Um bei den hohen Spritpreisen gegenzusteuern, hat die Bundesregierung einen Tankrabatt eingeführt. An vielen Tankstellen in Hessen fielen die Preise. Wir beantworten wichtige Fragen rund um die Aktion.

Videobeitrag

Video

Spritpreise fallen wegen Tankrabatt

hs
Ende des Videobeitrags

Die seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs hohen Spritpreise belasten die Verbraucher seit Monaten. Die Reaktion der Politik: ein Tankrabatt. Er gilt seit Mittwoch in ganz Deutschland – in Hessen haben viele Tankstellen die Preise gesenkt, was mancherorts zu Warteschlangen führte. Aber: Wird die Senkung der Energiesteuer dauerhaft beim Verbraucher ankommen? Eine Pflicht zur Weitergabe der Entlastung haben die Tankstellenbetreiber und Mineralölgesellschaften nicht.

Wieviel billiger wird das Benzin durch den Tankrabatt?

Für den Tankrabatt wird die Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate gesenkt. Damit soll Benzin laut Bundesfinanzministerium um 35,2 Cent pro Liter günstiger werden und Diesel um 16,7 Cent. Allerdings gibt es Befürchtungen, dass die Ölkonzerne die Preise womöglich nicht im gleichen Maße senken.

Einer ersten Auswertung der Nachrichtenagentur dpa zufolge lag der Preis für einen Liter Super E10 bei rund 350 von 400 ausgewerteten Tankstellen am Mittwoch zwischen 6 und 7 Uhr bereits unter 1,90 Euro. Am Vortag hatte der Preis im gleichen Zeitraum bei der Mehrheit der Tankstellen noch zwischen 2,10 und 2,30 Euro gelegen. Auch beim Diesel war die Mehrheit der Preise unter die 2 Euro-Marke gefallen. Mehr dazu bei tagesschau.de.

In Frankfurt lag der niedrigste Preis für Super E10 am Mittwochmorgen dem ADAC zufolge bei 1,82 Euro pro Liter - am Dienstagabend waren es noch 2,10 Euro gewesen. In Wiesbaden zeigte sich eine ähnliche Preissenkung: Der günstigste Preis für Super E10 habe am Mittwoch bei 1,82 Euro gelegen, am Vortag waren es 2,11 Euro. Auch die Dieselpreise seien gesunken. In Frankfurt etwa habe der günstigste Dieselpreis am Mittwoch bei 1,86 Euro gelegen, am Vortag dagegen bei 1,93 Euro.

Im Internet gibt es einige Serviceportale, die einen Preisvergleich ermöglichen – unter anderem bei ADAC, bei tankstellenpreise.de oder tanke-guenstig.de.

Was kostet den Staat der Tankrabatt?

Die Kosten für den Steuerzahler werden vom Bundesfinanzministerium mit rund 3,15 Milliarden Euro beziffert.

Weitere Informationen

Preisschock an den Zapfsäulen

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sind die Spritpreise erheblich ins Schwanken geraten und so hoch wie nie. Zeitweilig verteuerte sich Super E10 nach ADAC-Angaben um etwa 45 Cent pro Liter auf bis zu 2,19 Euro. Für einen Liter Diesel mussten Autofahrer in der Spitze sogar 2,29 Euro und damit rund 65 Cent mehr bezahlen. Das heißt: Bei einer Tankfüllung von 50 Litern Super E10 bedeutete das eine Preissteigerung von knapp 23 Euro, bei Diesel über 32 Euro.

Ende der weiteren Informationen

Greift der Tankrabatt sofort am 1. Juni?

Es könnte sein, dass trotz der Steuersenkung nicht sofort überall mit sinkenden Preisen zu rechnen ist. Was die Betreiber am 1. Juni noch in den Tanks haben, hat noch keine Steuersenkung erfahren, die man weitergeben könnte. Da sei noch die alte Steuer drauf, erklärt der Zentralverband des Tankstellengewerbes. Die wenigsten Betreiber würden es sich leisten können, den eingekauften Kraftstoff billiger anzubieten.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schließt sogar nicht aus, dass der Tankrabatt zunächst zu höheren Preisen führen kann - "wenn alle am 1. Juni zur Tankstelle fahren". Dann sei die Nachfrage noch viel größer "und das Benzin wird auf einmal ein noch kostbareres Gut. Dann haben wir den Preis gesenkt, aber in Wahrheit geht er nach oben", sagte Habeck. Das läge dann am Marktgeschehen, das sich aber wieder beruhigen werde.

