Die Adler Weidenhausen bejubeln den Aufstieg in die Hessenliga

Der Blick in die Spitzengruppe der Fußball-Hessenliga sorgt für Staunen: Platz zwei belegt der SV Adler Weidenhausen... wer, bitte? Ein Dörfchen im Norden Hessens mischt die Liga auf. 

Audiobeitrag

Audio

Die Adler Weidenhausen erobern die Hessenliga

Die Adler Weidenhausen bejubeln einen Sieg
Ende des Audiobeitrags

Wenn ein frischgebackener Aufsteiger die Hessenliga-Saison mit einem Spiel gegen einen Titelaspiranten aus Eddersheim startet, dann sind die Rollen eigentlich klar verteilt. Doch auf diesen "Normalfall" hatte der SV Adler Weidenhausen vor 900 euphorisierten Zuschauern auf dem Chattenloh, wie der Sportplatz heißt, an dem 31. Juli bei brütender Hitze überhaupt keine Lust.  

Ein 700-Einwohner-Dörfchen euphorisiert

In dem 700-Einwohner-Dörfchen im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis, rund 50 Kilometer von Kassel entfernt, gerieten die Eddersheimer unter die Räder. 4:1 lautete das Resultat nach 90 schweißtreibenden Minuten. Wenige Tage später musste sich auch der Regionalliga-Absteiger FC Gießen mit 1:0 geschlagen geben. Überraschung geglückt. Hallo Hessenliga, hier ist Weidenhausen!

Marschiert ein verrücktes und euphorisiertes Fußball-Dorf nun gar durch? Ralf Kruse ist erster Vorsitzender bei den Adlern. Nach vier Spieltagen, in denen Weidenhausen starke neun Punkte sammelte und damit Rang zwei belegt, bremste er im Gespräch mit dem hr-sport etwas: "Wir hangeln uns von Zähler zu Zähler. Jeder Punkt ist eine Sensation." Die Tabelle - das konnte und wollte er nicht unterschlagen - wird trotzdem höchsterfreut in der WhatsApp-Gruppe geteilt.

Weidenhausen erstmals Hessenligist

103 Jahre nach der 1919 erfolgten Gründung stieg Weidenhausen erstmals in die fünfthöchste deutsche Liga auf. Die Kontrahenten heißen nicht mehr Sandershausen, Dörnberg oder Thalau sondern Gießen, Eddersheim und vor allem die zweite Mannschaft von Eintracht Frankfurt - doch dazu gleich mehr.

Es ist eine neue Welt, die Weidenhausen betritt. Noch nie zuvor packte ein Team aus dem Werra-Meißner-Kreis den Sprung in die Hessen- oder Oberliga. 

Videobeitrag

Video

So euphorisch feiern die Adler Weidenhausen einen Sieg

Die Adler Weidenhausen bejubeln einen Sieg
Ende des Videobeitrags

Trainer Ronald Leonhardt geht diese Herausforderung mit einem beinahe unveränderten Kader an. Prominentester Neuzugang ist Sönke Schneider, der von Regionalligist Erfurt kam. Kruse erklärte das Zustandekommen: "Sönke hat eine Herausforderung in der Umgebung gesucht. Er wird Papa und kam auf uns zu. Wir haben dann lange mit ihm gesprochen und dann konnten wir uns eine Zusammenarbeit vorstellen."

An Spieltagen helfen alle Dörfer mit

Wer nach Weidenhausen kommt, der lernt trotz sportlichen Höhenfluges einen dörflich und familiär geprägten Verein kennen. "Wir konnten strukturell gar nicht so schnell mitwachsen", gab Kruse zu. Die umliegenden kleinen Dörfer helfen an Spieltagen fleißig mit beim Verkauf von Kaffee, Kuchen, Würstchen, Bier und Tickets. Es sind andere Werte, die hier in Weidenhausen zählen. Mit Geld wird hier kein Spieler angelockt.

Der Zusammenhalt ist wohl auch deshalb so groß. Bei der 0:3-Pleite in Baunatal waren 500 Weidenhäuser dabei. Und die Spieler lassen sich von diesem Enthusiasmus antreiben. Der erst 19 Jahre alte Kilian Krug etwa, der vor einem Jahr aus der Jugend von Baunatal nach Weidenhausen kam und in der Verbandsliga schon zehnmal traf.

Mit Kilian Krug ist ein 19-Jähriger bester Torschütze

Krug erzielte auch drei der sechs Weidenhäuser Tore in der neuen Saison. "Es ist toll, dass er solche Leistungen schon mit 19 Jahren bringt. Da ist viel Potenzial vorhanden", lobte Kruse. Neben Kilian spielt auch Zwillingsbruder Moritz Krug eine herausragende Rolle, er ist allerdings das etwas defensiver orientierte Talent.

Sie freuen sich gemeinsam mit den Teamkollegen nicht nur über den tollen Start, sondern auch den Endspurt im Mai. Vier Spieltage vor Schluss wird dann nämlich die zweite Mannschaft von Eintracht Frankfurt auf dem Chattenloh antreten müssen. Co-Trainer der Reserve ist der Eintracht-Fußballgott Alex Meier.

Kruse hat den Eintracht-Fußballgott schon getroffen

Kruse verriet: "Ich habe Meier zuletzt beim Fußball in Frankfurt getroffen. Er kannte Weidenhausen noch nicht. Das wird sich dann aber ändern. Für uns ist das eine Sensation." Man stelle sich vor, Weidenhausen stelle der Eintracht im Aufstiegsrennen ein Bein. Die Party - sie wäre wohl erneut riesengroß.