. Die Abwehr der Eintracht fiel nicht auseinander, sie zerbrach auch nicht in ihre Einzelteile – sie wirkte an diesem Abend von Anfang an nicht richtig zusammengesetzt. Kurz vor Spielende gelang Musiala sogar noch der Doppelpack (83.).

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Kroos im heimspiel!

Felix Kroos, Bruder von Real-Star Toni, ist am Montag in der hr-Sendung heimspiel! zu Gast. Thematischer Schwerpunkt ist der Uefa-Supercup in der kommenden Woche zwischen Eintracht Frankfurt und Real Madrid. Die Sendung sehen Sie am Montagabend ab 23.15 Uhr im hr-fernsehen. Zuvor wird sie bereits auf hessenschau.de und in der ARD-Mediathek abrufbar sein.

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Spätestens nach dem 0:2 habe seine Mannschaft "den Kopf verloren", urteilte Glasner hinterher, das Team sei mit dem Kombinationsspiel und dem hohen Tempo der Gäste "überfordert" gewesen. Ähnlich sah es Manager Krösche: "In der ersten Halbzeit waren wir einfach viel zu naiv. Es gibt ein paar taktische Regeln, die müssen wir auch einhalten. Wenn jeder einzeln versucht, irgendwas zu tun, geht es gegen so eine Mannschaft in die Hose. Wir sind in der Realität angekommen." Der Rausch der Europapokal-Party vom 18. Mai, er dauerte genau 79 Tage.

Eintracht Frankfurt nun gegen Real Madrid

Wenn die Eintracht aus diesem 1:6 gegen Meister-München etwas Positives mitnehmen möchte, dann ganz sicher das Auftreten in der zweiten Halbzeit. Glasner hatte in der Pause gleich drei Mal gewechselt und Kristijan Jakic für Sebastian Rode, Randal Kolo Muani für Rafael Borré sowie Christopher Lenz für Lindström gebracht. Die Folgen: mehr Körperlichkeit im Spiel gegen und mehr Mut im Spiel mit dem Ball. Kolo Muani fuhr seinen und den Lohn des Teams mit dem Treffer zum zwischenzeitlichen 1:5 ein (64.).

Bis zur von lautem Beifall begleiteten Auswechselung von Filip Kostic waren es da noch gut zehn Minuten. Für die Herausnahme des 29 Jahre alten Serben hatte der Trainer übrigens noch eine Begründung mehr. "Damit er gegen Real Madrid topfit ist", sagte er. "Und wir in fünf Tagen, obwohl wir 1:6 verloren haben, den Supercup gegen Real Madrid gewinnen wollen." In diesem Moment klang Oliver Glasner nicht mehr wie ein lustiger Comedian. Er klang wie ein Trainer.

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Eintracht Frankfurt – Bayern München 1:6 (0:5)

Frankfurt: Trapp - Touré, Tuta (81. Hasebe), N'Dicka - Knauff, Sow, Rode (46. Jakic), Kostic (75. Alidou) - Borré (46. Kolo Muani), Götze – Lindström (46. Lenz)

München: Neuer - Pavard (82. Mazraoui), Upamecano, Hernandez (82. de Ligt), Davies - Kimmich, Sabitzer (57. Gravenberch) - Müller (65. Tel), Musiala - Gnabry (65. Sané), Mané

Tore: 0:1 Kimmich (5.), 0:2 Pavard (11.), 0:3 Mané (29.), 0:4 Musiala (35.), 0:5 Gnabry (43.), 1:5 Kolo Muani (64.), 1:6 Musiala (83.)
Gelbe Karten: N'Dicka, Kostic / -

Schiedsrichter: Aytekin (Oberasbach)
Zuschauer: 51.500 (ausverkauft)

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