Welche Probleme sind zu erwarten, wenn die Nachfrage schlagartig steigt?

Der ADAC erwartet für die ersten Juni-Tage einen Ansturm auf die Zapfsäulen. Viele werden voraussichtlich nicht mehr im Mai tanken, sondern von den niedrigeren Preisen ab Juni profitieren wollen. In Stoßzeiten könne es daher zu Schlangen und Wartezeiten kommen. Auch der Mineralölverband "Fuels und Energie" warnt vor vorübergehenden Engpässen an einzelnen Tankstellen. Mit der Preissenkung treffe eine hohe Nachfrage auf ein knappes Angebot.

Was erwartet die kleine Tankstelle um die Ecke?

Sandra Schäfer, Chefin einer Tankstelle in Neuhof (Fulda), sagte dem hr, sie habe ein wenig Angst vor dem erwarteten Kunden-Ansturm. Am späten Nachmittag und Abend gebe es jetzt schon zuweilen Warteschlangen. Mit Blick auf mehr geballte Kundschaft wegen des Tankrabatts sagte sie: "Da kann es wirklich passieren, dass man ab einer gewissen Uhrzeit vermutlich keine Ware mehr hat. Da müssen sich die Leute drauf einstellen."

Was raten Experten den Verbrauchern?

Verbraucherschützer und der ADAC raten: Den Tank kurz vor dem Rabatt nicht leerfahren. Autofahrer sollten mit Augenmaß vorgehen und ausreichend Kraftstoff im Tank haben, um gegebenenfalls erst einige Tage nach Monatsbeginn an die Zapfsäulen zu müssen.

Welche Kritik gibt es am Tankrabatt?

Vom Rabatt profitiert am stärksten, wer viel und schwere, spritfressende Wagen fährt, aber es vielleicht gar nicht nötig hat. Kritiker sagen: Besser wäre ein zu versteuerndes zusätzliches Mobilitätsgeld gewesen, ähnlich der Energiepreispauschale. Davon hätten kleine und mittlere Einkommen besonders profitiert, heißt es etwa.

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm sagt: "Es ist kontraproduktiv, in dieser Situation die Tankstellenpreise zu senken, weil dann auch mehr gefahren wird." Und genau das wolle man des Klimas wegen gerade nicht. Und sonderlich sozial sei die Aktion auch nicht: "Von Tankrabatten profitieren typischerweise die, die viel fahren. Und das sind die, die viele Autos haben. Das sind typischerweise die Besserverdienenden."

"Zum Fenster herausgeschmissenes Geld" nennt es der Ökonom Jens Südekum von der Universität Düsseldorf.

Welche Aufgabe erwartet nun das Kartellamt?

Das Bundeskartellamt will die Preissenkung kontrollieren. Behördenpräsident Andreas Mundt sagte aber der Bild-Zeitung: "Die Ölkonzerne sind gesetzlich nicht verpflichtet, die Steuersenkung eins zu eins weiterzugeben. Das Bundeskartellamt kann die Benzinpreise nicht vorgeben. Unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Wir sind eine Wettbewerbsbehörde, keine Preisbehörde.“

Mundt kündigte aber an, dass das Kartellamt die Preeisentwicklung genau beobachten wolle, "dass niemand tricksen kann". Die Zahl der Mitarbeiter, die für die Benzinpreise zuständig sind, sei aufgestockt worden. "Wir haben jede einzelne der 14.500 Tankstellen in Deutschland genau im Blick. Die Ölkonzerne sollten wissen: Wir beobachten jeden ihrer Schritte ganz genau." Man werde im Sinne der Autofahrer für maximale Transparenz sorgen.

Was sagen von Spritkosten abhängige Branchen wie etwa das Speditionswesen?

Wegen der hohen Spritpreise warnen die deutschen Spediteure vor drohenden Masseninsolvenzen in der Branche. "Es wäre eine Katastrophe, wenn der Tankrabatt verpufft", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterverkehr und Logistik, Dirk Engelhardt. "Darauf zu setzen, dass die Öl-Multis den Dieselkraftstoff günstiger machen, ist einfach zu wenig und macht uns wirklich wütend."

Gibt es auch Rabatt auf Erdgas und Flüssiggas?

Ja! Die Kosten für Erdgas (CNG/LNG) verringern sich um 4,54 €/MWh (dies entspricht 6,16 ct/kg). Flüssiggas (LPG) wird um 238,94 €/1.000 kg billiger (dies entspricht 12,66 ct/Liter), wie der ADAC mitteilte.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen