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Baukredite immer weniger gefragt

Symbolbild Immobilienfinanzierung - Holzbauklötze in Häuschenform stehen auf Euro-Banknoten

Höhere Bauzinsen und Baukosten, galoppierende Preise und die große Unsicherheit: Es gibt viele Gründe, warum immer mehr Hessen auf ihren Traum vom Eigenheim verzichten. Banken und Baufinanzierungsexperten haben deutlich weniger zu tun.  

Seit Jahren sind Lisa Laufenberg und ihr Mann auf der Suche nach einer Immobilie im Rhein-Main-Gebiet. Ein eigenes Haus oder eine Wohnung hätten die beiden gerne, für maximal 400.000 Euro. Momentan wohnen sie in Offenbach zur Miete und so schnell wird sich daran nichts ändern, erzählt Laufenberg: "Wir werden weiter Geld ansparen und haben uns erst einmal gegen einen Immobilienkauf entschieden, weil die Bauzinsen zuletzt so stark gestiegen sind."

Genauer gesagt, haben sie sich innerhalb der letzten zwei Jahre nahezu vervierfacht. Blickt man auf zehnjährige Baudarlehen, fiel dafür im Februar 2021 noch weniger als ein Prozent Zinsen an. Mittlerweile sind es nach Angaben der Frankfurter FMH-Finanzberatung fast vier Prozent. "So einen extremen Anstieg habe ich die letzten vierzig Jahre nicht gesehen", sagt Max Herbst, Gründer der FMH-Finanzberatung.  

Bei der Baufinanzierung gibt es "lange Gesichter"

Damit steigen auch die finanziellen Belastungen für Kreditnehmer drastisch, meint Uwe Steffen, Experte für Baufinanzierung aus Oberursel. Er rechnet vor: Würde das Offenbacher Paar für seine Wunschimmobilie bei einer Bank einen Vertrag über einen Kredit von 400.000 Euro mit einer Zinsbindung von zehn Jahren abschließen, würde es diesen Kredit aktuell wohl mit monatlich 2.000 Euro abstottern. Das wäre doppelt so viel wie noch vor einem Jahr.

Gerade Menschen mit durchschnittlichem Einkommen könnten so etwas nicht mehr schultern, sagt der Baufinanzierungsexperte: "Da gibt es oft lange Gesichter in der Beratung und der Traum vom Eigenheim platzt." Generell kämen auch deutlich weniger Verbraucher zu ihm als noch vor einem Jahr, räumt Uwe Steffen ein.

Es dürfte unter anderem wohl auch viele abschrecken, dass die Baupreise für Wohnungen und Häuser zuletzt stark gestiegen sind. Wie das Statistische Landesamt in Wiesbaden Anfang Januar meldete, stiegen Bauleistungen im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr im Schnitt um knapp 14 Prozent, so stark wie seit Jahrzehnten nicht. Eingerechnet wurden dabei neben den Preisen für Materialien die Lohnkosten für die Handwerker sowie die Kosten für den Transport.

Weniger Nachfrage nach Baukrediten

Auch bei der Frankfurter Sparkasse ist weniger los, erzählt Christian Holstein, der sich dort um die Privatkunden kümmert. Es erkundigten sich weniger als früher nach einer Baufinanzierung. Und die, die sich Geld leihen wollten, planten tendenziell mit kleineren Summen und machten dafür oft Abstriche. "Dann überlegen sie, muss es eine Immobilie in Frankfurt sein oder nicht lieber auf dem Land", berichtet Holstein. Oft würden sich die Kunden auch mit kleineren Immobilien begnügen.

Dazu steuern die Kunden laut Holstein zur Finanzierung mehr Kapital bei. Geld, das sie entweder selbst über Jahre angespart oder in der Familie geschenkt bekommen haben. "Auch das hilft, die Kreditsumme zu senken und die monatliche Belastung für den Einzelnen in den Griff zu bekommen", sagt Vertriebsleiter Holstein. Dennoch seien die Menschen, die generell knapp kalkulieren müssten, auf dem Immobilienmarkt mittlerweile abgehängt.

Neugeschäft bricht laut Studie ein

Nach einem regelrechten Boom in den Jahren zuvor seien Baukredite mittlerweile deutlich weniger gefragt, heißt es auch beim hessischen Sparkassenverband, der hier 33 Institute vertritt. Dazu gebe es einen höheren Beratungsbedarf, was für Kunden überhaupt noch machbar sei. Aber immerhin seien die Bauzinsen zuletzt wieder etwas gesunken, das deute auf eine gewisse Entspannung hin.

Eine nachlassende Nachfrage beim Neugeschäft verzeichnen zum Beispiel auch die Volksbank Darmstadt, die Commerzbank und die Deutsche Bank. Die Gründe dafür sind nach Aussagen der Finanzinstitute vielfältig: Neben den höheren Kreditzinsen und Baukosten wird die generell große Unsicherheit genannt. Dazu komme, dass in Folge der hohen Inflation die Lebenshaltungskosten gestiegen seien und weniger Geld für anderes bliebe. Gleichzeitig blieben die Preise für Immobilien weiter hoch.

Bausparverträge florieren

Ein noch drastischeres Bild ergibt sich aus der Analyse der Beratungsfirma Barkow Consulting, die alle deutschen Banken bundesweit im Blick hat. Demnach ist bei der Baufinanzierung das Neugeschäft im Dezember gegenüber dem Vorjahresmonat abermals eingebrochen, um 43 Prozent. Es sei der vierte Rekordrückgang in Folge, sagt Berater Peter Barkow: "Das ist ein besonderes Signal." Mit einem Volumen von 13,5 Milliarden Euro liege das Neugeschäft auf dem niedrigsten Stand seit Juni 2011.

Wer es mit seinem Traum von den eigenen vier Wänden nicht allzu eilig hat, dem empfiehlt Christian Holstein von der Frankfurter Sparkasse etwa Bausparverträge. Damit könne man an Darlehen mit deutlich günstigeren Zinsen kommen, allerdings müssten Verbraucher davor erst über Jahre Geld ansparen. "Da sind noch unter 2 Prozent Zinsen drin", meint auch der Oberurseler Baufinanzierungsexperte Uwe Steffen. Tatsächlich würden Kunden diese Bausparverträge in letzter Zeit deutlich häufiger nachfragen.

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