Fans von Olympique Marseille in Frankfurt

Vor der zweiten Champions-League-Partie von Eintracht Frankfurt zeigt sich Marseille wieder einmal wenig gastfreundlich. Gleichzeitig wächst die Angst vor Krawallen und Geisterspielen. Warum ist das eigentlich so? Es gibt eine Vorgeschichte.

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Strenge Auflagen für Eintracht-Fans

Eintracht-Fans feiern auf der Straße von Sevilla vor dem Europa-League-Finale der Eintracht
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Es ist fast auf den Tag genau vier Jahre her, dass Eintracht Frankfurt letztmals bei Olympique Marseille antrat. Damals, am ersten Spieltag der Europa-League-Gruppenphase der Saison 2018/19, schoss ein gewisser Luka Jovic die in Unterzahl spielenden Hessen in der Nachspielzeit zum Sieg und gab damit den Startschuss für einen furiosen Ritt bis zum denkwürdigen Halbfinale gegen den FC Chelsea an der Stamford Bridge.

Mindestens genauso bemerkenswert waren damals jedoch auch die Geschehnisse abseits des Rasens. Und diese spielen nun auch beim erneuten Aufeinandertreffen in der Champions League am Dienstag (21 Uhr, live bei hr-iNFO und im Audiostream auf hessenschau.de) wieder eine Rolle. Die Partie der Eintracht in Marseille hat mit einer ausgelassenen Fan-Reise schon jetzt nichts mehr zu tun. Doch was ist eigentlich passiert?

Eintracht damals in Marseille vor leeren Rängen

Zunächst einmal wurde die Vorfreude der Hessen im September 2018 auf die Rückkehr in den internationalen Wettbewerb durch einen Zuschauer-Ausschluss erheblich getrübt. Ausgerechnet beim ersten Spiel nach mehr als vierjähriger Abstinenz musste die Eintracht – wohlgemerkt unverschuldet – vor leeren Rängen antreten. Der Grund: Die UEFA hatte Premieren-Gegner und Gastgeber Marseille wegen mehrerer Fälle schweren Fehlverhaltens der eigenen Fans zu einem Geisterspiel verdonnert. Da der Spielplan dann die Eintracht als ersten Gegner hervorbrachte, wurde die Strafe gegen Marseille gleichzeitig zu einer Strafe für die in diesem Fall unbeteiligten Frankfurter Anhänger.

Und als wäre das nicht schon Grund genug für schlechte Laune, verhängte die örtliche Polizei sechs Tage vor der Partie auch noch ein Aufenthaltsverbot für Frankfurter Fans in der Stadt. Die Reise an die Cote d’Azur und damit die Möglichkeit, das Team zumindest zu begleiten, wurde unmöglich. "Das ist ein völlig unangemessener und rechtsstaatlich hochgradig bedenklicher Eingriff in die Rechte eines jeden Einzelnen", kommentierte Vorstand Axel Hellmann damals die Entscheidung. Heute ist klar: Das Vertretungsverbot war sogar rechtswidrig, wie das Verwaltungsgericht Marseille im Dezember 2021 entschied.

Vor dem Rückspiel in Frankfurt verhinderte dann die Polizei mit proaktivem Einschreiten Schlimmeres. An der deutsch-französischen Grenze stellten Beamte bei Kontrollen große Mengen an Waffen, Feuerwerkskörpern und Pyrotechnik sicher, die verbotenen Gegenstände waren teilweise in die Deckenverkleidung der Reisebusse eingebaut. Zwei französische Fans wurden dabei festgenommen, mehr als 200 mussten umgehend die Rückreise nach Marseille antreten. Im Stadion brannte es dann einige Stunden nach dieser großangelegten Maßnahme trotzdem in beiden Blöcken, die Stimmung insgesamt: sehr hitzig. Und das hat sich offenbar bis heute nicht geändert.

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Livestream

Live: Eintracht Frankfurt bei Olympique Marseille

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Marseille macht Eintracht-Fans das Leben schwer

Wie aufgeladen die Atmosphäre rund um das Stade Velodrome in Marseille ist und sein wird, verdeutlichen die am Sonntag von der Stadt verhängten Verhaltensregeln für Eintracht-Fans. In vier zentral gelegenen Stadtvierteln ist das Tragen von Frankfurter Fan-Kleidung am Tag vor dem Spiel ebenso verboten wie das Singen von Fan-Liedern. Heißt: Wer sich als Eintracht-Anhänger zu erkennen gibt, muss mit Konsequenzen rechnen.

Am Spieltag selbst ist die Anreise zum Stadion dann nur in extra bereitgestellten Bussen gestattet, einen Fanmarsch darf es nicht geben, die Körperkontrollen an den Eingängen werden von Polizisten durchgeführt. Die Eintracht warnte in einem Rundschreiben an alle Ticket-Inhaber zudem ausdrücklich davor, den Bereich rund um den alten Hafen zu betreten. Kurzum: Statt mit offenen Armen werden Gästefans in Marseille eher mit geballten Fäusten empfangen. Fröhliche Feier-Bilder wie in Barcelona oder Sevilla wird es aus Südfrankreich definitiv nicht geben.

Marseille-Ultras gefürchtet

Nun ist es auf der einen Seite wohl verständlich, dass die Behörden ein direktes Aufeinandertreffen der beiden Fan-Gruppen vermeiden wollen. Die Ultras von Marseille, einer Stadt, die ohnehin deutlich schroffer daherkommt als der Großteil des Landes, gelten als eine der härtesten, größten und kompromisslosesten Fan-Gruppierungen Europas. Erst im vergangenen Jahr stürmten rund 300 Hardcore-Anhänger das Olympique-Trainingsgelände, randalierten, attackierten Trainer André Villas-Boas und verursachten laut Vereinsgaben einen Schaden von mehreren Hunderttausend Euro.

Auf der anderen Seite dürften derartige Verbote und Einschränkungen eher nicht zu einer Beruhigung der Gemüter beitragen. Spätestens im Laufe des Montags werden in Marseille, das am Sonntag noch sehr ruhig wirkte, immer mehr Frankfurter Anhänger eintreffen. Wirklich entspannt und frei bewegen können diese sich dann nicht.

Eintracht droht Geisterspiel

Dass es vor allem für die Eintracht von elementarer Bedeutung ist, dass es zu keinen Zwischenfällen kommt, macht die Sache zusätzlich kompliziert. Die Hessen spielen nach mehreren Pyro-Vergehen schon lange auf Bewährung, beim nächsten Verstoß droht wieder einmal ein Spiel vor leeren Rängen, wie nicht zuletzt Präsident Peter Fischer vor dem Supercup gegen Real Madrid noch einmal betont hatte. "Ich saß am Tisch des UEFA-Präsidenten, der sehr deutlich gesagt hat: Ich habe tolle Sympathie für Euch, ihr seid einen klasse Weg gegangen. Aber wenn bei Euch Scheiße passiert, dann heißt das danach Geisterspiel in Frankfurt."

Ein Champions-League-Spiel der Eintracht ohne Fans ist ein Szenario, das sich aktuell niemand vorstellen will. In Marseille liegt in den Tagen und Stunden vor Anpfiff aber wieder einmal der Fokus auf den Dingen abseits des Rasens.

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