Binding Brauerei in Frankfurt

Wegen hoher Verluste will der Radeberger-Konzern die traditionsreiche Binding-Brauerei in Frankfurt schließen. Bis Oktober 2023 soll die Produktion am Standort im Stadtteil Sachsenhausen komplett verlagert werden.

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Binding-Brauerei in Frankfurt macht dicht

Binding-Brauerei in Frankfurt macht dicht
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Deutschlands größte private Brauereigruppe schließt wegen drastisch gestiegener Kosten ihren Produktions- und Abfüllbetrieb in Frankfurt.

"Die Radeberger Gruppe wird den Produktions- und Abfüllbetrieb an ihrem Frankfurter Standort, also der Binding-Brauerei, bis spätestens Oktober 2023 einstellen sowie die dort produzierten und abgefüllten Marken und Mengen schrittweise an Schwesterstandorte verlagern", teilte die zum Oetker-Konzern gehörende Radeberger-Gruppe am Donnerstag in Frankfurt mit.

150 Mitarbeitende betroffen

Für die etwa 150 betroffenen Beschäftigten würden in den jetzt anlaufenden Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretungen "wo immer möglich sozialverträgliche Lösungen" gesucht - etwa Altersteilzeitangebote oder Jobs an anderen Standorten der Gruppe.

Die Zentrale der Radeberger-Gruppe in Frankfurt sei von dem Schritt ausdrücklich nicht betroffen, sie werde weiterhin ihren Sitz am Sachsenhäuser Berg haben.

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Aus für Frankfurter Binding-Brauerei

Blick ins Sudhaus der Binding-Brauerei
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Die betroffenen Beschäftigten wurden am Donnerstag in einem Mitarbeiterbrief über die bevorstehende Schließung des Standorts informiert. In dem Schreiben, das dem hr vorliegt, versichert das Management, dass man zusammen mit der Arbeitnehmervertretung nach Alternativen gesucht habe - letztlich habe sich jedoch keine "langfristig tragfähige" Lösung ergeben.

"Erhebliche Überkapazitäten"

Wegen drastisch gestiegener Preise für Rohstoffe, Energie und Logistik hatte die Brauereigruppe bereits eine Preiserhöhung für ihre Biere beschlossen. Dies reiche aber nicht aus, um nachhaltig gegenzusteuern, erläuterte das Unternehmen.

Die "erheblichen Überkapazitäten" am Frankfurter Produktionsstandort hätten schon in der Vergangenheit "nur mit großen unternehmerischen und wirtschaftlichen Kraftanstrengungen" ausgelastet werden können.

"Vor dem Hintergrund der jüngsten Krisen, der massiven Belastungen, mit denen sich die deutschen Brauer konfrontiert sehen, und nicht zuletzt der dramatischen Kostenexplosionen, die wir als Branche schultern müssen, ist das für die Unternehmensgruppe nun leider nicht mehr länger darstellbar", begründete der Sprecher der Geschäftsführung der Radeberger Gruppe, Guido Mockel, die nun getroffene Entscheidung.

Aus für die Stammbrauerei

Für die Radeberger-Gruppe bedeutet der Schritt auch die Aufgabe einer ihrer Stammbrauereien. Der 1870 aus einer in der Frankfurter Altstadt ansässigen Brauerei hervorgegangene Betrieb entwickelte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts zur größten Biermarke Frankfurts. Das in den 50er-Jahren errichtete Sudhaus mit der markanten Fensterfront an der Darmstädter Landstraße ist architektonisches Sinnbild des damaligen Wachstums.

1953 wurde der Lebensmittel-Konzern Oetker Eigentümer von Binding und gruppierte seine Biersparte rund um das Frankfurter Flagschiff. Ab Ende der 60er-Jahre kaufte Binding zahlreiche regionale und überregionale Bierhersteller auf und wuchs damit zur größten Brauerei Hessens.

Henninger Turm

Den Höhepunkt erreichte der Expansionskurs 2001, als Binding den größten lokalen Konkurrenten Henninger übernahm und damit die beiden größten Biermarken der Stadt unter einem Konzerndach vereinte. Auch der markante Henninger-Turm in Frankfurt-Sachsenhausen wechselte seinerzeit in den Besitz der Binding-Gruppe.

Damit übernahm Binding auch das Sponsoring des international beachteten Radrennens "Rund um den Henninger Turm" - stellte dieses jedoch 2008 ein. Seitdem hat das Radrennen nicht nur den Kurs mehrfach gewechselt, sondern auch den Namen.

Ein ähnliches Schicksal ereilte die Binding-Gruppe schon ein Jahr nach der Übernahme des größten Konkurrenten. Seit 2003 firmiert das Bierkonglomerat unter dem Namen Radeberger-Gruppe - ein erster Hinweise auf die abnehmende Bedeutung der Marke Binding.

Marken sollen erhalten bleiben

Für das Frankfurter Brauerei-Gewerbe bedeutet der Stopp der Produktion in Sachsenhausen somit zugleich das Ende zweier Traditionslinien. Mit Binding verliert Frankfurt seine letzte Großbrauerei. Doch zumindest dem Namen nach sollen sowohl "Binding"als auch Henninger erhalten bleiben. Wie der Konzern mitteilte, sollen die Produkte künftig an anderen Standorten hergestellt und abgefüllt werden.

Frankfurterinnen und Frankfurter müssen also auch in Zukunft nicht auf ihr "Römer Pils" von Binding oder "Kaiser Pilsener" von Henninger verzichten. Ob man sie noch als echte Frankfurter Biere bezeichnen kann, ist eine andere Frage.

Gewerkschaft kündigt Widerstand an

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) will die Pläne derweil nicht hinnehmen. "Wir werden gemeinsam mit den Beschäftigten für den Erhalt der Arbeitsplätze und des Standortes kämpfen", kündigte der Vorsitzende des Landesbezirks Südwest, Uwe Hildebrandt, am Freitag an.

Weder der Betriebsrat noch die NGG seien vorab über die Pläne informiert worden, so Hildebrandt weiter. "Ich fordere die Radeberger-Gruppe auf, die Schließungspläne für den Standort Frankfurt der Binding-Brauerei vom Tisch zu nehmen und sich ihrer sozialen und unternehmerischen Verantwortung bewusst zu werden", betonte Hildebrandt.

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