Eintracht-Trainer Oliver Glasner steht vor einer spannenden Saison.

Magdeburg, Bayern München, Real Madrid: Es geht knackig los für Eintracht Frankfurt. Sind die Hessen gewappnet für den Saisonstart mit kernigen Aufgaben? Einige Baustellen tun sich noch auf.

Es war der ordentliche Abschluss einer Vorbereitung, die Trainer Oliver Glasner teilweise erschreckend gut fand. Eintracht Frankfurt besiegte Regionalligist FC-Astoria Walldorf am Mittwoch deutlich und blieb somit in den fünf Testspielen ungeschlagen. Die Euphorie beim Traditionsclub ist nach dem historischen Erfolg in der Europa League riesengroß, die erste Teilnahme an der Champions League hat das Standing verbessert.

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Highlights: So lief das Testspiel von Eintracht Frankfurt in Walldorf

Mario Götze
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Doch sind die Hessen bereit für den Start der Saison 2022/23, der mit Magdeburg im DFB-Pokal, Bayern München in der Bundesliga und Real Madrid im europäischen Supercup hochattraktiv und schwierig zugleich ist? Der hr-sport zieht nach fünf Wochen Vorbereitung ein Fazit.

1. Offensive bietet Möglichkeiten - und eine Herausforderung

Die Aufstellung für das Wochenende tippen? Große Probleme hatten Beobachter der Eintracht in der vergangenen Saison nicht. Spielt Sebastian Rode? Setzt Glasner auf Makoto Hasebe? Braucht möglicherweise ein Angreifer im Dauereinsatz eine Verschnaufpause? Die erste Elf stand fest, Fragen kamen selten auf. Veränderungen gab es erst, als es in der Bundesliga um nichts mehr und in der Europa League um alles ging. Die zweite Reihe war zu schwach. Sam Lammers, Gonçalo Paciência, Ragnar Ache oder Jens Petter Hauge konnten sich nicht aufdrängen.

Sportvorstand Markus Krösche und Ben Manga, Direktor Profifußball, reagierten im Sommer nach dem Einzug in die Champions League dementsprechend. Mit Weltmeister Mario Götze, Goalgetter Lucas Alario, Talent Faride Alidou und Turbomann Randal Kolo Muani hat die Offensive einen neuen Anstrich erhalten.

Dauerbrenner wie Jesper Lindström, Rafael Borré und Daichi Kamada, ein im Vorjahr kaum zu ersetzendes Trio, haben nun harte Konkurrenz um die begehrten Plätze in vorderster Reihe. Glasner kann variieren und dadurch unberechenbarer für die Gegner werden. Der Österreicher steht damit aber auch vor der Herausforderung, alle bei Laune zu halten und mit Blick auf die Dreifachbelastung das richtige Gespür für die jeweilige Situtation zu entwickeln.

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Eintracht hat in der Offensive ein Luxus-Problem

Mario Götze
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2. Plötzlich drückt hinten der Schuh

Überraschenderweise wird es vor dem Pokal-Duell in Magdeburg (Montag, 20.45 Uhr) ganz eng im hinteren Bereich. Torhüter Kevin Trapp setzte in Walldorf wegen einer Erkältung aus, Evan N'Dicka ist nach Wadenproblemen noch nicht vollständig fit, Jérôme Onugéné wurde verletzungsbedingt ausgewechselt und Hrvoje Smolcic droht auszufallen. Der Neuzugang hatte mit seinem alten Verein HNK Rijeka im Pokal-Finale der vergangenen Saison gegen Hajduk Split die Gelb-Rote-Karte gesehen. Im Normalfall bedeutet dies eine Sperre. Die Eintracht hat noch Klärungsbedarf.

Im Tor wäre Diant Ramaj, der nach seiner Meniskus-Operation in der Vorbereitung wackelte, die erste Option. Für die Abwehr stünden Glasner mit Methusalem Makoto Hasebe, Almamy Touré und Tuta nur noch drei etatmäßige Verteidiger zur Verfügung. Weitere Optionen wie Timothy Chandler und Christopher Lenz sind möglich, für das schwierige Duell bei Zweitliga-Aufsteiger Magdeburg aber nicht optimal.

