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Kein Public Viewing zur Katar-WM in Frankfurt

Bild vom Public Viewing in Frankfurt zur WM 2006

Spätestens seit der WM 2006 gehört Public Viewing bei Fußball-Weltmeisterschaften zu Deutschland wie der Main zu Frankfurt. In diesem Jahr verzichtet die Stadt bewusst auf das Event-Gucken. Auch andere Städte senken den Daumen.

Auch nach 16 Jahren ist die Weltmeisterschaft 2006 bei vielen Fußball-Fans noch als Sternstunde des öffentlich-gemeinsamen Fußball-Guckens im kollektiven Gedächtnis verankert. Die Welt zu Gast bei Freunden, ein Land im Freudentaumel, und schwimmende Leinwände auf dem Main: Vor allem die Stadt Frankfurt bleibt als Heimat des hessischen Public Viewing im Gedächtnis.

Eine Wiederholung wird es in diesem Jahr nicht geben. Und das liegt nicht nur an der wenig zuschauerfreundlichen Jahreszeit, in der die Ende November beginnende WM in Katar ausgetragen wird. Vielmehr sorgen die vielfach geteilten menschenrechtlichen Bedenken mit Blick auf das Gastgeberland dafür, dass heimische Public-Viewings-Fans in diesem Jahr in die Röhre gucken. So teilte Sportdezernent Mike Josef (SPD) auf hr-Anfrage mit: "Die Stadt Frankfurt plant kein Public Viewing." Sie steht damit in einer Linie mit Paris, das als erste europäische Großstadt Public-Viewing-Veranstaltungen ausgeschlossen hatte.

Weder im Stadion noch am Main läuft Fußball

Es bestehe kein Zweifel daran, dass die Vergabe der Weltmeisterschaft an Katar falsch gewesen sei, sagte Josef: "Wir rufen zur Achtung der Menschenrechte auf." Alle Verantwortlichen seien gefordert, soweit wie möglich ihren Beitrag zur Verbesserung der Menschenrechte in Katar zu liefern. Im Fall der Stadt Frankfurt heißt das konkret: kein öffentliches Fußballfest im Stadtgebiet.

Im Frankfurter Waldstadion fanden in der Vergangenheit größere Public-Viewing-Events statt, die nicht von städtischer Seite organisiert wurden. So etwas wird es zur WM 2022 ebenfalls nicht geben; auch wenn das nicht ursächlich mit der Lage in Katar zusammenhängt, wo nach unabhängigen Untersuchungen tausende Gastarbeiter auf WM-Baustellen gestorben sind. Wegen des Ausbaus der Nordwestkurve wird die Winterpause der Bundesliga zu Bauarbeiten im Stadion genutzt, wie Stadion-Geschäftsführer Patrik Meyer auf Anfrage erklärte.

Deutsche Fans beim Public Viewing Commerzbank-Arena

Planen Hessens Städte Public Viewing zur WM?

Auch in anderen großen Städten dürften Fußballfans die Winter-WM vornehmlich in der Kneipe oder in ihren eigenen vier Wänden verfolgen. So senkte auch die Landeshauptstadt am Dienstag endgültig den Daumen. "Public Viewing und die kalte Jahreszeit passen nicht zusammen, zudem ist die WM hoch umstritten. Über die zahlreichen Hinweise zur Menschenrechtslage und Ausbeutung von Arbeitern wollen und können wir nicht hinwegsehen", sagte Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD). Heißt: Auch in Wiesbaden bleiben die Leinwände eingerollt.

Ähnlich klingt das in Kassel: "Die Stadt selbst beabsichtigt nicht, als Veranstalter aktiv ein Public Viewing zu organisieren." Eine Sprecherin aus Fulda teilte mit, es habe in der Vergangenheit keine von der Stadt organisierten Public-Viewing-Events gegeben, andere Pläne seien bislang nicht bekannt. Ähnliche Töne gab es auch aus Darmstadt und Gießen.

Die Stadt Marburg hat sich nach Aussage eines Sprechers noch nicht eingehend mit dem Thema Public Viewing beschäftigt. Besonders früh dagegen hat sich die Stadt Hanau positioniert: Sie kündigte bereits Ende des vergangenen Jahres an, kein Public Viewing zur WM zu veranstalten.

Amnesty beklagt menschenunwürdige Bedingungen

Die WM beginnt in diesem Jahr am 20. November und endet am 18. Dezember mit dem Finale in Lusail. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagte beim Bau des 80.000 Zuschauer fassenden Stadions wiederholt menschenunwürdige Bedingungen. Laut einem Bericht des Guardian sollen auf der dortigen Baustelle unter anderem "staatlich gesponserte Sklaven" aus Nordkorea im Einsatz gewesen sein.

Die Vergabe der WM nach Katar hat dem Fußball-Weltverband Fifa seit der Bekanntgabe im Jahr 2008 weltweit Kritik eingebracht. Der Vorwurf, wieder einmal sei ein sportliches Großevent trotz größter menschenrechtlicher Bedenken an den oder die Meistbietenden verkauft worden, bleibt bis heute bestehen. Die WM in Katar ist übrigens die erste in der Geschichte des Fußballs, die im Winter stattfindet. Im Sommer ist es in dem Wüstenstaat schlicht zu heiß, um Fußball zu spielen.

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