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Die komplette Pressekonferenz mit Neuzugang Hrvoje Smolcic

Hrvoje Smolcic bei seiner Vorstellung.
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3. Kamada, Kostic, N'Dicka: Unklare Zukunft belastet den Club

Der Begriff "Stand jetzt" löst bei Eintracht-Fans äußerst ungute Gefühle aus. Ex-Trainer Niko Kovac druckste bei Zukunftsfragen herum und verließ die Hessen dann in Richtung FC Bayern München. Als Glasner am Mittwoch beim TV-Sender Sky nach Kostic gefragt wurde, zuckte der eine oder andere Anhänger bei der Antwort zusammen: "Ich weiß zwar nicht, was bis zum 1. September noch passiert. Aber Stand heute bin ich sicher, dass er bleibt."

Das Thema Filip Kostic beschäftigt das Umfeld permanent. Erst soll sich der Serbe mit Juventus Turin einig gewesen sein, aktuell klopft Premier-League-Club West Ham United lautstark an. Wie bei Kamada und N'Dicka auch, läuft Kostics Kontrakt 2023 aus. Die Frankfurter erhoffen sich baldige Klarheit. Bleiben und verlängern - oder gehen und noch einmal Geld in die Kasse spülen? Die Angst vor einem Dauer-Thema, sie bleibt und belastet. Im Gegensatz zu Kostic haben Kamada und N'Dicka (AC Mailand bekundete Interesse) keine Offerte eines anderen Clubs vorliegen.

4. Der Kader ist weiterhin zu groß

So ungern die Eintracht ihre Stars verlieren möchte, so gerne will sie einige Spieler noch abgeben. Paciência spielt in den Planungen von Glasner keinerlei Rolle mehr, er läuft während der Trainingspartien nur noch einsam seine Runden. Auch für Ajdin Hrustic gibt es kaum noch Platz, Ali Akman steht bereits vor einem Abgang zu Galatasaray Istanbul.

Optimal ist dieser Umstand nicht für Glasner. "Ich wil nicht 15 gegen 15 spielen. Wenn wir 22 oder 23 Feldspieler und noch ein paar Talente haben, dann reicht das völlig aus", sagte der Coach schon vor dem Start der Vorbereitung. Seitdem hat sich kaum etwas bewegt, einzig Erik Durm fand rasch einen neuen Club (1. FC Kaiserslautern).

5. Gute Testspielergebnisse, aber...

Eigentlich liest sich die Testspielbilanz der Eintracht sehr ordentlich. Drei Siege mit 20 Toren und ohne Gegentreffer gegen unterklassige Gegner, den FC Turin verdient geschlagen und ein Remis in Linz. Einen Makel gab es dennoch. Die Generalprobe gegen Ajax Amsterdam in Grödig fiel coronabedingt aus.

Dies schmerzte die Eintracht in zweierlei Hinsicht. Erstens hätte die Partie gegen einen starken Gegner aus den Niederlanden sportlich weitergeholfen, und zweitens hätten sich die Frankfurter unnötige Reisestrapazen ersparen können. So fehlen auch Glasner wichtige Erkenntnisse.

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Eintracht gewinnt Test gegen Turin

Eintracht Frankfurt Turin
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Fazit

Die Eintracht startet trotz einiger Fragezeichen gut gewappnet in die neue Spielzeit. Glasner und das Team kennen sich, die Neuzugänge fügen sich prima ein. Dennoch sollten die Hessen nicht übermütig werden. Die drei M's aus Magdeburg, München und Madrid werden alles daran setzen, den Europa-League-Sieger zu schlagen.

Zudem weiß Glasner nicht, ob er auch über den 1. September hinaus noch mit seinen Schlüsselspielern Kamada, Kostic und N'Dicka planen kann. Sollten die Frankfurter mit ihrem aktuellen Kader tatsächlich die komplette Saison bestreiten, hat der Eintracht-Trainer viele Möglichkeiten im Rennen um die internationalen Plätze.

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